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Thomas (Devid Striesow) muss sich erst noch an Roxy (Aron) gewöhnen. Foto: Across Nations

Thriller um Loyalität, Verrat, Freundschaft und Liebe

Neu im Kino: Roxy

„Ich hasse Unordnung. In meiner Welt läuft alles nach Plan“: Thomas Brenner (auch als Ich-Erzähler: Devid Striesow), Ende vierzig und mehr oder minder überzeugter Single, ist Taxifahrer in Karlsruhe. Wenn er Pause macht an seinem Standplatz, schaut er sich gern die Märklin-Modellbahnanlage im Hauptbahnhof an. Sein Leben birgt nicht viele Überraschungen und wenn es nach ihm ginge, wäre er völlig unsichtbar für die Welt. Was, wie sich später herausstellt, viel mit der Vergangenheit seiner Familie zu tun hat.

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Doch dann steigen drei Russen in sein Taxi – mit wenig Gepäck. Aber mit einem Haufen offenbar frisch gedruckter Euro-Scheine. Und mit Roxy, einem Hundekampf-Champion, der schon mehr als ein Dutzend Artgenossen getötet hat, wie der Boss Levan (Vakho Chachanidze) bei einem Zwischenstopp am Kiosk erklärt. Wo dessen zweiter Mann Andrei (Ivan Shvedof) Telefonkarten besorgt und Sasha (Sandro Kekelidze), das Mädchen für alles, den Vierbeiner in der Größe eines Kalbes Gassi führt.

Mit den falschen Leuten angelegt

Levan hat sich offenbar mit den falschen Leuten angelegt und will untertauchen. Thomas soll ihm so schnell wie möglich einen passenden Zufluchtsort besorgen, denn der Aufenthalt im Luxushotel ist zu gefährlich. Zumal anderntags auch noch Levans Frau Liza (Camilla Borghesani) und beider achtjähriger Sohn Vova (Raphael Zhambakiyev) eintreffen. Mit Hilfe der nymphomanischen Barfrau Sara (Valliamma Zwigat) macht er eine Villa ausfindig, in der die Russen standesgemäß unterkommen.

Thomas verdient prächtig, muss sich aber erst noch mit „Bestie“ Roxy klarkommen. Der Kampfhund erweist sich als lammfrommes Familientier, das den Taxifahrer bald als dazugehörig akzeptiert – nach äußerst mutigem Augenkontakt auf alle Vieren. Dabei hatte der in der DDR sozialisierte und erst nach der Wende in den Westen gekommene Thomas, Enkel eines Waffen-SS-Offiziers und Sohn eines hohen Stasi-Funktionärs, von der Mutter stets zu hören bekommen: „Schau nicht in die Augen, dann bleibst zu unsichtbar.“

Thomas (Devid Striesow) und Andrej (Ivan Shvedoff) in der abgeschiedenen Villa, im Hintergrund Liza (Camilla Borghesani).

Immer neue, lukrative Aufträge bringen Thomas ein kleines Vermögen ein, etwa als er Liza, der in der Abgeschiedenheit der Villa die Decke auf den Kopf gefallen ist, in die Therme nach Baden-Baden begleitet. Der Job ist freilich gefährlich: bei einer Schießerei in einem Restaurant wird der Gesprächspartner Levans erschossen. Ein Anzeichen dafür, dass Sasha die Verfolger auf die Spur gebracht hat, als er mit Hilfe Brenners seiner in Russland lebenden Mutter Geld überwies.

Thomas soll nun auch Pässe für Levan und seine Entourage besorgen. Wieder hilft Sara, die ihn zu einem Schauspieler (Thorsten Merten) schickt, welcher im Badischen Staatstheater gerade als Ophelia in Shakespeares „Hamlet“ auf den Brettern steht. Aber da ist längst eine von Pawel (Waléra Kanischtscheff) geleitete und von einem jungen Deutschen (Folkert Dücker) unterstützte Agentengruppe aktiv. Als Andrei ausgeschaltet wird, Thomas war daran nicht ganz unbeteiligt, triumphiert der Biedermann: „Es war ein unglaubliches Gefühl der Macht.“

Levan ist nun völlig von Thomas abhängig. Der Liza und Vova im Brüsseler Luxushotel „The Domican“ einquartiert mit der Zusage, sich um sie zu kümmern, wenn daheim alles geregelt ist. Doch als er wie versprochen am Grand Place eintrifft, dreht er wieder um und geht allein seiner Wege…

104-minütiger Thriller

„Roxy“ ist ein 104-minütiger, zunächst etwas betulich wirkender Thriller von Dito Tsintsadze (Buch und Regie) um Loyalität und Verrat, um Freundschaft und Liebe. Thomas geht es zunächst nur ums Geld, über das der einst mächtige Oligarch offenbar im Überfluss verfügt. Bald jedoch auch um Levans attraktive Gattin Liza und ihren kleinen Sohn Vova, mit dem er sich rasch angefreundet hat. Letztlich aber kristallisiert sich der unscheinbare, nicht nur was seine Spielzeugautos betrifft pedantische Kleinbürger als gewissenloser Opportunist heraus, der an den Hanullmann aus Christian Eberts gleichnamigem Stück, das 1986 am Schauspielhaus Bochum uraufgeführt wurde, erinnert.

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Uraufgeführt am 17. November 2022 beim Black Nights Film Festival im estnischen Tallinn, die Deutsche Erstaufführung war am 4. Mai 2023 beim Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin, startet „Roxy“ am Donnerstag, 25. Januar 2024, im Sweetsixteen Dortmund sowie in der UCI Kinowelt Bochum.

Mittwoch, 24. Januar 2024 | Autor: Pitt Herrmann