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Ein schreckliches Verbrechen: Maigret (Gérard Depardieu) und Lapointe (Bertrand Poncet) grübeln über der Leiche einer jungen Frau.

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Gérard Depardieu ist Maigret

Paris Mitte der 1950er Jahre. Jules Maigret (mit dem legendären Jean Gabin auf einer Stufe: ein großartiger Gérard Depardieu) hats an den Bronchien. Ihm wird der Blutdruck gemessen, während er Docteur Paul (Hervé Pierre) beichtet, sogar die Lust am Essen verloren zu haben. Der weiß genau, was er seinem vertrauten Patienten und Freund zumutet, als er fordert, Maigret müsse das Rauchen aufgeben – sofort!

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Schnitt. Auf einer Verlobungsfeier der höheren Gesellschaft fließt der Champagner in Strömen. Das glückliche Paar, der Unternehmer-Sohn Laurent Clermont-Valois (Pierre Moure) und die Schauspielerin Jeanine Arménieu (Mélanie Bernier), erstarrt zu Eis, als eine höchst elegant gekleidete junge Frau den Saal betritt, die offenbar nicht eingeladen wurde. Während sich die Braut noch wundert, wie der ungebetene Gast zu diesem Outfit gekommen ist, es handelt sich, wie sich später herausstellt, um ein als „Traum für eine Nacht“ bekanntes Haute-Couture-Abendkleid, zückt der Bräutigam sein Portemonnaie.

Was offenbar nichts gefruchtet hat, denn wenig später liegt die junge Frau mit zerfetztem Kleid blutüberströmt auf dem Trottoir. Als Maigret und Lapointe (Bertrand Poncet) eintreffen, nachdem ein Unbekannter den noch per Hand vermittelten Notruf betätigt hat, ist die etwa 20-jährige Unbekannte an mehreren Messerstichen verstorben. Mit der nur noch kalten Pfeife hantierend sitzt ein mürrischer, sich „ziemlich nackt“ findender Maigret in seinem Büro am Quai des Orfèvres. Seine Laune bessert sich erst, als er von belegten Broten und Bier aus der Brasserie Dauphine gestärkt die Fährte der schönen jungen Toten aufnimmt.

Wer war die mysteriöse junge Frau (Clara Antoons), die niemand in Paris zu kennen oder zu vermissen scheint?

Die es vielleicht aus der Provinz in die Seine-Metropole verschlagen hat, weil keiner sie zu kennen oder gar zu vermissen scheint. Das maßgeschneiderte Kleid stammt von einem Kostümverleih, wo das Opfer ihre Handtasche mit wenigen Habseligkeiten als Pfand zurückgelassen hat. Darin findet Maigret ein kleines blaues Fläschchen mit einem Opium-Präparat als Beruhigungsmittel oder Einschlafhilfe. Mit Hilfe der Apothekerin (Estelle Galarme) kann er die im sechsten Stock gelegene Wohnung der Toten und letztlich auch ihre Identität ermitteln: Louise Louvière (Clara Antoons).

„Wenn man sein Kind verliert, verliert man alles, es gibt nichts mehr“: Eine Visitenkarte führt Maigret erst in einen Hinterhof zum aus Vilnius stammenden jüdischen Trödler Kaplan (André Wilms), der auch als Pfandleiher tätig ist, und anschließend nach Boulogne-Billancourt in ein Filmstudio zur Nebendarstellerin Jeanine Arménieu. Der Sache auf den Grund kommt Maigret aber erst mit einem Geistesblitz in einem Café beim zufälligen Gespräch mit einer jungen Frau, die ihn an seine verstorbene eigene Tochter erinnert: er mietet Betty (Jade Labeste), die sich für die Polizei als Köder zur Verfügung stellt, in die nun verwaiste Dachgeschosswohnung ein…

Dreißig Jahre nach „Die Verlobung des Monsieur Hire“ hat Patrice Leconte einen zweiten Kriminalroman von Georges Simenon verfilmt, „Maigret und die junge Tote“ aus dem Jahr 1954. Mit einem herausragenden 73-jährigen Gérard Depardieu, der gerade erst als Sternekoch in „Der Geschmack der kleinen Dinge“ auf der Leinwand brillierte. Die zusammen mit Jérôme Tonnerre verfasste Adaption löst sich vom Unterwelt-Milieu der Vorlage. Die daher nur „Maigret“ betitelte, am 22. Februar 2022 in Paris uraufgeführte Neuinterpretation stellt nicht so sehr den Fall und seine Aufklärung, sondern die psychologische Situation des Ermittlers in den Vordergrund. Der 88-Minüter startet am 30. März 2023 in den deutschen Kinos, bei uns zu sehen u.a. im Casablanca Bochum, Luna im Astra Essen sowie im Bambi Düsseldorf.

Mittwoch, 29. März 2023 | Autor: Pitt Herrmann