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Die „dicke Trommel“ wird von zwei Musikern vor dem großem Wasserfall der Insel Sado geschlagen.

Neu im Kino: 'Shiver'

Die Kunst der Taiko-Trommel

Die Taiko ist eine traditionelle japanische Trommel mit schier grenzenlosen rhythmischen Möglichkeiten. Die Gruppe Kodo hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese zu erforschen und dabei neue Wege zu einer lebendigen Kunstform zu beschreiten. Seit ihrem Debüt 1981 bei den „Berliner Festspielen“ hat Kodo mehr als 6.500 Auftritte in 52 Ländern auf fünf Kontinenten absolviert. Die reiche, prächtige Natur der Insel Sado bildet seit 1988 jedes Jahr die Kulisse für die „Earth Celebration“, Kodos internationales Kunstfestival. Es zielt darauf ab, eine alternative globale Kultur durch musikalische und kulturelle Zusammenarbeit mit Künstlern aus der ganzen Welt zu schaffen.

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„Shiver – Die Kunst der Taiko-Trommel“, das 89-minütige Porträt des 1969 in Osaka geborenen japanischen Filmemachers Toyoda Toshiaki über die Zusammenarbeit zwischen dem aufstrebenden, zeitgenössischen japanischen Musiker und Komponisten Koshiro Hino und dem von der japanischen Insel Sado stammenden Taiko Performing Arts Ensemble Kodo ist ein einzigartiges audiovisuelles Erlebnis, auf das man sich freilich einlassen muss: Der Film kommt ohne Dialoge aus, konzentriert sich ganz auf den Klang, die Töne, die Musik und die mitreißende Performance des Ensembles.

Beruhigend wirkende Tempelarchitektur

Die Aufnahmen des wohl nur auf der großen Kinoleinwand beeindruckenden Films entstanden nicht nur im nüchternen Proberaum von Kodo, sondern in der für uns Europäer exotisch und gleichermaßen beruhigend wirkenden Tempelarchitektur und vor der einzigartigen Naturkulisse der Insel Sado. Dabei steht die Taiko oder Daiko genannte „dicke Trommel“ für eine ganze Gruppe zumeist großer Röhrentrommeln, die mit Schlägeln geschlagen werden.

Die Musiker treten bisweilen auch in traditionellen Masken auf.

Brennende Holzscheite, der Wind und die Gischt der Meereswellen am Inselstrand, aber auch ein gewaltiger Wasserfall bilden mehr als nur die begleitende Geräuschkulisse: Kenji Makis Bilder verbinden die in ihrem Minimalismus erstaunlich vielfältige Musik unmittelbar mit der Natur. Die auch eine leicht verschneite terrassierte Landschaft oder ein ritueller Ort um einen offenbar sehr alten Baumriesen sein kann. Mit subjektiver Kamera geht es sehr betulich eine lange Treppe ausgetretener Steinstufen zu einem Tempel hinauf, der Zuschauer taucht förmlich in einen ummauerten japanischen Garten ein, bevor die Musiker ins Bild kommen.

Traditionelle Tasteninstrumente

Neben den „dicken Trommeln“ kommen auch traditionelle Tasteninstrumente mit Blasebalg zum Einsatz, Resonanzkörper unterschiedlichster Größe können auch rein aus Holz oder Metall bestehen. Rhythmisches Händeklatschen und Gesang begleiten einzelne Musikstücke, die vom Producer Takanobu Ok zu einem rasanten Finale geschnitten worden sind.

Der Komponist Koshiro Hino über die Zusammenarbeit mit dem Projekt Kodo: „Je mehr ich durch diese Produktion über Kodo erfuhr, desto mehr spürte ich die Kraft dieser japanischen Tradition und erkannte den Grund, warum sie bis heute fortbesteht. Die Vibration der Luft, das Donnern des Holzes und die Schönheit der Trommler, die auf Taikos schlagen, können niemals wirklich nur durch Lautsprecher wahrgenommen werden. Ich war sehr beeindruckt und überzeugt von ihrer überwältigenden Kraft und habe tief in mir das Wesentliche, den Kern dessen gespürt, was Tradition ausmacht.“

Rhythmen verbinden sich miteinander

Weiter führt er aus: „Darüber hinaus fordert das Projekt die Sinne und verlässt dabei die Sphären formbarer Musik. Ich suchte nach einer einfachen Vibration des Klangs und gab ihr einen Rhythmus. Einige dieser Rhythmen verbanden sich miteinander zu einer größeren Bewegung und wurden schließlich zu einem Musikstück. Wir trennten unsere Rollen nicht in Komponist und Kodo, sondern entdeckten als Weggefährten den Klang, die Spielweise und den Groove der Instrumente neu. Deshalb ist das nicht einfach eine Komposition, die Kodo gewidmet ist, sondern vielmehr eine Aufnahme, die wir gemeinsam erarbeitet haben, als würden wir die Energie und die Entdeckungen aus der Zeit von Kodos Debüt neu erleben.“

Toyoda Toshiakis Dokumentarfilm „Shiver – Die Kunst der Taiko-Trommel“ ist kein Mainstream-Kino und läuft daher in unserer Region nur an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten: In der Endstation Bochum am Freitag und Samstag, 24. und 25. Juni 2022, jeweils um 17 Uhr, im Sweetsixteen Dortmund ab Donnerstag, 23. Juni 2022 um 18.45 Uhr sowie ab Montag, 27. Juni 2022 um 17 und um 20.15 Uhr, im Essener Filmstudio Glückauf am Sonntag, 26. Juni 2022 um 15 Uhr sowie am Dienstag und Mittwoch, 28. und 29. Juni 2022 jeweils um 17.45 Uhr, im Düsseldorfer Bambi von Sonntag bis Mittwoch, 26. bis 29. Juni 2022 jeweils um 17 Uhr.

Mittwoch, 22. Juni 2022 | Autor: Pitt Herrmann