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Sandrina (Giulia Montanari) trifft unverhofft auf ihren sogleich erneut für sie entflammten „Ex“ Belfiore (Dmitry Ivanchey).

Mozarts „Gärtnerin“ in Essen

Verliebte und Verrückte

'Amo ergo sum' – Ich liebe, also bin ich: Am Hofe von Don Anchise (Richard Samek) herrscht das reinste Gefühlschaos. Denn der Podestà von Lagonero ist heftig in seine Gärtnerin Sandrina (wirft in der Tat einen Glanz auf alle: Giulia Montanari) verliebt. Und hoffnungslos, was er freilich nicht ahnt. Denn Sandrina ist in Wirklichkeit die Marchesa Violante Onesti, die nach einem scheinbar tödlich verlaufenen Streit mit ihrem Verlobten Zuflucht gesucht hat in dieser toskanisch anmutenden Zypressen-Idylle (Bühne: Frank Philipp Schlößmann) vor den Toren Mailands.

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Ramiro (Alexandra Kadurina) ist nicht amüsiert: der Podestá (Richard Samek) will „seine“ Aminda unter die Haube bringen.

Begleitet wird sie von ihrem Diener Nardo (Tobias Greenhalgh), der ebenfalls Hals über Kopf verliebt ist – in die Magd Serpetta (so selbstbewusst wie aufsässig: Christina Clark). Welche wiederum nur Augen für ihren Chef hat, der gerade die Hochzeit seiner Nichte Aminda (Sophia Brommer) mit dem Grafen Belfiore (Dmitry Ivanchey) vorbereitet. Was so seine Schwierigkeiten hat. Denn erstens taucht der von Aminda schnöde verlassene, aber noch immer in sie verliebte Baron Ramiro (Alexandra Kadurina) auf und zweitens erkennt Sandrina im Bräutigam Belfiore ihren tot geglaubten Verlobten wieder…

Verliebte und Verrückte: So turbulent wie in William Shakespeares Komödie „Sommernachtstraum“ geht es in der vom erst 18-jährigen Wolfgang Amadeus Mozart 1774 komponierten Buffo-Oper „La finta giardiniera“ zu, einem Auftragswerk des Hofmusikintendanten Anton von Seeau für den Münchner Fasching, das am 13. Januar 1775 in der Hofoper am Salvatorplatz uraufgeführt wurde. Seit 1780 liegt unter dem Titel „Die Gärtnerin aus Liebe“ eine vom Komponisten abgenommene deutsche Singspielfassung vor, welche die Wanne-Eickeler Regisseurin Gabriele Rech im April 2003 am Gelsenkirchener Musiktheater inszenierte – mit Anna Agathonos als Ramiro!

Der ursprünglich als Dramma giocoso angelegte Dreiakter begeistert nun an der Essener Aalto-Oper mit sieben großartigen Stimmen und gut dreistündigem Power-Barock der Essener Philharmoniker jenseits aller Originalklang-Doktrin unter der engagierten Leitung des Generalmusikdirektors und bekennenden Mozart-Liebhabers Tomáš Netopil. In seiner ersten Inszenierung in Deutschland ist dem tschechischen Regisseur Ondřej Havelka in kongenialem Zusammenspiel mit den Ausstattern (Kostüme: Jana Zbořilová) ein wunderbar beschwingt-ironischer Abend gelungen.

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Voller Spielfreude zum Auftakt der endlich wieder analogen Aalto-Spielzeit 2021/22 auf den Brettern der gefühlt ständig rotierenden Drehbühne wie im Graben. Mit Bäumen, die bisweilen ein kurioses Eigenleben führen, mit Bildern in der hochherrschaftlichen Galerie des Podestà in „Essener Hängung“, mit handgemachtem Wellenschlag unter Belfiores Gondel. Vor allem aber mit starken, aktiven Frauen über alle Standesgrenzen hinweg – und mit Erzkomödianten, die augenzwinkernd ihre traditionelle Rolle in Frage stellen. Auch wenn am Ende der Hausherr leer ausgeht.

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  • Donnerstag, 7. Oktober 2021, um 19:30 Uhr
  • Sonntag, 17. Oktober 2021, um 16:30 Uhr
  • Donnerstag, 21. Oktober 2021, um 19:30 Uhr
  • Sonntag, 31. Oktober 2021, um 18 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann