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Jogginganzug kostet nach 22 Jahren den Job

Der Puppenwagen samt dazugehöriger Puppe lag am 5. November 2020 gegen 13 Uhr auf dem Kassenband einer Lidl-Filiale und wurde von einer Lidl-Kassiererin, die eine dreiviertel Stunde später Schichtbeginn hatte, auch bezahlt. Auf dem Boden des Kassenbereichs soll aber noch ein Karton gestanden haben, in dem sich ein Jogginganzug von Adidas befand, der an jenem Donnerstag mit Nachlass als Aktionsware angeboten wurde Und diesen Karton schob die Frau mit dem Fuß durch den Kassenbereich, übergab alles dann ihrem auf dem Parkplatz wartenden Ehemann, der damit nach Hause fuhr. Eine Kollegin, die den Anzug für sich reserviert hatte, vermisste das Teil anschließend im Lager und brachte so den Stein ins Rollen.

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Der daraufhin angerufene Ehemann, der sich zuhause schon über den Jogginganzug gewundert hatte, brachte das Teil anschließend wieder ins Geschäft zurück. Gleichwohl erhielt die Frau vier Tage später die fristlose Kündigung und zog mit Rechtsanwalt Dr. Dieter Kuhlmann vor das Herner Arbeitsgericht. Der Klägeranwalt vermisste „bis heute die Gründe für die Kündigung,“ wie er jetzt vor Arbeitsgerichtsdirektor Dr. Dewender Position für seine nicht anwesende Mandantin bezog und damit den „dringenden Tatverdacht“ von Lidl-Anwältin Meyer-Rudel und Verkaufsleiter Sebastian Busse in Zweifel zog.

Richter Dr. Dewender schloss ebenfalls nicht aus, dass „es sich hier möglicherweise um eine falsche Zuordnung der Ware“ in Verbindung mit Puppe und Puppenwagen gehandelt haben könnte. Gleichwohl sei das Vertrauen der Arbeitgeberseite in eine Mitarbeiterin, immerhin langjährige Kassiererin in einer Vertrauensstellung, wohl erschüttert, gab der Richter zu bedenken und stellte deshalb eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Vergleichsbasis in den Raum.

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Dazu hatte Klägeranwalt Dr. Kuhlmann auch klare Vorstellungen: Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf der Basis eines Monatsgehalts von 2.200 Euro brutto zum 31. Mai 2021 mit Freistellung bis dahin und sechs Monatsgehälter als Abfindung. Das war den Herner Lidl-Vertretern entschieden zu viel: Freistellung bei Weiterzahlung der Bezüge bis Ende Mai ja aber keine 13.200 Euro Abfindung, zogen sie die Grenzen ihrer Vergleichsbereitschaft. Jetzt muss die Kammer von Gerichtsdirektor Dr. Dewender Ende Februar entscheiden. (AZ 4 Ca 2164/20)

| Autor: Helge Kondring