
Apachen halten zusammen
Düsterer Ruhrpott-Thriller 'Frisch'
„Wir Apachen halten zusammen“: Schon seit frühester Kindheit sind Kai (Franz Schmidt) und sein drei Jahre älterer Bruder Mirko (Kolja Koddenbrock) aufeinander angewiesen, zumal sie nach dem spurlosen Verschwinden des Vaters und des frühen Todes ihrer Mutter (Angelina Häntsch) zu ihrem ungeliebten Onkel Andreas (Sascha Geršak) ziehen müssen. Sie bilden mit Bogdan (Leonard Rosik) und Selo (Rene Müller) eine Clique und schauen am liebsten Indianerfilme an (in Ausschnitten sind die Defa-Kultfilme „Die Söhne der großen Bärin“ und „Die Spur des Falken“ zu sehen).
Als Teenager wird das Verhältnis zu „Onkel Andy“ besser, zumindest für Kai (nun Jacob Pohl), während Mirko (nun Paul Sundheim) früh auf die schiefe Bahn gerät. Zu Bogdan (nun Leo Farahwaschy) und Selo (nun Ali-Emre Sahin) gesellt sich Ayşe (Valentina Leone), auf die beide Brüder ein Auge geworfen haben. Die notorischen Schulschwänzer hängen immer häufiger in Clubs ab, kommen mit Drogen in Kontakt.
Krumme Drogengeschäfte
Nachdem Ayşe (nun Canan Kir) schwanger geworden ist, feiert der 20-jährige Kai (nun Louis Hofmann), der inzwischen an der Seite Onkel Andys im Duisburger Schlachthof als Zerleger harte körperliche Arbeit verrichtet, eine große Hochzeit, auf der sein Bruder (nun Franz Pätzold) keine Hemmungen hat, sich Freiheiten bei der Braut herauszunehmen. Mirko macht mit Bogdan (nun Božidar Kocevski) krumme Drogengeschäfte, während Selo (nun Zejhun Demirov) als Polizist die Seiten gewechselt hat.
Bevor Mirko eine Haftstrafe antritt, überlässt er 10.000 Euro seinem Bruder zur Aufbewahrung. Eine Augen-OP seiner Tochter Jenny (Pola Friedrichs), Weihnachtsgeschenke und Pferdewetten lassen die Summe auf 3.000 Euro schrumpfen, als Mirko, überraschend entlassen, bei Ayşe auf der Matte steht. Kai bleibt gar keine andere Wahl, als die – im wahren Wortsinn – Schweinereien seines Bruders mitanzusehen und seine Schulden durch Kurierfahrten für Bogdan und Mirko nach Holland abzustottern.
Kooperation mit den 'Bullen'
„Willst du dich wirklich für Mirko verknacken lassen?“: Einerseits ist es ein Glück, dass er, bei Bocholt in eine Polizeikontrolle geratend, auf Selo trifft. Andererseits kommt Kai aus der Sache nur heraus, wenn er künftig mit den „Bullen“ kooperiert. Was ihm klammheimlich durchaus gelegen kommt, denn: Nur wenn der große und zunehmend gewalttätige Bruder hinter Gittern sitzt, haben Ayşe und er Ruhe vor seinen Nachstellungen…

Der Debütroman „Fresh“ des gebürtigen Glasgowers Mark McNay aus dem Jahr 2007 spielt in einem Hühnerverarbeitungsbetrieb in Royston unweit von London. Der in Boulder (US-Bundesstaat Colorado) geborene Regisseur Damian John Harper verlegt die Geschichte einer Hassliebe zweier Brüder ins Ruhrgebiet und wohl nicht zufällig in einen Schlachtbetrieb in der Schimanski-Stadt Duisburg.
Sein dritter Spielfilm „Frisch“ ist ein zu Beginn nerviger, weil sprunghaft zwischen drei Zeitebenen (Kindheit, Jugend, Jetztzeit) wechselnder Thriller, der nicht zuletzt durch Ralf Richters markante Stimme aus dem Off an „Bang Boom Bang“ erinnert. Er kommentiert das Geschehen ironisch-locker und spricht – wie ein bisweilen gar diabolischer Einflüsterer - den inneren Monolog des Protagonisten Kai.
Düsteres Bild vom Ruhrpott
Doch mit dem locker-flockigen Humor der kultigen „Unna-Trilogie“ Peter Thorwarths hat „Frisch“ noch nicht einmal den Schauplatz gemein: Leonhard Kairat (Kamera) und Joran Ost (Licht) zeichnen ein allzu düsteres, apokalyptisch-lebensfeindliches Bild des Ruhrpotts. Dieser deutsche „Wilde Westen“ ist nicht nur in den Innenräumen heruntergerockter Sozialwohnungen in ein trübes gelbliches Licht gehüllt. Herausragend an der Seite Louis Hofmanns („Der Passfälscher“) die Kino-Neuentdeckung Franz Pätzold, langjähriges Ensemblemitglied am Residenztheater München und aktuell am Burgtheater Wien.
Der 98-minütige Film feierte seine Uraufführung am 4. Juli 2024 beim Filmfest München und gewann bei den Biberacher Filmfestspielen 2024 den „Goldener Biber“ als bester Spielfilm, Kinostart ist Donnerstag, 3. Juli 2025. Zuvor macht die bundesweite Preview-Tour mit Regisseur Damian John Harper und Hauptdarsteller Franz Pätzold am Montag, 23. Juni 2025 in Köln Station, um 20.30 Uhr im Kino „Rex am Ring“.
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- Donnerstag, 3. Juli 2025