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Alkoholkündigung hatte keinen Bestand

Alkohol am Arbeitsplatz ist sowieso schon ein Ding, was nicht geht. Und wenn der Arbeitsplatz auch noch mit der Erfüllung "hoheitlicher Pflichten mit Polizeifunktion" verbunden ist, schrillen beim Arbeitgeber die Alarmglocken noch lauter. Dann ist die Kündigung meistens die konsequente Folge. Die muss aber durch medizinische Gutachten untermauert sein, und der Betroffene muss dazu auch nichts getan haben, um gegen die eigene Abhängigkeit vorzugehen. Alles Voraussetzungen, die das Wasser- und Schifffahrtsamt Duisburg Meiderich im Falle der fristlosen Kündigung eines seit 1990 beschäftigten Schleusenwärters nach Auffassung der 3. Kammer des Arbeitsgerichts nicht erfüllt hatte.

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Der Mann von der Schleuse Herne-Ost war nach angeblich festgestellten Auffälligkeiten vor zwei Jahren eine längere Zeit arbeitsunfähig und außerdem noch während der Arbeitsunfähigkeit Opfer eines Raubüberfalls in der eigenen Wohnung. Nach seiner Rückkehr anderthalb Jahre später nahmen vier Arbeitskollegen angeblich Alkoholgeruch wahr, was schließlich am 6. Juli 2015 zur fristlosen Kündigung führte. Das aber aufgrund eines erst zwei Wochen später fertiggestellten Gutachtens mit der Feststellung, "dass der Arbeitnehmer zur Erbringung seiner Arbeitsleistung nicht mehr in der Lage ist".

Dabei hatte der Gutachter den Mann überhaupt nicht untersucht, wie Klägeranwalt Dr. Stüber unwidersprochen Richterin Große-Wilde vortrug. Der Gutachter hatte lediglich mit drastischen Worten bemängelt, dass der Hausarzt des Klägers der Berufsgenossenschaft ein Attest nicht zur Verfügung stellen wollte. "Grober Unfug, auf Neudeutsch Bullshit" ließ der Gutachter seinem Unmut damals freien Lauf.

Und von mangelnder Bereitschaft zur Mitwirkung seines Mandanten könne auch keine Rede sein, hielt Dr. Stüber den Vertretern der Generaldirektion Wasserstraßen West, Hermann Poppen und Thomas Lüttecke, vor. Sein Mandant sei jederzeit bereit gewesen, sich einer Untersuchung des Arbeitsmedizinischen Dienstes (AMD) zu stellen. Auch das Gericht hielt bei allem Verständnis für die sicherheitsrelevanten Bedenken der Arbeitgeberseite gegen den Einsatz des Klägers allein auf einer Schleuse mit ihrer Kritik an der fristlosen Kündigung nicht hinter dem Berg. Die fristlose Kündigung, "mit der Sie direkt das Ende der Fahnenstange erreicht haben," beruhe eher auf Vermutungen. Der in solchen Fällen anzuwendende Maßnahmenkatalog mit zum Beispiel dem Betrieblichen Eingliederungs-Management (BEM) sei nicht zum Einsatz gekommen.

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Das alles wollten Amtsleiter Poppen und sein Kollege Lüttecke schließlich schriftlich und kündigten dem noch bis zum 6. Januar 2016 krank geschriebenen Mitarbeiter schon vor dem Urteil an, "dass für Sie die gleichen Bedingungen wie vorher gelten, wenn wir wieder zusammenkommen." Das wird spätestens am 7. Januar 2016 wieder sein, denn das Gericht hob die fristlose Kündigung auf. (AZ 3 Ca 1734/15)

| Autor: Helge Kondring