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Periodenprodukte sollen bald kostenfrei angeboten werden, forderten die Grünen.

Testphase für kostenfreie Bereitstellung von Menstruationsartikeln

Die Periode soll kein Tabuthema mehr sein

Die Periode ist immer noch ein Tabuthema. In vielen Teilen der Welt gehen Mädchen, während sie menstruieren, nicht zur Schule. Der Grund sind fehlende Menstruationsartikel und Scham. Auch in Deutschland gibt es nur in wenigen Städten eine kostenfreie Bereitstellung von Menstruationsartikeln. Laut einer britischen Studie gebe eine Menstruierende rund 20.000 Euro in ihrem Leben für alle Produkte, die mit der Periode zusammenhängen, aus. Geld für diese Produkte regelmäßig aufzubringen, ist für viele von Armut bedrohten jungen Mädchen und Frauen schwer.

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Aus diesem Grund hat die Ratsfraktion der Grünen Herne im Juni 2021 einen Antrag in den Rat der Stadt eingebracht, der besagte, dass kostenlose Menstruationsartikel in Schulen und Bürgerämtern zur Verfügung gestellt werden sollen (halloherne berichtete). Im Rat wurde entschieden, dass ein Konzept zur Umsetzung dieses Antrages entwickelt werden soll.

Nun kündigte die Stadt in einer Vorlage für die Ratssitzung (halloherne berichtete) am Dienstag, 30. November 2021, an, dass zunächst ein zwölfmonatiges Modellprojekt starten soll. Dieses Projekt sieht vor, in den Mädchen- und Damen-Toiletten von sieben Herner Schulen, unter anderem der Hauptschule Hans-Tilkowski und dem Haranni Gymnasium, kostenlose Tampons und Binden bereitzustellen.

halloherne sprach mit Anna Schwabe, jugendpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion, bereits vor der Entscheidung, diesen Tagesordnungspunkt aufzunehmen, über den Antrag und ihre Intention.

Schritt in Richtung Gleichberechtigung

„Die Periode ist immer noch Tabuthema. Dieses wollen wir aufbrechen und damit einen Schritt in Richtung Gleichberechtigung gehen", so Anna Schwabe. Inspiriert wurde Schwabe unter anderem von einem Pilotprojekt der Stadt Hamm, das seit März 2021 zunächst Automaten mit kostenlosen Tampons und Binden in Schulen aufstellte.

Anna Schwabe, jugendpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion.

„Außerdem war das Thema Periode zu diesem Zeitpunkt durch die Sendung Die Höhle der Löwen in die Öffentlichkeit gerückt, weil zwei Männer pinke Einmal-Handschuhe 'erfunden' haben, mit denen Periodenprodukte entsorgt werden sollten. Das fand ich wie viele Frauen ganz schrecklich", sagt Schwabe. Für sie sei es auch wichtig, gerade in einer von Armut bedrohten Stadt wie Herne jungen Mädchen und Frauen ein kostenloses Angebot zur Verfügung zu stellen.

Zustimmung im Rat

So habe sie dann mit ihrer Ratsfraktion über ihren Antrag gesprochen und breite Zustimmung erhalten. Gemeinsam mit Fabian May, schulpolitischer Sprecher der Herner Grünen, habe sie dann den Antrag für die Ratssitzung angefertigt. Danach stellte ihn Anna Schwabe direkt in ihrer ersten Ratssitzung als Stadtverordnete vor: „Ich war wirklich überrascht, dass der Antrag so positiv angenommen wurde, denn wir sind ja nicht gerade der jüngste und weiblichste Rat."

Überhaupt freue sie sich, dass das Thema Menstruation an Stigmatisierung verliere. „Ich finde es wichtig, wenn kostenlose Menstruationsartikel in Schulen bereitgestellt werden. Denn denken wir nur an unsere eigene Schulzeit. Mir wäre es, wie sicherlich vielen anderen Mädchen auch peinlich gewesen, den männlichen Sekretär in der Schule nach einem Tampon zu fragen. Da ist es gut, wenn Periodenartikel ausliegen und Menstruierende nicht in so eine Situation kommen müssen", berichtet die jugendpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion.

Weiter führt sie aus: „Andere Länder sind in Sachen Periode auch schon weiter. Als ich eine Freundin, die damals gerade ein Auslandsjahr in Wales machte, besuchte, gab es mitten in der Uni Automaten mit kostenlosen Tampons und Binden. Das war schon richtig fortschrittlich. Umso toller ist es doch, dass sich jetzt Länder untereinander inspirieren und versuchen, das Tabuthema Menstruation aufzubrechen, sodass sich auch hier etwas in Sachen Gleichberechtigung tut."

Normalisierung der Periode

Sabine Schirmer-Klug, Leiterin der Gleichstellungsstelle Herne.

Auf Nachfrage von halloherne erläutert die Leiterin vom Büro für Gleichstellung und Vielfalt, Sabine Schirmer-Klug, im Vorfeld der Bekanntgabe des neuen Tagesordnungspunktes, dass auch sie solch eine Bereitstellung von Periodenprodukten befürworten würde: „Damit wird ein stückweit das Tabu rund um das Thema Periode aufgebrochen und es trägt zur Normalisierung des Themas Menstruations bei."

Weiter führt sie aus: „Die Blutung ist ein normaler biologischer Vorgang für den selbstverständlich Hygieneprodukte niederschwellig zugänglich sein sollten."

Periode geht ins Geld

Auch führt sie an, dass besonders junge Frauen Schwierigkeiten haben, Geld für die Periodenprodukte aufzubringen. Dazu bezog sie sich auf eine Umfrage der Universität Passau, bei der 20 Prozent der befragten Frauen angaben, dass sie die Kosten für solche Produkte belasten. Mittlerweile habe die Uni Passau Automaten mit kostenlosen Tampons und Binden aufgestellt. Auch finden sich solche Automaten an den Universitäten Regensburg und Flensburg.

„Es sind im Schnitt fünf bis sieben Tage, an denen Menstruierende die Produkte brauchen und jede Menstruierende weiß, es werden deutlich mehr als ein Tampon oder eine Binde gebraucht und das ist natürlich auch eine finanzielle Frage. Gerade wenn man bedenkt, dass der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen immer noch bei 19 Prozent liegt", so Schirmer-Klug.

Außerdem sei das Thema Periode gerade bei jungen Mädchen auch noch mit Scham behaftet. „Besonders in jungen Jahren kommt die Regel noch unregelmäßig und ist wenig planbar. Wenn man dann keine Produkte zur Verfügung hat, ist es unangenehm, insbesondere wenn man zum Beispiel im Schulsekretariat nach einer Binde oder einem Tampon fragen muss", so die Leiterin vom Büro für Gleichstellung und Vielfalt weiter.

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Abschließend führt sie aus: „Die Aufstellung von Automaten mit kostenlosen Periodenprodukten trägt neben der Ermöglichung von sozialer Teilhabe auch zu einem normalen Umgang mit dem Thema Menstruation bei."

| Autor: Julia Blesgen