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Mittendrin: Emil Schwarz in The Spaceman.

Diese Schulstunde vergeht wie im Fluge

„The Spaceman“ am WLT

Unser blauer Planet, die Erde, in der unendliche Weite des Weltalls - und wie alles entstanden ist: Der zwar geniale, aber auch reichlich durchgeknallte Professor Blastow (sein erstes Solo: ein schier umwerfender Emil Schwarz) erklärt dem gebannten Auditorium in der sicherlich witzigsten Physikstunde der gesamten Schulzeit mit Hilfe der großen Wandtafel und zahlreichen kleineren Exemplaren sowie seiner sprechenden Kreidestücke Klaus und Betty im Handumdrehen den Urknall und die Geheimnisse des Kosmos.

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Dazu nimmt er das Publikum mit auf eine spannende Abenteuerreise: Bud, den schon als kleiner Junge mit großen Träumen ferne Planeten und Gestirne fasziniert haben, offenbart seiner Schulfreundin Jane, ein Spaceman werden zu wollen. Hat er doch einen Stern nach seiner Liebsten benannt, den er sich unbedingt aus der Nähe ansehen will. Als ihn dann auch noch Außerirdische über Opas alten Röhrenfernseher um Hilfe bitten, steht für Bud fest: Er wird Weltraumfahrer. Dafür paukt er eifrig Mathe und Physik, baut seine eigene Rakete und fliegt im selbst entworfenen Raumanzug an Jupiter und Mars vorbei, um neue Welten zu entdecken und Tea-Time mit dem freundlichen Alien zu halten...

Mit dem vielgerühmten trockenen englischen Humor erzählt The Spaceman die Geschichte von Bud und seinem Weltraumabenteuer als kindgerechte Science-Fiction-Story. Nachdem Mark Down 1993 seine Ausbildung zum praktischen Arzt abgeschlossen hatte, ließ er sich an der Central School of Speech and Drama in London zum Schauspieler ausbilden. 1997 gründete er zusammen mit dem Bühnen- und Kostümbildner Nick Barnes das Blind Summit Theatre in London, wo Spaceman, so der Originaltitel, uraufgeführt wurde und bald zum Kultstück avancierte.

Der Siegeszug der sprachwitzigen Übersetzung von Ulrike Hofmann begann Mitte August 2006 am Theater Ömmes & Oimel in der Comedia Köln. Die Deutschsprachige Erstaufführung von Catharina Fillers und Mark Down mit Charles Ripley ist mit dem NRW-Theaterpreis 2007 ausgezeichnet worden. Nun hat Felix Sommer The Spaceman als deutsch-englisches Klassenzimmerstück für alle ab zehn Jahren am Westfälischen Landestheater inszeniert und ausgestattet, heftig umjubelte Premiere war jetzt in der Fridtjof-Nansen-Realschule in Castrop-Rauxel.

Der 32-jährige Emil Schwarz, langjähriges WLT-Ensemblemitglied und seit Sommer 2019 freiberuflich tätiger Kölner Schauspieler, hat in der Europastadt unter anderem in Klassikern wie Ibsens Nora oder Ein Puppenheim, in Thrillern wie Passagier 23, Polit-Krimis wie Das München-Komplott oder Musikproduktionen wie Beat Club, aber auch in der Titelrolle des Kinderstücks Nils Holgersson seine enorme Vielseitigkeit unter Beweis gestellt. Sein erstes Solo fordert dem Träger des Gelsenkirchener Theaterpreises (2016 für Schaf) binnen schier atemloser 45 Minuten alles ab: Stehgreif-Comedy mit furioser Mimik und Gestik und vollem Körpereinsatz.

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Felix Sommer, der seinerzeit im Physik-Leistungskurs offenbar aufgepasst hat, setzt auf äußerst kurzweilige Unterhaltung: „Der inhaltliche Anteil ist bei uns so klein, dass man ohne jegliche Vorkenntnisse das Stück verstehen kann.“ Was im Grunde auch für die sprachliche Seite gilt: „Der englische Anteil“, so der Regisseur, „liegt bei etwa 35 bis 40 Prozent. Wichtig ist, dass die Kinder die ganze Geschichte verstehen können, auch wenn sie nicht jedes einzelne Fremdwort kennen.“ Emil Schwarz, der schwierige Vokabeln mit Gesten oder Grafiken untermalt, verblüfft als Schnellzeichner, der im nächsten Moment rastellihaft Requisiten quer durch den Klassenraum verteilt, wenn er nicht gerade wieder spontan auf Publikumsreaktionen eingeht oder Star-Wars-Ohrwürmer auf dem Synthesizer anklingen lässt. Eine so turbulente wie witzige Schulstunde vergeht trotz erheblichem Lerneffekt sprichwörtlich wie im Fluge.

| Autor: Pitt Herrmann
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