
Yasmin C. Rams in Essen
Heil dich doch selbst
Yasmin C. Rams, die normalerweise mit ihrem Mann in Los Angeles lebt, wo auch ein Büro ihrer Darmstädter Firma Perennial Lens besteht, ist zu ihrem an Parkinson erkrankten und seit der Scheidung allein lebenden Vater Helmut Rams nach Deutschland zurückgekehrt. Er war stets der Fels in der Brandung für die seit ihrem achten Lebensjahr an Epilepsie leidende Filmemacherin, die in ihrer ersten abendfüllenden Dokumentation „Heil dich doch selbst“ eine sehr persönliche Geschichte erzählt.
Die man auch als Hommage an ihren 71-jährigen Vater lesen kann, obwohl er weder ihre Suche nach alternativen Heilmethoden unterstützt noch wie Yasmin auf fleischliche Nahrung verzichtet. Am Beginn des 105-minütigen Films, der am 27. Oktober 2021 bei den Intnationalen Filmtagen Hof uraufgeführt worden ist, beten beide wechselseitig die unendlich lange Liste von Nebenwirkungen aus den Beipackzetteln ihrer täglich einzunehmenden Medikamente herunter. Als Yasmin Tabletten gegen die Nebenwirkungen ihrer Pillen verschrieben werden, begibt sie sich auf die Suche nach Alternativen zur jahrzehntelangen Chemiekeule.

Angeregt durch ihre Freundin Hilary Rubin, eine an Multiple Sklerose erkrankte Nachbarin in Los Angeles, die sich mit Yoga und gesunder Ayurveda-Küche erfolgreich selbst therapiert hat gegen die ärztliche Rollstuhl-Prognose, schaut sich Yasmin im Bereich der ganzheitlich tätigen Medizin um, auch wenn deren Vertreter von ihrem Vater als „Quacksalber“, welche nur am Geld ihrer betuchten Privatpatienten interessiert sind, verunglimpft werden.
In Portland trifft sie auf den pensionierten US-Navy–Offizier Howard Shifke, der an Parkinson erkrankt ist. Durch Qigong und andere Arten traditioneller chinesischer Medizin lebt er seit sieben Jahren symptomfrei: die Pharmaindustrie habe gar kein Interesse, eine Medizin zu entwickeln, die seine Krankheit heilt, weil sie für Jahrzehnte Patienten und damit sichere Einnahmen verlöre. Für Howard ist die Heilung der Seele das Wichtigste, man müsse lernen, sich selbst und damit auch seine Krankheit anzunehmen.
Der Immobilienmakler und Unternehmer Junius Johnson, ein weiterer, inzwischen 74-jähriger Nachbar aus L.A., ist nach einem schweren Schlaganfall mit Hypnosetherapie wieder auf die Beine gekommen – und praktiziert diese nun selbst, auch an Yasmin. Die sich gleichzeitig einiges davon verspricht, dass medizinisches Marihuana inzwischen in Deutschland zugelassen ist. Im englischen Bristol trifft Yasmin auf Fiona Burns, die als Kind Leukämie besiegte und nun auch einen Hirntumor überstanden hat – durch die Gerson-Therapie zur Heilung des Immunsystems. Die Ärzte hatten ihr keine Überlebenschance attestiert und ihr zur Palliativversorgung geraten.
Nach zwei epileptischen Anfällen in Deutschland und den USA macht sich Yasmin in den kolumbianischen Regenwald auf. Der Epileptiker Miguel Cárdenas lebt seit dreißig Jahren symptomfrei unter Indigenen im Amazonasgebiet und rät zu traditionellen Heilpflanzen wie Taita Juan, der Rinde des Sauco-Baumes und Ayahuasca. Letztere löst visuelle und akustische Halluzinationen aus, vor denen Yasmin Angst hat. Doch sie ist fest entschlossen, ihr Schicksal in ihre eigene Hand zu nehmen.
„Du bist vielleicht noch in meinem Leben“, bilanziert Yasmin am Schluss ihre Bemühungen, die Epilepsie zu besiegen, „aber du kontrollierst es nicht.“ So ganz auf die Mittel der Schulmedizin kann sie nicht verzichten, nach Kolumbien aber hat sie ihren Tablettenkonsum auf ein Viertel der ursprünglichen Dosis reduzieren können. Und will nach der Corona-Pandemie unbedingt wieder zu den indigenen Medizinmännern an den Amazonas reisen.
„Heil dich doch selbst“ kommt am 21. April 2022 in unsere Kinos. Yasmin C. Rams kommt während ihrer bundesweiten Kinotour am Freitag, 22. April 2022, um 17:45 Uhr ins Essener Filmstudio Glückauf.