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Meisterklasse: Christoph Iacono, Stefanie Linnenberg (als Tenorschüler Anthony Candolino) und Hella-Birgit Mascus.

ENTFÄLLT!!! Meisterklasse im PRT

Maria Callas im Prinz Regent Theater Bochum

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„Wir sind hier um zu arbeiten“: Maria Callas (in Ovationsstärke gefeiert: Hella-Birgit Mascus), die 1923 in New York City als Maria Anna Sofia Cecilia Kalogeropoulou geborene griechischstämmige amerikanische Sopranistin, die Primadonna assoluta des 20. Jahrhunderts, deren Stimmumfang bis in das Dreigestrichene „f“ in Rossinis „Armida“ reichte, begeisterte einst mit ihrem Tonumfang von fast drei Oktaven die Welt. Nun ist sie von „ihrer“ Bühne, der Mailänder Scala, im Unfrieden geschieden und hat nach der Trennung von ihrer großen Liebe, der griechische Reeder Aristoteles Onassis heiratet 1968 die amerikanische Präsidentenwitwe Jacqueline Kennedy, ihre Stimme verloren.

Was bleibt der legendären Maria Callas nach dem abrupten Ende ihrer einzigartigen Bühnenkarriere, die im August 1944 im Athener Herodes Attika Theater mit ihrer ersten großen Titelpartie in Ludwig van Beethovens einziger Oper „Fidelio“ vor deutschen Wehrmachtssoldaten, den verhassten Besatzern der Heimat ihrer Eltern, begann? Sie gibt 1971 und 1972 ausgewählte Meisterklassen an der renommierten Julliard School in New York. Diese sind Ausgangssituation für den Zweiakter „Master Class“ des 1939 in St. Petersburg/Texas geborenen Journalisten und Dramatikers Terrence McNally. Uraufgeführt am 1. März 1995 zeigt das 1996 mit dem New Yorker Drama Desk Award und dem Tony Award ausgezeichnete Stück die Weltklasse-Sängerin gegen Ende ihres Lebens, wie sie mit Sofie de Palma, Anthony Candolino und Sharon Graham (alle Stefanie Linnenberg) drei junge Sänger zu unterrichten versucht.

Meisterklasse: Christoph Iacono und Hella-Birgit Mascus.

Die kaum mehr von dieser im eleganten Haute-Couture-Kostüm auftretenden Diva eingeschüchtert sind als ihr Klavierbegleiter Manny Weinstock (Artist in Residence am Prinz Regent Theater Bochum (PRT): Christoph Iacono). „Dies ist kein Ort für Trallala, dies ist eine Meisterklasse“: Maria Callas entpuppt sich einerseits als eine Perfektionistin, die extrem eitel, selbstbezogen und despotisch auftritt. Um alles soll sich der Pianist kümmern: Licht, Heizung, Sitzkissen und Fußbank. „Ich beiße nicht, ich belle“: Andererseits offenbart sie sich als eine im letzten Lebensabschnitt, Maria Callas stirbt 1977 in Paris, unter Einsamkeit Leidende, der im Leben nichts geschenkt worden ist und die am härtesten mit sich selbst ins Gericht geht. „Ich habe die Musik gelebt, gegessen und geschlafen“: Diese Selbstdisziplinierung und die Hartnäckigkeit, ja Brutalität bezüglich der Eigenwahrnehmung versucht sie ihren Schülern einzuimpfen – und überfordert manch' eher zart besaitete Seele.

Bei den Probestücken ihrer „Opfer“, „La sonnambula“ von Vincenzo Bellini, „Macbeth“ von Giuseppe Verdi und „Tosca“ von Giacomo Puccini, durchlebt „La Divina“ noch einmal entscheidende Stationen ihres Lebens. Wie sie in Athen das deutsche Wort „Mut“ verinnerlicht hat, ihre Karriere-Höhepunkte mit Victor de Sabata und Leonard Bernstein an der Mailänder Scala, aber auch ihre größten privaten Katastrophen: eine gewaltsam unterbrochene Schwangerschaft und die damit verbundene lebenslange Kinderlosigkeit sowie das Ende ihrer Ehe mit Aristoteles Onassis. In diesen hier von Originaltönen historischer Schallplattenaufnahmen unterlegten Monologen tritt die große Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung „der Callas“ und eigener Lebenswirklichkeit zutage.

Hans Dreher, der Intendant des Prinz Regent Theaters, macht keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Inszenierung der „Meisterklasse“, stehend gefeierte Premiere war am 8. Februar 2020, einen langgehegten Wunsch erfüllt hat: Während seines Studiums in München besuchte er 1996 in München die Deutschsprachige Erstaufführung am Bayerischen Staatsschauspiel und war fasziniert: Dass das dramatisierte Schicksal einer gealterten Operndiva ihn als 20-jähriger Student so beeindrucken würde, hatte er nicht erwartet. Die Besetzung des Fünfpersonenstücks ist eine Herausforderung zumal für eine Freie Bühne: eine starke Schauspielerpersönlichkeit mittleren Alters, ein schauspielerisch begabter Pianist sowie drei junge auch musikalisch geschulte Schauspieler. Hella-Birgit Mascus, die zuletzt 2014 am PRT als Helena in „Orest“ mitwirkte, darf ebenso als ideale Verkörperung „der Callas“ gelten wie der Bühnenkomponist und -musiker Christoph Iacono als Pianist – freilich mit deutlichen gesanglichen Abstrichen zu Beginn des zweiten Aktes bei „Maria“ aus Leonard Bernsteins Musical „West Side Story“.

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Darin ist ihm die junge PRT-Debutantin Stefanie Linnenberg, die gleich in alle drei Schüler-Rollen schlüpft, deutlich überlegen: Sie kann Sopran – und auch Tenor! Mit diesem überraschenden Besetzungscoup unterstreicht Hans Dreher die komödiantische Komponente seiner 140-minütigen Inszenierung, die – erstmals im Prinz Regent Theater – von einer Pause zwischen beiden Akten unterbrochen wird. Sie kommt natürlich auch der sehr mutigen Stefanie Linnenberg zugute, welcher Rabea Stadthaus schon sehr schrille Kostüme zumutet. Die vielseitige Bochumerin des Jahrgangs 1986, bisher vor allem am Wittener Jugendtheater Sonni Maier engagiert, überzeugt in einem recht abgewrackten Einheitsbühnenraum, der für den zweifelhaften Charme von Probebühnen selbst an sehr renommierten und entsprechend wohlhabenden Bühnen steht, für den der Regisseur zusammen mit Clara Eigeldinger verantwortlich zeichnet: da flossen durchaus eigene Erfahrungen ein.

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  • Freitag, 14. Februar 2020, um 19:30 Uhr
  • Samstag, 29. Februar 2020, um 19:30 Uhr
  • Freitag, 27. März 2020, um 19:30 Uhr
  • Samstag, 28. März 2020, um 19:30 Uhr
  • Sonntag, 29. März 2020, um 18 Uhr
  • Sonntag, 5. April 2020, um 18 Uhr
| Quelle: Pitt Herrmann