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Erinnerungen sind flüchtig: Veronika Thieme und Gloria Iberl-Thieme als Amme und Pater in der etwas anderen Rahmengeschichte.

Ein etwas anderer Shakespeare am MiR

Romeo und Julia

Mit „Urban Puppets“ geht die Puppentheater-Sparte des Gelsenkirchener Musiktheaters im Revier einen neuen Weg – und auf das Publikum zu. Mitte September 2023 hatten gleich zwei mobile Produktionen im Kleinem Haus am Kennedyplatz Premiere, die künftig auf ganz unterschiedlichen Bühnen gezeigt werden sollen: Das Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ der Brüder Grimm für Menschen ab fünf Jahren und William Shakespeares Tragödie „Romeo und Julia“ für Erwachsene. Beide Produktionen waren – vorerst zumindest - nur an diesem einen Tag auf der Bühne des Kleinen Hauses zu sehen, denn sie sind für Buchungen von Schulen und von Privatpersonen, von Vereinen und von Firmen für Feste aller Art konzipiert.

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In der 1595 in London uraufgeführten Tragödie „Romeo and Juliet“ von William Shakespeare, nach wie vor „das“ große Liebesdrama der Weltliteratur, treffen im Verona des beginnenden 15. Jahrhunderts zwei Abkömmlinge der seit jeher miteinander verfeindeten Familien Montague und Capulet aufeinander. Bei einem Fest der Capulets trifft der junge Romeo Montague auf die vierzehnjährige Julia Capulet – und beide trifft diese unvermutete Begegnung wie ein Blitz aus keineswegs heiterem Himmel.

Veronika Thieme und Gloria Iberl-Thieme erzählen mit Handpuppen, Tischfiguren und Masken Shakespeares Drama „Romeo und Julia“ neu.

Die beiden Liebenden lassen sich vom Franziskanerbruder Lorenzo, der sich von der Verbindung die Versöhnung der Familien verspricht, heimlich trauen. Bei einem Streit zwischen dem Capulet Tybalt und Romeo, den ersterer mit Mercutio ausficht, wird letzterer tödlich verwundet, weshalb Romeo, um seinen Freund zu rächen, Tybalt ersticht. Der Prinz von Verona verbannt daraufhin Romeo aus der Stadt. Bevor dieser in Mantua Zuflucht sucht, verbringt Romeo heimlich die „Hochzeitsnacht“ mit Julia, die von ihrem Vater zur Heirat mit dem Grafen Paris gezwungen werden soll.

Um Hilfe gebeten, verabreicht Bruder Lorenzo Julia einen Trunk, der sie 42 Stunden in einen todähnlichen Schlaf versetzt. Romeo, den die Nachricht Lorenzos nicht rechtzeitig erreicht, glaubt, dass Julia, die aufgebahrt in der Familiengruft der Capulets liegt, gestorben ist. Er tötet den Grafen Paris und vergiftet sich neben der vermeintlichen Leiche der Geliebten. Als diese neben dem toten Romeo erwacht, stürzt sie sich selbst ins Messer. Erst im Angesicht der beiden toten Kinder versöhnen sich die Familien.

Es kann nicht schaden, sich der ursprünglichen Handlung dieser tragischen Geschichte zweier Liebender noch einmal kurz zu vergewissern. Denn die Gelsenkirchener Fassung von Oscar Olivo und Veronika Thieme wird aus der Sicht der Amme und des Priesters, also der eigentlichen Strippenzieher des Geschehens, erzählt. Beide waren enge Vertraute der Protagonisten: die Amme stand auf Julias Seite, der Priester auf der Seite Romeos. Wir wissen ja, dass sich in der Erinnerung so manches verklärt, von Gedächtnislücken einmal ganz abgesehen. So fokussieren die Erzählerinnen die Geschichte auf wenige Figuren und Handlungsstränge.

Veronika Thieme und Gloria Iberl-Thieme erzählen sie auf furiose, ironisch-witzige Weise mit Handpuppen, Tischfiguren und, wenn sie Figuren im fliegenden Wechsel selbst verkörpern, mit Masken. Zum inhaltlichen Schnelldurchlauf passt die temporeiche Inszenierung Oscar Olivos, die nach knapp einer Stunde in der Erkenntnis mündet: Die Zukunft gehört denen, die bereit sind, ihre Geschichte zu ändern.

„Romeo und Julia“ ist in der originellen Gelsenkirchener Fassung ein höchst unterhaltsamer Abend für Erwachsene zwischen Erinnern, Ergänzen und Entdecken. Gedacht für Gastspiele in weiterführenden Schulen, aber genauso geeignet für größere Feiern und Feste von Vereinen, Verbänden und Unternehmen, für Stadtteil-, Nachbarschafts- und Familienfeten. Die Buchung von Terminen ist über die Theaterkasse des MiR unter Tel. 0209 – 40 97 200 möglich.

Freitag, 22. September 2023 | Autor: Pitt Herrmann