
Bunter Protest auf dem Robert-Brauner-Platz
Nach der Versammlung am Dienstag (3.9.2019) trafen sich am frühen Mittwochabend (4.9.2019) erneut viele Menschen auf dem Robert-Brauner-Platz, um gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus zu protestieren. Auch an der Kreuzkirche am Europaplatz fand erneut ein gut besuchter ökumenischer Gottesdienst statt. Zum zweiten Mal in dieser Woche ein deutliches Zeichen vieler Herner gegen das Auftreten einer rechten Bürgerwehr unter dem Titel 'Spaziergang besorgter Bürger'.

Im Aufbaugetümmel für den Winzermarkt begrüßte Organisator Markus Vordenbäumen für das Herner Bündnis die vielen Menschen, die sich vom Regen nicht haben abhalten lassen. Die Versammlung stand wiederum, so die Veranstalter, im Zeichen des Bunten Protests gegen die rechte Bürgerwehr und für „Mitreden, Mitmachen und Miteinander" in unserer Gesellschaft. Anschließend referierte Jakob Liedtke vom Bündnis die letzten 'Spaziergänge besorgter Bürger' und ging auf die zahlreichen auswärtigen Teilnehmer mit ihren vielfältigen Verknüpfungen in die rechtsextreme Szene ein. Beim "offenen Mikro" kamen die Teilnehmer zu Wort. Sie äußerten ihre persönlichen Beweggründe, sich dem Protest anzuschließen. Heinz Drenseck etwa erinnerte an die beängstigende Stimmung im Reichstag 1933, als mit der Abstimmung zum Ermächtigungsgesetz Adolf Hitler die Machtübernahme ermöglicht wurde. Damals waren bewaffnete Schlägertrupps von SA und SS im Sitzungssaal anwesend und versuchten die demokratischen Gegner, zu denen auch die Herner SPD-Reichstagsabgeordnete Bertha Schulz zählte, einzuschüchtern. Eine andere Teilnehmerin brachte ihre Angst zum Ausdruck, dass die nach Deutschland geflüchteten Menschen hier wiederum Gewalt erleben könnten, wie in den Ländern, aus denen sie geflüchtet sind.

Insgesamt waren es nach Polizeiangaben 350 bis 400 Teilnehmer, die sich dem Aufruf des Herner Bündnisses angeschlossen hatten. Zum Abschluss starteten die Gegendemonstranten vom Robert-Brauner-Platz über die Fußgängerzone in Richtung Bahnhof. An der Spitze unter dem großen Regenschirm: Bürgermeister Erich Leichner. Abschließend dankten die Organisatoren allen Teilnehmer und luden direkt zur nächsten Versammlung ein, falls in der kommenden Woche wieder ein 'Spaziergang' stattfindet.

Vorab war der 'Spaziergang' der 'Besorgten Bürger' unterwegs. Abgesichert von starken Kräften der Bereitschaftspolizei-Hundertschaften, unter anderem aus Essen und Düsseldorf, zogen die Teilnehmer der rechten Szene vom Netto-Parkplatz an der Von-der-Heydt-Straße über die Poststraße, die Bahnhofstraße in Richtung Bahnhofsvorplatz. Dort war dann im Regen zunächst Zwischenstopp für das obligatorische Socialmedia-Gruppenfoto. Weiter ging es über die Manteuffelstraße nach rechts auf den Westring. Über die Ampelkreuzung an der Bismarckstraße bog der Zug dann wieder auf der Gegenfahrbahn in südliche Richtung, bis zum Ausgangspunkt Netto-Parkplatz. Dort verstreuten sich nach Versammlungsende die Teilnehmer.

Die Konturen der 'Besorgten Bürger' werden unterdessen deutlicher. So waren bereits bei den ersten 'Spaziergängen' bekannte Vertreter der Dortmunder Neonazi-Szene und danach zahlreiche Vertreter der rechtsextremen Bürgerwehr 'Steeler Jungs' mit dabei. Diesmal kam es am Kreisverkehr am Bahnhof, wo der Zug entlangführte, zu einem Zwischenfall mit einem ausländischen Bürger, dem aus dem Kreis der 'Spaziergänger' unverhohlen der ausgestreckte Arm mit dem "Hitlergruß" und wortreiche Pöbeleien entgegenkamen. Drei junge Frauen beobachteten den Vorfall und erstatteten bei der Polizei Anzeige.
Bei den 'Besorgten Bürgern waren es diesmal knapp 90 Teilnehmer. Deutlich weniger als beim letzten Mal, wo etwa 135 Personen gezählt wurden. Ob es am Regen lag? Eine Teilnehmerin des Gegenprotestes fragte sich daher: „Angst vor Regen, aber für Sicherheit sorgen wollen?“
