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Keine sofortige Rückkehr zum Präsenzunterricht

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat am Freitag (29.12.2021) vier Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, die auf die sofortige Rückkehr zum Präsenzunterricht an Grundschulen gerichtet waren. Gegenstand der Verfahren war die Coronabetreuungsverordnung in der bis zum 31. Januar 2021 bzw. bis zum 14. Februar 2021 geltenden Fassung. Über die in der Hauptsache anhängigen Verfassungsbeschwerden hat der Verfassungsgerichtshof noch nicht entschieden.

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Die Antragsteller, vier Grundschülerinnen und Grundschüler aus Düsseldorf, Köln, Lage und Leopoldshöhe, machten geltend, die Untersagung des Präsenzunterrichts in der nordrhein-westfälischen Coronabetreuungsverordnung verletze sie in ihren Grundrechten. Diese Maßnahme könne nicht mit dem angestrebten Schutz vor Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Insbesondere sei sie nicht verhältnismäßig. Mit ihren beim Oberverwaltungsgericht gestellten Eilanträgen hatten sie keinen Erfolg gehabt.

Zur Begründung der Antragsablehnung hat der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt: Die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde seien offen. Die deshalb anzustellende Folgenabwägung gehe zu Lasten der Antragsteller aus.

Ohne die einstweilige Anordnung bleibe ihnen zwar der Präsenzunterricht versagt und werde ihr berechtigtes Interesse an einem störungsfreien, den staatlichen Bildungsauftrag konsequent und effizient erfüllenden Schulunterricht empfindlich beeinträchtigt. Eingegrenzt würden diese nachteiligen Auswirkungen aber durch die - wenngleich belastende, aber noch hinnehmbare - Geltungsdauer des Verbots bis zum 14. Februar 2021 sowie die in der Coronabetreuungsverordnung vorgesehenen Regelungen zur Abfederung besonderer Härten, die mit Wirkung vom 30. Januar 2021 ergänzt worden seien. Zudem müsse der Verordnungsgeber die Erforderlichkeit und Angemessenheit der Regelung fortlaufend überprüfen und diese ggf. anpassen.

Das berechtigte Interesse der Antragsteller an der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts wiege damit zwar schwer. Für den ausnahmsweisen Erlass einer einstweiligen Anordnung gelte aber ein strenger Maßstab. Zudem bestehe ein Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers. Angesichts dessen überwiege das Interesse der Antragsteller nicht das Interesse am Schutz von Leben und Gesundheit, das der Verordnungsgeber mit seinem Schutzkonzept verfolge.

Der Verfassungsgerichtshof hat betont, dass der Verordnungsgeber bei Umsetzung der von der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten der Länder ohne rechtliche Verbindlichkeit beschlossenen Maßnahmen den konkreten tatsächlichen Verhältnissen im Land Nordrhein-Westfalen hinreichend Rechnung tragen müsse. Hierzu gehörten nicht nur die Feststellung und Bewertung der aktuellen Entwicklung der Pandemie in den maßgeblichen Gebieten und die Auswertung aktueller Erkenntnisse über die Ursachen ihrer weiteren Verbreitung. Die Abwägungsentscheidung des Verordnungsgebers müsse insbesondere auch erkennbar und plausibel vom Prinzip der größtmöglichen Schonung der Grundrechte der von den Freiheits- und Teilhabeeinschränkungen Betroffenen geleitet sein. Unsicherheiten über die Ursachen der Ausbreitung des Coronavirus dürften nicht ohne Weiteres „im Zweifel“ zu Lasten der Freiheits- und Teilhaberechte aufgelöst werden. Die Zumutung konkreter Einschränkungen bedürfe umso mehr der grundrechtssensiblen Rechtfertigung, je unklarer der Beitrag der untersagten Tätigkeit zur Verbreitung des Coronavirus sei und je länger diese Einschränkung dauere.

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Aktenzeichen: VerfGH 16/21.VB-1, VerfGH 19/21.VB-1, VerfGH 20/21.VB-2, VerfGH 21/21.VB-3

| Quelle: Verfassungsgerichtshof NRW