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In Deutschland gilt seit 1. Januar 2023 eine Mehrwegpflicht in der Gastronomie: Damit soll überflüssiger Müll der Vergangenheit angehören. Ein Marktcheck hat überprüft, wie das in Herne umgesetzt wird (Symbolbild).

Aktionsbündnis zeigt mit einem Marktcheck die aktuelle Umsetzung

Mehrwegpflicht: Gastronomie hat Nachholbedarf

Eigentlich ist es ganz klar: Seit 1. Januar 2023 gilt in Deutschland eine gesetzliche Mehrwegpflicht für alle gastronomischen Betriebe, die Essen oder Getränke zum Sofort-Verzehr anbieten. Darunter fallen beispielsweise Restaurants, Imbissbuden und Bäckereien. Diese müssen eine Alternative zu Einwegplastik anbieten – außer sie sind kleiner als 80 Quadratmeter und haben weniger als fünf Mitarbeiter. Die große Frage lautet: Halten sich Herner Gastronomen an diese Regelung?

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Dazu hat das Aktionsbündnis „Setzt die Segel: Stoppt die Plastikflut“, bestehend aus der Verbraucherzentrale, der Stadt, Entsorgung Herne sowie der Verein 'Project Blue Sea' einen Marktcheck absolviert. Unangekündigt wurden zufällig ausgewählte 32 Betriebe kontrolliert. Das Ergebnis lässt aufhorchen: Nur ein Betrieb hab alles perfekt umgesetzt, teilte Silke Gerstler von der Verbraucherzentrale Herne mit. Sie erläutert: „Der Großteil weiß nur halbherzig Bescheid, und dann auch meist nur der Chef und nicht das Personal.“

Nur drei haben ein Hinweisschild an der Tür

Zwölf der getesteten Betriebe haben demnach ein eigenes Mehrwegsystem oder eigene Behälter. 18 der 32 Lokale sind eindeutig größer als 80 Quadratmeter, jedoch haben nur drei davon ein Hinweisschild an der Tür. Hierzu sagt Gerstler als Anmerkung: „Dieses Hinweisschild ist für alle Betriebe Pflicht, da auch sie auf Wunsch Essen und Getränke in mitgebrachte Behälter abfüllen müssen.“ Neun der überprüften Geschäfte seien kleiner als 80 Quadratmeter. Ebenfalls bei neun Betrieben habe man keine eigenen Behälter zum Abfüllen mitbringen können.

Eine Kuriosität kann sie auch noch mitteilen: „In zwei Betrieben wird das Essen zunächst in Einwegbehälter gefüllt, welches die Kunden dann in eigene Mehrwegbehälter umfüllen sollen. Der Sinn von Mehrweg wird hier nicht verstanden.“

Von kurios bis perfekt alles dabei

Aber es gibt auch positive Aspekte: Plastiktüten seien mittlerweile fast ganz aus den Läden verschwunden, Plastikbesteck ebenso. Teilweise habe man auch erst mit dem Geschäftsführer telefonieren müssen, dieser habe dann auf Mehrwegbehälter, irgendwo auf einem Regal unter der Decke, hingewiesen. „Daher haben wir das Fazit: Es ist von kurios bis perfekt alles dabei“, so die Verbraucher-Expertin.

Die Stadt Herne mit dem Fachbereich Umwelt und Stadtplanung muss sich derweil damit beschäftigen, wie künftig Kontrollen ausfallen können. „Wir müssen das kontrollieren und umsetzen. Es ist auch wichtig, nicht erst zu reagieren, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern vorzusorgen und zu sensibilisieren“, sagt Abteilungsleiter Daniel Wirbals.

Das unterstreicht Mitarbeiter Philipp Große-Venhaus: „Wir müssen uns ordnungsrechtlich damit beschäftigen. Zunächst wollen wir Infoschreiben erstellen und allen Betrieben zusenden. Es ist wichtig, dass sie mitbekommen, dass es nicht freiwillig ist.“ Im Anschluss sollen dann zeitnah Kontrollen erfolgen: „Wir sind aktuell personell gut aufgestellt, von daher ist das gut zu bewältigen. Wer sich dann nicht daran hält, erhält ein Bußgeld.“

Pizzakartons dürfen vorerst bleiben

Übrigens: Wer jetzt denkt, in seiner Lieblingspizzeria künftig eine Alternative zu Pizzakartons mitbringen zu müssen, kann aufatmen. Diese sind bisher noch von der Regelung ausgeschlossen. Zu Hause gehören sie dann aber in den Restmüll und nicht ins Altpapier.

So sieht es teilweise an den Stränden aus - viel Plastikmüll landet dann noch im Meer und zersetzt sich, die Tiere leiden darunter.

Wie wichtig die richtige Entsorgung ist, macht Sascha Regmann vom Project Blue Sea deutlich: „An den deutschen Küsten finden wir immer noch viel Müll, darunter auch Styropor. Durch Clean-Ups an den Stränden, aber auch die Entfernung von Müll, die durch die Kurtaxen finanziert werden, sieht man davon gar nicht soviel.“ Dennoch würden beispielsweise Essensboxen, die im Meer in kleine Teile und daher Mikroplastik zerfallen, eine Gefahr für Tiere darstellen.

„Durchschnittlich liegen an den deutschen Ostseestränden 70 Müllteile, an der Nordsee sogar 389 auf 100 Meter Strand“, erläutert Regmann. Regelmäßig würden bei Aufräumaktionen Einweggeschirr, Styropor für den To-Go-Verzehr oder andere Lebensmittelverpackungen gefunden. Noch mehr Zahlen: Jede Stunde werden in Deutschland 520.000 Essensboxen, Menüschalen und Pizzakartons für den Außer-Haus-Konsum verbraucht. Das entspricht 4,5 Milliarden Essensboxen pro Jahr.

Tester aus Herne und Wanne gesucht

Damit dieser Verbrauch sinkt, möchte Entsorgung Herne mithelfen. Deshalb sind Herner Bürger ausdrücklich zum Testen aufgerufen. Entsorgung Herne hat 25 Mehrweg-Menüschalen und 25 Mehrweg-Sets (je eine Burger-Box und ein Suppentöpfchen) angeschafft. Es werden 50 Tester gesucht (25 aus Herne, 25 aus Wanne), die mindestens zwei Mal bei Herner Gastrobetrieben ihrer Wahl Essen kaufen, das dort in in das Mehrweggeschirr eingefüllt werden soll.

Wer Lust hat, als Tester beim Marktcheck mitzumachen, kann sich von Donnerstag bis Dienstag, 20. bis 25. Juli 2023, unter der Mailadresse barbara.nickel@entsorgung.herne.de bewerben. Die Bewerbung gilt für jeweils eine Person, es müssen Name, Vorname und das Testgebiet (Herne oder Wanne) angegeben werden. Zudem muss man angeben, ob man die Menüschale oder das Mehrweg-Set haben möchte. Außerdem muss der Abholort (ab Donnerstag, 27. Juli 2023) gewählt werden: Servicecenter Entsorgung Herne, Südstraße 10, oder Verbraucherzentrale Herne, Freiligrathstraße 12.

Die Testphase läuft dann von Montag bis Montag, 7. bis 21. August 2023. Zwei Mal muss man dann Essen in das Mehrweggeschirr füllen. Die Teilnehmer verpflichten sich einen beiliegenden Fragebogen auszufüllen und diesen bis Dienstag, 22. August 2023, zurückzugeben. Als „Dankeschön“ können die Teilnehmer dann ihr neues Mehrweggeschirr behalten.

So sehen die Mehrweg-Menüschalen (rechts) und die Mehrweg-Sets (vorne und links, bestehend aus Suppentöpfchen und Burger-Box) aus, die Entsorgung Herne zum Testen bereitstellt.
| Autor: Marcel Gruteser
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