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Helena (Nora Tschirner) und Mark (Frederick Lau) versuchen selbstgepresste Smoothies als Alternative zu Bier und Wein.

Humorvoller und berührender Film neu in der Filmwelt Herne

Drama-Komödie 'One for the Road'

Mark Jung (Frederick Lau), laut seiner Chefin Luisa Grüntuch (Nina Kunzendorf) beliebtester Bauleiter der Berliner Großprojekte ever, kann ‘mal wieder kaum stehen, als er nachts seine Stamm-Bar verlässt. Setzt aber dennoch seinen Stern-SUV auf einen besseren Parkplatz um. Und wird prompt von der Polizei zum Alkoholtest gebeten. Der Führerschein ist für geraume Zeit weg und Mark wird zum Besuch eines Kurses verdonnert, an dessen Ende eine medizinisch-psychologische Untersuchung steht.

Der Workaholic und nicht wirklich überzeugte Single, der rein aus Zeitgründen zwischen Überstunden, Geschäftsessen und ausgiebigen Streifzügen durch das hauptstädtische Nachtleben keine feste Bindung eingeht, übersieht die Avancen seiner ihm stets zugewandten und immer wieder den Rücken freihaltenden Mitarbeiterin Jenny (Lena Schmidtke). Erst als er im MPU-Kurs des empathischen Verkehrspsychologen Dr. Blau (Godehard Giese), selbst trockener Alkoholiker, auf die Grundschullehrerin Helena (Nora Tschirner) trifft, findet Mark in ihr eine „Partnerin in crime“.

Zwei Wetten

Bei der Hauseinweihungs-Party seiner besten Freunde Anja (Friederike Becht) und Nadim (Burak Yiğit) gibt sich Mark derart die Kante, dass ein altes Erbstück von Anjas Großmutter auf dem Müll landen muss und sich Nadim anderntags zu einer ernsthaften Aussprache genötigt sieht. Mark wettet mit ihm, dass er es schafft, so lange keinen Alkohol zu trinken, bis er seinen Führerschein wiederbekommt. Wenig später geht er mit Helena eine zweite Wette ein: Weil sie aus eigener Erfahrung weiß, wie lang und steinig dieser Weg sein wird, reicht ihr die Zeitspanne eines Monats aus.

Marks beste Freunde, Anja (Friederike Becht) und Nadim (Burak Yiğit), können seine alkoholbedingten Ausfälle nicht verhindern.

Mark ist sich anfangs noch bombensicher, dass das alles ein Spaziergang wird. Er leert alle Wein-, Bier- und Schnapsflaschen im Ausguss der Küche und legt sich einen Entsafter zu. Doch das Aufgeben vertrauter Gewohnheiten wie der gemeinsame Feierabend-Drink mit Freunden in der Bar fällt zunehmend schwer. Auch weil Mark den Rat des Psychologen, sich eine körperliche Ersatzdroge zu schaffen, nicht befolgt: Dr. Blau hatte seinerzeit für den Halbmarathon trainiert und sitzt häufiger meditierend in einem Park. Bei Mark ist schon nach 27 Tagen die Luft raus – und die Laune im Keller.

Absturz bei einem JGA

Bei nächstbester Gelegenheit, einer Junggesellen-Abschiedsparty mit ihm völlig fremder Menschen, stürzt Mark völlig ab. Zweimal Minus ergibt Plus: Helena schlägt einen zweiten Versuch vor, nun zu zweit. Der lässt sich auch gut an einschließlich eines Radfahr-Kurses für die notorische Fußgängerin im Mauerpark. Doch auch die Lehrerin wird rückfällig, täuscht eine Schwangerschaft vor und verliert ihren Job. Wie auch Mark nach alkoholbedingten Ausfällen auf der Arbeit.

Seine Chefin bringt es auf den Punkt: Ihr bester Bauleiter wird von allen respektiert, vom Polier bis zum Architekten. Nur er selbst respektiert sich nicht. Weshalb Jenny seinen Posten bekommt. Mark soll Urlaub nehmen und eine Therapie machen, dann stehen ihm wieder alle Türen offen. Doch bevor es zum großen Knall kommt, der beide ins Krankenhaus befördert, mischen Helena und Mark noch das Stamm-Restaurant der Freunde auf, sodass der Wirt Luigi (Christian Sonnberger) sie handfest an die frische Luft befördern muss.

Da klingt es wie Hohn, dass Marks stets akkurater Nachbar (Franz Hartwig) der Laubengang-Wohnanlage am Halleschen Tor anerkennend meint: „Sie wissen zu leben!“ Bis Mark zur Erkenntnis Dr. Blaus kommt, „da ist noch soviel mehr“, dauert es noch eine Weile. Aber auch Helena lernt langsam wieder laufen…

Hochemotionaler Film

Nach „Friendship“ (2010) und „25 km/h“ (2018) ist dem Duo Oliver Ziegenbalg (Buch) und Markus Goller (Regie) mit „One for the Road“ ein erneut außergewöhnlicher, hochemotionaler Film abseits durchschnittlicher deutscher Komödien-Produktion gelungen: wahrhaftig, berührend und voller Humor. Eine mitten aus dem Leben erzählte Geschichte über Ausgelassenheit und Kontrollverlust, über Einsamkeit und Freundschaft - und über den langen Weg der Erkenntnis, was wirklich wichtig ist im Leben.

Der 115-Minüter wurde von April bis Juni 2021 in Berlin gedreht, am 26. Juni 2023 auf dem Filmfest München uraufgeführt und ist jetzt in unsere Kinos gekommen, darunter auch in die Filmwelt Herne.

Dienstag, 31. Oktober 2023 | Autor: Pitt Herrmann