
Premiere mit vier Herner Spielkindern
Dritter Ralf Rothmann-Weg
Am Samstag, 12. Juli 2025, feiert der dritte, „Overhausen“ genannte Ralf Rothmann-Weg Premiere in Anwesenheit der vier „Herner Spielkinder“ Jenny Ewers, Maja, Nils und Till Beckmann. Treffpunkt ist um 14 Uhr der Bahnhof Sterkrade, die Teilnahme ist kostenlos und eine Anmeldung nicht erforderlich. Aber: Ein Smartphone, mit dem QR-Codes gescannt werden können, und möglichst gute Kopfhörer sollten mitgebracht werden.
Die dritte Route schließt als großes Finale die vierjährige Arbeit an den Ralf Rothmann- Wegen ab: Die Audio-Tour führt in sieben Hörspiel-Stationen auf verschlungenen Pfaden vom Bahnhof Oberhausen-Sterkrade bis hoch auf den Gipfel der Halde Haniel, von wo aus die Teilnehmer das ganze Romanland des im Ortsteil Tackenberg gebürtigen Oberhauseners Ralf Rothmann überblicken können.
Wie alles begann
Die Auseinandersetzung der Herner Spielkinder mit dem 1953 in Schleswig geboren, aber noch als Kind mit der Familie nach Oberhausen gekommenen Bergmannssohn Ralf Rothmann begann vor vielen Jahren mit Bühnenprogrammen zu den vier Ruhrgebiets-Romanen „Stier (1991), „Wäldernacht“ (1994), „Milch und Kohle (2000)“ und „Junges Licht“ (2004). Nils und Till Beckmann adaptierten Letzteren für Adolf Winkelmanns gleichnamigen Spielfilm mit Charly Hübner und Lina Beckmann, der 2016 in die Kinos kam. Schließlich hat Till Beckmann, der nun in Köln lebt, wo er am Comedia-Theater tätig ist, an dem der Herner Kohlenpott-Theatermacher Frank Hörner regelmäßig inszeniert, „Milch und Kohle“ für das Theater Oberhausen dramatisiert. Eine Fassung, mit dem der seit 1976 in Berlin lebende Ralf Rothmann am Premierenabend des 20. September 2024 sichtlich zufrieden war.
Kindheit und Jugend

Die erste Route zu Kindheit und Jugend Rothmanns beginnt an der Schule am Siedlerweg, Siedlerweg 30, und endet am Siedlerkrug, Schwarzwaldstraße 30. An sechs Stationen am Tackenberg verwandeln sich die bekannten Straßen und Plätze ins Ruhrgebiet der 1960er und 1970er Jahre – wo man zusammen mit Rothmanns Heldinnen und Helden den Maggi-Duft aus der Nachbarwohnung schnuppert, gemeinsam die Beichte ablegt und auf dem Spielplatz die erste Zigarette raucht. Dazu gibt’s akustische Auszüge aus Ralf Rothmanns Ruhrgebietsromanen „Wäldernacht“, „Milch und Kohle“ und „Junges Licht“, alle im Suhrkamp Verlag erschienen.
Jugend und erste Schritte
Die zweite Route beginnt am Eingang der Sterkrader Heide auf der Herzogstraße (zwischen Haus-Nr. 95c und 105) und endet am ehemaligen Bistro „180° Einzigartig“ an der Herzogstraße 49-51, das wie viele andere Diskotheken und Kneipen aus den Romanen nicht mehr existiert. In sechs Stationen begleiten die Literatur-Wanderer die Rothmannschen Figuren bei ihrer Suche nach einem Platz im Leben, ihren kleinen und großen Rebellionen gegen die „desinfizierten Pantoffelspießer“ und dem Formulieren einer Gegenkultur. Sie wollen ihr Herkunftsmilieu hinter sich lassen, wissen aber nicht recht wohin. Die akustischen Auszüge stammen aus Rothmanns Ruhrgebietsromanen „Milch und Kohle“, „Stier“ und „Junges Licht“.
Allerseelen: Rückschau auf das Ruhrgebiet
Start der dritten Route ist das Schild mit besagtem QR-Code an einem Baum gegenüber der Hausnummer 6 in der Straße Zur Post zwischen Bahnhof Sterkrade und altem Postamt (Arnold-Rademacher-Platz). Auf den sieben Stationen der dritten Route lernen die Teilnehmer die Heldinnen und Helden aus den Romanen „Wäldernacht“, „Flieh, mein Freund“, „Im Frühling sterben“ und „Die Nacht unterm Schnee“ kennen. Sie sitzen mit beim Optiker, besuchen die traditionsreiche Fronleichnamskirmes, kehren auf dem Friedhof in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurück, tanzen im Kaiserhof, verbringen eine Nacht im Zelt und schwitzen in Stollen, tief unter der Erde.
Wer mag, kann die Tour komplett zu Fuß bewältigen. Sie führt von der Innenstadt durch Wohngebiete, über Autobahnbrücken, an Schrebergärten entlang, auf verschlungenen Pfaden durch unerwartetes Heideland bis hoch auf den Gipfel der Halde Haniel. Die rund sechs Kilometer lange Wegstrecke kann auch mit dem Rad bewältigt werden, Teilstrecken auch mit dem Linienbus.

Der Clou aller drei jeweils etwa einstündigen Touren, die rund um die Uhr erlebbar sind, ist, dass die Besucherinnen und Besucher die Hörspiele nur vor Ort hören können, wenn sie die Strecke der Audio-Touren zurücklegen. Die Beschilderung und die Wege werden vom Literaturhaus Oberhausen in Schuss gehalten und sind ganzjährig zugänglich.
Poetischer Raum Ruhrgebiet
Ralf Rothmann zeigte sich begeistert über Jenny Ewerts und Till Beckmanns „Hörstücke, in denen Ihr eine ganz eigene Welt kreiert, atmosphärisch überzeugend und zauberhaft schön, und wieder einmal, wie bei Euren Bearbeitungen zuvor, vergaß ich, dass ich der Autor bin. Die klugen Zusammenfassungen und Einleitungen, die raumschaffenden Hintergrundgeräusche und Eure beeindruckenden Stimmen, in denen so viele Dimensionen des Humanen anklingen, das hat mich einfach nur entzückt.“ Und: „Eure einfühlsame Ausgestaltung ruft in Erinnerung, was unser olles Ruhrgebiet bei allen Fragwürdigkeiten ja immer auch war: ein poetischer Raum.“