halloherne.de

lokal, aktuell, online.
Die cool cats zum Hellmann-Gerichtsverfahren.

Hellmann klagt auf Zahlung von 964.500 €

Das erstinstanzliche Urteil vom 19. Februar, mit dem die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Herne sämtliche vom sechsköpfigen Kuratorium der Stiftung katholisches Krankenhaus Marien-Hospital abgesegneten fristlosen Kündigungen von Geschäftsführer Jürgen Hellmann als unwirksam aufhob, wird in diesen Tagen den Parteien zugestellt. Und schon muss sich die in Sachen Marien-Hospital erprobte Kammer von Richterin Große-Wilde erneut mit dieser Problematik beschäftigen. Am Mittwoch der ersten Juni-Woche treffen sich die streitenden Parteien erneut vor dem Arbeitsgericht. Es geht um die Klage Hellmans auf Zahlung von 964.500 Euro "plus fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem Monat der Fälligkeit des jeweiligen Bruttogehalts." Das ist die Summe, die seit Ausspruch der sechs Entlassungen zwischen dem 17. Mai 2013 und dem 17. Oktober 2013 bis zur Erhebung der Klage durch Rechtsanwalt Norbert H. Müller aufgelaufen ist.

Anzeige: Spielwahnsinn 2024
v.l. Rechtsanwalt Norbert H. Müller, Jürgen Hellmann.

Damit steht die Stiftung, die von der Düsseldorfer Kanzlei Orth und Kluth vertreten wird, vor einer neuen finanziellen Bewährungsprobe, denn bei Rechtskraft der erstinstanzlich erfolgreichen Kündigungsschutzklage würde sich diese Forderung Hellmanns noch deutlich erhöhen. Eine Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm ist noch gar nicht unterwegs, und bis zur zweitinstanzlichen Entscheidung werden noch viele Monate vergehen. Parallel zu diesen möglichen Ansprüchen Hellmanns, die sehr schnell die Millionen-Grenze überspringen können, steht die Stiftung noch vor der Forderung der Gesellschaft für Service-Leistungen im Gesundheitswesen mbH (GSG), die als Tochter der St. Elisabeth-Gruppe vor dem Landgericht Bochum Forderungen aus einem Dienstleistungs-Vertrag in Höhe von 2.834.045 Euro "nebst Zinsen von neun Prozent seit dem 26. Februar" gegen die Stiftung, der sie als Tochter bis zum Ausgliederungs- und Übertragungsvertrag vom 25. Juli 2014 angehört hatte, geltend macht.

Die Bottroper Unternehmensberatung "dentcommerz" zog deshalb im Auftrag des Kuratoriums Bilanz und schickte Pfarrer Christian Gröne als Vorsitzendem am 17. Dezember 2014 ein neunseitiges Gutachten zum Thema "Ausrichtung der Stiftung Marien-Hospital Herne nach Ausgliederung der Klinikbetriebe". Darin bestreitet Gutachter G. Ranft nicht, "dass der Vollzug einer Zusammenführung der Klinikbetriebe mit einer für die Stiftung durchaus als existenzgefährdend einzustufenden Situation zusammenfiel, von einer möglichen Insolvenznähe der Stiftung rein vermögenstechnisch aber nicht auszugehen war."

Ranft weiter: "Ursächlich für die schlechte Liquiditätslage der Stiftung war ausschließlich die völlig unzulängliche und fast laienhaft betriebene Geschäftsführung des Unternehemens durch ein hauptamtlich tätiges, geschäftsführendes Kuratoriumsmitglied." Der damals hauptamtliche Geschäftsführer sei dafür verantwortlich, "dass in den letzten drei Jahren (vor seiner Abberufung "als einziger Alternative") ohne Not annähernd 23 Millionen an Finanzmitteln der Stiftung sinnlos verbrannt wurden, um die schlecht und damit defizitär geführten Klinikbetriebe zu Lasten der gesunden Betriebsteile der Stiftung zu stützen."

Das Gutachten geht aber auch auf die Millionen-Forderung der jetzigen Elisabeth-Tochter GSG vor dem Landgericht Bochum ein und verweist dabei unter den Punkten "Leistungsaustausch der Gesellschafter untereinander" und "Wirtschaftliche Trennung der Geschäftsbereiche zum 1.1.2014" auf eine Stellungnahme des für die Stiftung tätigen Wirtschaftsprüfers Kissenkötter aus dem Büro der Prüfungsgesellschaft Dr. Merschmeier (Münster).

Danach seien "mit dem Ausgliederungsvertrag sämtliche Leistungen der Parteien untereinander über Verrechnungen erledigt, so dass zum 31. Dezember 2013 gegenseitige Forderungen aus Personal-Gestellungen ebenso nicht bestehen, wie Forderungen aus Warenlieferungen (Speisenlieferungen für die Heimbewohner der Stiftung). Daraus folgert Gutachter Ranft, "dass die Berechnung der St. Elisabeth-Gruppe jeder Rechtsgrundlage entbehrt und die von deren Geschäftsführer (Theo Freitag) angemahnte Fälligkeit erst gar nicht eingetreten sein kann."

Nach einem Aktenvermerk zum Gesprächstermin zwischen Vertretern der St. Elisabeth-Gruppe und der Stiftung am 5. Dezember 2014 zum Thema "Verrechnung diverser Personal- und Sachkosten aus 2013 und 2014" hatte Elisabeth-Geschäftsführer Theo Freitag die Stiftung aufgefordert, "zum Beweis ihres guten Willens schon einmal vorab 1,5 Millionen Euro zu überweisen, um über die weiteren Forderungen zu einem späteren Zeitpunkt zu verhandeln." Als Wirtschaftsprüfer Peter Ranft und Kuratoriumsvize Dieter Doktorczyk das "ohne Prüfung auf der Basis geschlossener Verträge aus rechtlichen Gründen ablehnten, habe Freitag "ohne weitere Äußerung den Raum" verlassen.

Anzeige: DRK 2024 1

Die Stiftung steht nach der Ausgliederung vor einer "Neuausrichtung der wirtschaftlichen Aktivitäten", wie es am Ende des Gutachtens heißt. Mit dabei auch der Chefjurist des bischöflichen Generalvikariats, Marcus Baumann-Gretza, sowie Generalvikar Alfons Hardt, die auf eigenen Wunsch am 17. Dezember 2014 nach Herne eingeladen wurden. Und zur Neuausrichtung wird wohl nicht nur ein neuer Name gehören. "Die Stiftung wird sich künftig verstärkt der Schaffung von Heimeinrichtugen für Senioren und der Schaffung seniorengerechter und bezahlbarer Wohnungen für ältere Menschen widmen." Das in der Einsicht, "sich zur Erhaltung des Stiftungsvermögens selbst aus der Eigenbewirtschaftung von Klinikbetrieben zurückzuziehen, um sich anderen, tatsächlich leistbaren Aufgaben zuzuwenden." Dazu gehört aber auch die juristische Bewältigung von Altlasten.

| Autor: Helge Kondring