Sexuelle verbale Belästigungen im Alltag
Catcalls finden statt - jeden Tag
Jede Frau wird in ihrem Leben schon einmal eine Situation erlebt haben, in der ihr ein unbekannter Mann in der Öffentlichkeit eine 'Nettigkeit' hinterher gerufen hat. Das kann von "Hallo Süße" oder "Na, Puppe" oder "Heute schon was vor?" bis hin zu "ficki-ficki" oder auch "geiler Arsch" gehen. Manche Männer können mit ihrem Aufmerksamkeitsdefizit recht einfallsreich ein.
Oftmals bleibt es nicht bei Kommentaren, sondern gezeigt wird auch gerne, dass man in der Lage ist mit der Zunge zu schnalzen oder dass man sogar Pfeifen kann. Solche Kunststücke sollen dafür Sorge tragen, dass Frau ihre Aufmerksamkeit auf den Rufer, Schnalzer oder auch Pfeifer lenkt und im Idealfall vielleicht sogar mit ihm ins Gespräch kommt. Selten sind sich die Männder darüber im Klaren, dass diese Anstrengungen in der Regel nicht zielführend sind, und dass Rufe wie „ficki-ficki“ oder „geiler Arsch“ von Frauen selten als Kompliment aufgefasst werden.
Im Jahr 2018 begann die New Yorkerin Sophie Sandberg damit, diese Geschichten von Frauen, die im öffentlichen Raum verbal belästigt wurden, zu sammeln und machte diese 'Catcalls' genannten Anmach-Sprüche auf Instagram publik. Seitdem gibt es in den unterschiedlichsten Städten Catcalls-Bewegungen. So auch in Herne.
Vor einem Monat hat die Hernerin Celine Jozefiak auf Instagram die Seite catcallsofherne eröffnet, mit der sie auf sexuelle Belästigung im Herner Alltag aufmerksam machen möchte. Sie selber erfährt verbale sexuelle Belästigungen seit ihrem zwölften Lebensjahr. Sprüche wie „Hey, geiler Arsch“ oder „Wackel mal mehr“ sind ihr nicht unbekannt. Als sie 14 oder 15 Jahre alt war, bekam ihr Großvater mit, wie ihr solche Sprüche zugerufen wurden. Geredet hat sie mit ihrem Opa darüber nie - dafür hat sie sich aber eine lange Zeit deswegen geschämt.
„In Gespächen mit meinen Freundinnen höre ich, dass es vielen ähnlich ergangen ist“, erzählt Celine Jozefiak. „Auch sie haben sich für die Sprüche geschämt.“ Mit ihrer Instagram-Seite möchte sie sowohl Männer für dieses Thema sensibilisieren, aber vor allem möchte sie den Mädchen und Frauen klar machen: „Hey, ihr müsst euch nicht dafür schämen, ihr habt nichts falsch gemacht oder auch nichts Falsches angehabt.“
Sprüche sichtbar machen
Meist blieben die Belästigungen für andere unbemerkt. Celine Jozefiak engagiert sich mit dem Projekt catcallsofherne gegen sexuelle Belästigung, indem sie sie sichtbar macht. Dazu geht sie zu den Orten, an denen sie passiert sind und schreibt die Catcalls mit Kreide auf Bürgersteige oder Straßen. Viele Frauen blieben dabei stehen „und so komme ich mit ihnen ins Gespräch und sie erzählen mir von ihren eigenen Erfahrungen.“ Männer blieben wohl auch stehen, „sie lesen aber nur die Sprüche und gehen dann weiter.“
Auf ihrer Instagram-Seite catcallshofherne können Frauen von ihren Erfahrungen berichten. Dazu möchte Celine Jozefiak auch Ansprechpartnerin sein und sich mit den Frauen austauschen. Für Frauen, die kein Instagram besitzen, hat sie eine E-Mail eingerichtet: Catcallsofherne@web.de.
„Diese verbalen Angriffe sind ja nur die eine Seite der Medaille“, sagt sie. „Denn eigentlich machen sie noch etwas anderes mit uns: Wenn ich am Abend auf die Straße gehe, habe ich oft ein mulmiges Gefühl. Ich schaue öfter hinter mich und wechsle eventuell die Straßenseite."
In Deutschland sind Catcalls bis heute strafrechtlich nicht verfolgbar. Um das zu ändern läuft derzeit eine Online-Petition.
