
Faszinierendes Porträt einer Pop-Legende
'Googoosh - Made of fire'
Faegheh Atashin, am 7. Mai 1949 in Teheran in eine persisch-armenische Artistenfamilie geboren, war schon als Zehnjährige ein Kinderstar und wurde mehrfach zu Feierlichkeiten der Schah-Familie eingeladen. Unter ihrem zum Künstlernamen gewordenen väterlichen Rufnamen Googoosh stieg sie rasch zur strahlenden Pop-Ikone und gefeierten Schauspielerin auf und trat in den 1970er Jahren in Europa und den USA auf. Ihr einzigartiger Gesangsstil, der persische Poesie mit Blues, Jazz, Rock und Disco vereint, katapultierte sie in Live-Auftritten an die Seite westlicher Megastars wie Tina Turner und Ray Charles.
Die islamische Revolution 1979 setzte all‘ dem ein abruptes Ende. Unter Ajatollah Chomeini wurde aus der lebendigen, westlich orientierten Großstadt, die in Dokumentaraufnahmen aus den 1950er Jahren wieder auflebt, ein für jegliche Kulturausübung totes Gebilde, in der bis heute die Sittenpolizei regiert, welche Googoosh 27 Tage lang im Gefängnis verhörte und schließlich 21 Jahre unter Hausarrest stellte. Was ihrer Popularität im eigenen Land keinen Abbruch tat, im Gegenteil: Cassetten mit alten Aufnahmen sowie Neuproduktionen von Exil-Iranern befeuern einen regen Schwarzhandel.
Sinnbild des Nicht-Aufgebens
So erfuhr auch die 1978 im Iran geborene Regisseurin und Produzentin Niloufar Taghizadeh, die seit 1996 in Deutschland lebt, von der Ikone ihrer (Groß-) Eltern und beschloss, der inzwischen im Exil lebenden Künstlerin zu ihrem 75. Geburtstag das Geschenk eines Dokumentarfilms zu machen – für sie „und alle Künstler, die Opfer von Diktaturen sind. Ihr erhellt den Weg“ heißt es im Abspann. „Googoosh - Made of fire“, am 14. Juni 2024 beim Sheffield International Documentary Festival uraufgeführt, zeigt sie als ein Sinnbild des Nicht-Aufgebens und der Lebendigkeit einer Künstlerin, die sich stets gegen die Unterdrückung der Frau eingesetzt hat. So als „die Tochter Irans“ vorgestellt bei einer Demonstration vor dem Capitol in Washington nach der Ermordung der kurdischen Iranerin Jina Mahsa Amini am 16. September 2022 in Teheran.

„Was soll ich singen?“ Googoosh steht im gleichen Monat in der völlig überbuchten Jahrhunderthalle Frankfurt/Main erstaunt und überwältigt zugleich vor einem begeisterten, durch Handy-Lichter funkelnden Auditorium vor allem ganz junger Menschen, die sie nur aus Erzählungen ihrer Eltern kennen können – und die doch jede Zeile ihrer Lieder mitsingen. Ein überwältigender Eindruck auch im Kinosessel, dem noch ein nicht minder bewegender folgt: Googooshs erster Auftritt nach 21 Jahren Stille im Jahr 2000 vor 18.000 Zuschauern im Air Canada Center in Toronto. Die Musik holt die Erinnerungen der älteren Konzertbesucher, die sie im Iran zurücklassen mussten, zurück. Und die zahlreichen 15- und 16-Jährigen im Publikum haben diese Erinnerungen offenbar „geerbt“. Hier ist die große Leinwand gefragt und nicht der Bildschirm der koproduzierenden Sender ZDF und Arte.
Kein Blatt vor dem Mund
Faegheh Atashin (deutsche Stimme: Iris Berben) nimmt im 95-minütigen Spielfilm kein Blatt vor den Mund, schildert ihre Gewalterfahrungen im Elternhaus und mit ihrem ersten Gatten, dem Teheraner Clubbesitzer Mahmoud Ghorbani. In seinem Cabaret Miami waren Künstler aus aller Welt aufgetreten und hier wurde der Produzent Eddie Barclay auf Googoosh aufmerksam, der erste Tourneen nach Italien und Frankreich organisierte.
Niloufar Taghizadeh ist ein Film gelungen, der tiefe Einblicke in die aufregende persönliche Geschichte ihrer in zweiter Ehe mit dem inzwischen ebenfalls in den USA lebenden iranischen Filmstar Behrouz Vossoughi verheirateten Protagonistin ermöglicht. Googooshs Sohn Kambiz und Enkeltochter Mya schauen ebenso in Los Angeles vorbei wie ihr alter Wegbegleiter Aref Arefkin. Die Dokumentation will aber mehr, erinnert etwa an den in seiner Bonner Wohnung ermordeten Moderator und Sänger Fereydom Farrohkzad, an die mit 43 Jahren im Exil gestorbene Sängerin Hayedeh oder den in Teheran lebenden, mit Berufsverbot belegten Filmstar Pouri Banai. Schließlich auch an die Opfer der „Grünen Bewegung“ 2009 wie die 13-jährige Nike Shakarimi, die 22-jährige Hadis Najafi und die 26-jähtige Neda Agha-Soltan.
„Googoosh – Made of fire“ ist das intime Porträt einer weltweit gefeierten Pop-Ikone und gleichzeitig ein vielschichtiges historisches und kulturelles Zeugnis des Iran. Der 95-minütige Film startet am Donnerstagm 10. Oktober 2024 in den Kinos. Leider nur am Rand des Ruhrgebiets, so im Metropol Düsseldorf, im Odeon Köln und im Cinema Münster. Er lohnt die weite Anreise!
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- Donnerstag, 10. Oktober 2024