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Laura Schümann, Marius Bechen und Nima Bazrafkan.

Die Comedia-Connection Köln - Herne

Heldenzentrale bei den Ruhrfestspielen

Comedia Theater Köln, das neue städtische Kinder- und Jugendtheater in der ehemaligen Feuerwache Süd, erbaut 1904, als die Domstadt noch „Cöln“ geschrieben wurde und die Löschwagen von Pferden gezogen wurden. In der Wagenhalle ist ein sehr atmosphärisches Restaurant entstanden mit opulenter (Wein-) Karte, in den Obergeschossen zwei moderne Theatersäle für 400 und 180 Zuschauer. Hier tritt der Herner Schauspieler Till Beckmann zusammen mit Jennifer Ewert in Die Prinzessin kommt um vier nach Wolfdietrich Schnurre auf und Frank Hörner, Leiter des Theater Kohlenpott, inszeniert eine Kölner Fassung von Erich Kästners Emil und die Detektive. Für seine Kästner-Inszenierung Das doppelte Lottchen ist der Herner Theatermacher mit dem Kölner Kinder- und Jugendtheaterpreis ausgezeichnet worden, sie steht wieder am 9., 10. und 11. Juli 2019 jeweils um 10.30 Uhr auf dem Spielplan an der Vondelstraße 4-8 in der Kölner Neustadt-Süd.

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Bei den Ruhrfestspielen gastierte jetzt eine andere herausragende Produktion des Comedia Theaters: Heldenzentrale von Charlotte Fechner. Die Uraufführung inszenierte Manuel Moser, seit sieben Jahren als Schauspieler regelmäßiger Gast im Theater Kohlenpott, so 2013 in Du, du und ich von Theo Fransz, zwei Jahre darauf in der Titelrolle von Kristo Sagors Patricks Trick und 2016 auch als Co-Regisseur in Frank Hörners Ich bin Jerry. Moser lässt seine rund einstündige „abenteuerliche Reise“ für alle ab neun Jahren bereits im Erdgeschoss-Foyer beginnen: die jungen Besucher tragen Pappkartons, konstituierender Bestandteil der Ausstattung von Maurice Dominic Angrés, auf die Bretter des Grünen Saals. Und Nima Bazrafkan führt mit einer Landkarte in die Geschichte ein.

Die am Tag fünf vor den Schulferien beginnt. Mit Julia (Laura Schümann), die ihrer Helikopter-Mutter bestätigen muss, Obst und Smoothie-Flasche eingesteckt zu haben, mit dem Gedichte schreibenden Checker Galep (Marius Bechen), dessen prekär jobbender Vater alles dafür tut, dass es seinem Sohn einmal besser geht als ihm, und einem stets gut gelaunten Busfahrer (Nima Bazrafkan), den so leicht nichts und niemand aus der Ruhe bringen kann. Dabei nimmt das Spiel zur Freude des jungen Publikums rasch mächtig an Fahrt auf: „Hallo, guten Morgen Deutschland, ich wünsch dir einen guten Tag.“ Mit einem Ohr am Schlager-Radio, mit dem anderen bei den Kids im Fond hupt sich der singende Fahrer durch den stressigen Rush-Hour-Verkehr. Wenn er nicht gerade von der Heimat träumt: Griechischer Wein…

Tag drei vor den Sommerferien. Schulausflug. Mit Supergirl Olivia, der Klassenbesten. Und Underdog Galep, der seine Gruppe aus den Augen verloren hat, weil er ‘mal wieder geträumt hat, Superheld zu sein – und davon, als solcher von den anderen gebraucht zu werden. Manuel Mosers durch rasche Schnitte zwischen Erzählung und Spiel gekennzeichnete Inszenierung beteiligt das Publikum direkt, indem es Aufgaben für den selbst ernannten Helden sucht – mit verblüffenden Resultaten, die naturgemäß von Vorstellung zu Vorstellung divergieren. Und dann steht ein LKW irgendwo im Nirgendwo. Olivia hat ihn seit Tagen beobachtet und weiß, dass er nicht mehr gebraucht wird. Damit lässt sich doch etwas anstellen: Vielleicht ein Geheimquartier? Ihre Eltern werden sie hier ganz gewiss nicht suchen und sie hat endlich ihre Ruhe – das Handy bleibt stumm...

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Ein deutsches Mädchen, ein Junge mit türkischen Wurzeln, ein griechischer Busfahrer: das Recherchestück Heldenzentrale handelt von den Wünschen der Eltern, den Erwartungen der Schule, den eigenen Ansprüchen und denen der Freunde. Mit großer Verve und zündendem Witz in Szene gesetzt, sodass das junge Publikum begeistert mitmacht: Harry Potter oder Star Wars, Superman oder Hulk, Marvel oder Manga – faul oder famous, Würde oder Respekt? Das mit aktuellem Kids-Sound unterlegte emanzipatorische Mutmacher-Stück über Selbstbewusstsein, individuelle Talente, Zugehörigkeiten sowie das Scheitern und das Sich-Nicht-Unterkriegen-Lassen lässt bisweilen einen Roten Faden vermissen nach dem Motto: Story? Wird überschätzt. Action! Und dennoch am Schluss Hildegard Knef mit Hans Hammerschmids unsterblichen Versen „Ich bin den weiten Weg gegangen“: Danke für ein tolles Theatererlebnis.

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  • Dienstag, 9. Juli 2019, um 10:30 Uhr
  • Mittwoch, 10. Juli 2019, um 10:30 Uhr
  • Donnerstag, 11. Juli 2019, um 10:30 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann