Eilverfahren rettet Betriebsratswahl
Recklinghausen/Herne. Ein Arbeitgeber, der erst kurz vor einer Betriebsratswahl dem Wahlvorstand mitteilt, dass sein Aufsichtsrat vor fast einem Jahr die Senkung der Belegschaftsstärke als Konsolidierungs-Maßnahme beschlossen habe und damit noch im letzten Moment Einfluss auf die Zahl der zu wählenden Arbeitnehmervertreter nehmen will, kann bei einer gerichtlichen Überprüfung schon mal leer ausgehen.
So erging es jetzt der Wohnungsgesellschaft Recklinghausen mbH, die als hundertprozentige Tochter der Stadt am Freitag (3.4.2014) beim Arbeitsgericht Herne im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt hatte, die vom Wahlvorstand für Donnerstag (10. April) angesetzte Wahl für nichtig zu erklären. Der Grund dieses von Rechtsanwalt Thomas Reddemann und Prokurist Marc-Oliver Fichter vor der Kammer von Richterin Marlies Rohkämper-Malinowski vertretenen Antrags sei die Tatsache, dass am Tage (19. März) des Erlasses des Wahlausschreibens nur noch 19 wahlberechtigte Arbeitnehmer einschließlich Azubis vorhanden gewesen wären. Und damit wäre lediglich die Wahl eines Betriebsobmanns möglich.
Der Wahlvorstand habe jedoch "nicht uneigennützig" die Wahl von drei Betriebsräten vorbereitet. Und drei Mitglieder hatte der bisher von Anneliese Kluge geführte Betriebsrat seit 2010, weil es bei der letzten Wahl 23 Wahlberechtigte gegeben habe. Wahlvorstands-Vorsitzender Holger Schenk und Rechtsanwalt Bernd Riepenhoff konterten diesen Vortrag mit den Hinweisen, dass beispielsweise die Betriebsrats-Vorsitzende bis zum 25. März von einem Beschluss der Geschäftsleitung zum Stellenabbau keine Kenntnis gehabt habe und der Wahlvorstand auch von einer Aufstockung der Belegschaft auf über 20 ausgehen musste.
"Unzutreffend sei," so der Anwalt des Wahlvorstands, "dass von Seiten des Arbeitgebers eindeutig kommuniziert worden sei, dass die Belegschaftsstärke dauerhaft auf unter 20 Personen abgesenkt werde. Weder Betriebsrat noch Belegschaft seien über konkrete Planungen informiert worden. "Selbst auf einer der wenigen Betriebsversammlungen, als es um Konsolidierungs-Maßnahmen ging, hätten die Mitarbeiter auf konkrete Fragen keine Zahlen genannt bekommen." Und das, obwohl die Betriebsrats-Vorsitzende in solche Personalplanungen einzubeziehen gewesen wäre.
Das Arbeitsgericht wies in einem 18-seitigen Eilbeschluss den Antrag der Wohnungsgesellschaft ab. Eingriffs-Möglichkeiten in Betriebsratswahlen "als solche" beschreibe das Betriebsverfassungs-Gesetz "ausdrücklich nicht, sondern verweise auf die Anfechtung einer Wahl nach Verkündung des Wahlergebnisses." Der Arbeitgeber würde mit einem erfolgreichen Unterlassungsantrag wegen "voraussichtlicher Anfechtbarkeit", obwohl gesetzlich nicht geregelt, mehr erreichen als mit der gesetzlich vorgesehenen Wahlanfechtung, die nach § 19,1 der Betriebsverfassung auch keine rückwirkende Kraft hat, sondern nur für die Zukunft bis zum rechtskräftigen Abschluss des Wahlanfechtungsverfahrens wirkt.
"Auf dieser Grundlage ist zudem anerkannt, dass die Wahl eines zu großen Betriebsrats als Folge der Annahme einer zu großen Belegschaft grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit sondern lediglich zur Anfechtbarkeit der Wahl" führe, verweist die Herner Kammer dazu auf einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Erfurt in mehreren Fällen.
Im konkreten Fall sei außerdem noch bedenken, dass sich die Größe des Betriebsrats zahlenmäßig nach der "in der Regel" wahlberechtigten Arbeitnehmer des Betriebes bestimmt. Und das waren beispielsweise von 2010 bis Ende 2013 noch über 20. Und so konnte bei der Wohnungsgesellschaft Recklinghausen am Donnerstag ein dreiköpfiger Betriebsrat gewählt werden.
Vorsitzende wurde wieder Anneliese Kluge, und ihre beiden mit gleicher Stimmenzahl gewählten Mitstreiter sind Holger Schenk und Krzysztof Rajewicz. Ob die Gesellschaft unter Führung der beiden städtischen Beigeordneten Georg Möllers und Dietmar Schwetlick das Ergebnis akzeptiert oder wieder vor Gericht zieht, ist noch offen. (AZ 1 BVGa 5/14)