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Liegt vorerst weiter brach: Das geplante Funkenbergquartier an der Baumstraße. Hier soll die HSPV NRW entstehen.

Unterlegener Bieter legt Beschwerde beim OLG Düsseldorf ein

Klage gegen Hochschul-Entscheidung

Der nächste zeitliche Verzug in Bezug auf die Vergabe der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) ist perfekt: Am Donnerstagabend (30.6.2022), kurz vor Ende der Frist, hat der unterlegene Bieter für den Standort Gelsenkirchen, der Projektentwickler Kölbl Kruse mit Sitz in Essen, Beschwerde gegen die Entscheidung für Herne (halloherne berichtete) beim Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) eingelegt. Der Neubau soll am Funkenbergquartier am Herner Bahnhof entstehen.

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Erst vor zwei Wochen, am Mittwoch (15.6.2022), hatte die HSPV bekanntgegeben, dass die Vergabekammer der Bezirksregierung Münster den Antrag zur Nachprüfung abgelehnt hatte (halloherne berichtete). Doch es blieben 14 Tage Zeit, um Klage einzureichen. Beim OLG selbst hieß es am Freitagvormittag (1.7.2022) auf Nachfrage von halloherne, dass noch keine Beschwerde eingegangen sei, daher könne man auch nichts zu einer möglichen Dauer des Verfahrens sagen.

Per SMS von Gelsenkirchens OB informiert

Doch es ist sicher, dass dies noch passieren wird, da Hernes Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda am Donnerstag (30.6.2022) um 21 Uhr von Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) per SMS über den Schritt zur Klage informiert wurde. Das teilte der OB am Freitagvormittag (1.7.2022) bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz mit.

So könnte das neue Funkenbergquartier aussehen.

Das war nun bereits der zweite Termin, bei dem Dudda zwar nicht unbedingt äußerlich wahrnehmbar, aber sicherlich im Inneren verärgert mitteilen musste, dass es noch keine finale Entscheidung gibt. Bereits Anfang März 2022 wurde von der HSPV zu einer Pressekonferenz zur Unterschrift der Mietverträge eingeladen. Da der Investor Kölbl Kruse jedoch in letzter Minute sein Veto einlegte, wurde alles kurzfristig wieder abgesagt (halloherne berichtete).

Für Herne ist Hochtief der Investor

Rund einen Monat zuvor sickerte durch und wurde anschließend vorsichtig bestätigt, dass Herne den Zuschlag erhält und die Mitbewerber Gelsenkirchen, Dortmund und Bochum mit der Bewerbung durch den Investor Hochtief aussticht (halloherne berichtete).

„Sie haben das Recht zur Beschwerde“, räumt Frank Dudda ohne Einwände nun ein. „Aber wir haben auch das Recht auf die Auswirkungen für das Land, die Stadt und die Auszubildenden hinzuweisen.“ Die Entscheidung für Herne sei klar und eindeutig gewesen, der Nachprüfungsantrag wurde vollumfänglich zurückgewiesen. „Die Kosten dafür lagen beim Bieter, die Klage wird nun zehn Mal teurer“, sagt Dudda am Freitagvormittag (1.7.2022), ohne genaue Zahlen zu nennen.

44-seitige Begründung der Vergabekammer

Dafür liest und zitiert er aus der 44-seitigen Begründung der Vergabekammer, den Nachprüfungsantrag abzulehnen. Der Antrag wäre in einigen Teilen unzulässig, die Kammer hält den Vortrag der Klägerin (Kölbl Kruse) für nicht nachvollziehbar und außerdem sei der Antrag unbegründet - das seien nur einige Punkte. Ebenso sei keine Irreführung zu erkennen. „Daher bin ich auch der Auffassung, dass der Entscheidung Klarheit beigemessen werden kann“, so Dudda.

Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda musste erneut in letzter Minute einen rechtlichen Widerspruch und damit eine zeitliche Verzögerung hinnehmen.

Durch die erneute Pause würde erneut viel wertvolle Zeit vergehen, dennoch sei die Stadt bemüht, entsprechende Bauleitverfahren und Investitionen weiter vorzubereiten und voranzutreiben. „Wir tun alles, damit bald 4.500 Personen eine gute Ausbildung bekommen. Auf uns ist Verlass“, machte der OB deutlich. Er würde auch lieber mit Gelsenkirchen zusammenarbeiten, anstatt durch Blockaden daran gehindert zu werden - dauerhafte Schädigungen im Verhältnis zwischen beiden Städten sieht er aber nicht.

Fehlendes Verantwortungsbewusstsein?

„Die vierte Überprüfung lässt nun die Frage zu, ob sich wirklich alle am Verfahren Beteiligten sich der Verantwortung gegenüber dem Land, der HSPV und den weiteren Personen bewusst sind“, mahnt der Verwaltungschef. Wettbewerbe seien nun mal übliche Verwaltungsprozesse, auch andere Projekte seien in der Vergangenheit so vergeben worden.

Bereits im Sommer 2020 wurden die ersten Überlegungen bekannt, dass das ehemalige Müller-Areal neu genutzt werden soll.

„Mir bereiten nur drei Dinge Sorgen: Die Arbeitsbelastung beim Gericht, die allgemeinen Probleme in der Baubranche und die ständigen Preissteigerungen“, sagt Frank Dudda, der auch monetäre Beeinträchtigungen für die Stadt befürchtet. „Ob das anvisierte Ziel der Fertigstellung im Jahr 2025 noch eingehalten werden kann, können wir nicht sagen - das liegt außerhalb unseres Zuständigkeitsbereiches.“

'Nachvollziehbar und transparent'

Von der HSPV hieß es in einer am Freitag (1.7.2022) veröffentlichten Mitteilung: „Das Vergabeverfahren für die Errichtung eines neuen Campus der HSPV NRW geht erneut in eine Verlängerung: Ein unterlegener Bieter hat gegen die Entscheidung der Vergabekammer beim zuständigen OLG Düsseldorf Beschwerde eingelegt. In der ersten Instanz hatte dieser Bieter keinen Erfolg gehabt. Das Vergabeverfahren war laut Kammer nachvollziehbar und für alle Bieter von Beginn an transparent geführt worden und sei daher nicht zu beanstanden.“

Dazu erklärt erklärt Martin Bornträger, Präsident der HSPV NRW: „In einem Rechtsstaat haben Bieter in öffentlichen Vergabeverfahren grundsätzlich die Möglichkeit, Entscheidungen anzuzweifeln und gerichtlich überprüfen zu lassen. Dennoch bedauern wir natürlich sehr, dass sich die Umsetzung des so wichtigen Neubauprojektes für das Land NRW und die Hochschule weiter verzögert.“

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Es bleibt abzuwarten, wie lange nun die erneute Verzögerung wirklich dauert und ob die Richter in Düsseldorf eine andere Auffassung haben, als die Vergabekammer in Münster.

| Autor: Marcel Gruteser