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Alete oder Knete

Babynahrung statt Banknoten im Geldpaket

Wie kommt Waschpulver und Babynahrung in ein verplombtes und bei der Bundesbank vor laufender Kamera gepacktes Geldpaket mit 115.000 Euro für eine kleine Filiale der Herner Sparkasse? Mit dieser bisher ungelösten Frage beschäftigen sich seit Ende Mai 2015 nicht nur Polizei und Staatsanwaltschaft sondern jetzt auch das Arbeitsgericht. Dort hatte eine fast genau ein Vierteljahrhundert bei dem Geldinstitut beschäftigte Mitarbeiterin im Frühjahr 2016 Kündigungsschutzklage erhoben, nachdem ihr Arbeitgeber sie als zuständige Mitarbeiterin für das Ordern und Entgegennehmen von Bargeldsendungen elf Monate nach dem mysteriösen Vorfall am 19. April die fristlos und hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum Jahresende 2016 gekündigt hatte.

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Am 27. Mai 2015 hatte die Frau das Geld bei der Bundesbank geordert, und am 28. Mai um 9.40 Uhr brachte der Geldtransporter das verplombte Paket vorbei. Die Mitarbeiterin nahm es entgegen, öffnete es aber erst 20 Minuten später, weil sie mit Buchungen für einen Kunden beschäftigt war. Beim Öffnen verstieß sie allerdings gegen die Vorschrift des Vier-Augen-Prinzips, sprich die Anwesenheit eines Kollegen. Den holte sie aber kurz darauf dazu, als sie nach dem Öffnen in dem Geldpaket nur Waschpulver und Kindernahrung vorfand. Das mit einem später festgestellten Gewicht, das exakt der Banknotenmenge entsprach. Der Kollege empfahl die Einschaltung der Polizei. Die Frau, die 3.430 Euro brutto im Monat bekam, geriet später selbst in dringenden Tatverdacht, weil die finanziellen Familien-Verhältnisse miserabel waren. Ein bis zum Anschlag mit 15.000 Euro überzogenes Girokonto und ein Ehemann mit schon längerer Arbeitsunfähigkeit.

Zwei Hausdurchsuchungen förderten lediglich Bargeld in Höhe von insgesamt 2.200 Euro zu Tage. Dazu allerdings drei Umschläge mit Aufschriften "Mama" dem Namen einer Tochter und dem eigenen Vornamen mit insgesamt 37.000 Euro in einem Bankschließfach. Das war nach hausinternen Ermittlungen der Sparkasse nach einem Jahr erstmalig einen Tag vor der Ankunft des Geldpakets und dann wieder einen Tag danach geöffnet worden. Doch dieses Geld stammte nach Ermittlungen der Kripo nicht aus dem verschwundenen Geld der Bundesbank. Trotzdem hielt das Geldinstitut an seiner Meinung fest, dass nur diese Mitarbeiterin infrage komme und sprach nach Blick in die Ermittlungsakte im März 2016 die Verdachtskündigung aus. Aber die Kammer von Richterin Große-Wilde, die diesen ungewöhnlichen Fall intensiv vorberaten hatte, gab Sparkassen-Personalchef Frank Hofmann und Rechtsanwältin Hansen zu bedenken, dass der bisher bekannte Geschehensablauf die Hürde eine Verdachtskündigung noch nicht nehmen könne. Immerhin konnte sich auch die Staatsanwaltschaft bis heute nicht dazu entschließen, eine Strafanzeige zu erstatten, wie Klägeranwalt und Strafverteidiger Duits mitteilte. Seine Mandantin, die seit ihrem Rauswurf auch seelisch darunter leide, wolle notfalls auch in die zweite Instanz, um sich von diesem Vorwurf befreit zu fühlen.

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Das Urteil: "Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin weder durch die fristlose noch durch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist bis zum 31,. Dezember 2016 beendet wurde." Das, so das Gericht schon in der Verhandlung an die Adresse der Klägerin, sei "allerdings kein Freispruch erster Klasse." (AZ 3 Ca 1053/16)

| Autor: Helge Kondring