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Putzmosaik mit einem Thema aus der griechischen Mythologie des Kunstmalers Edmund Schuitz.

Hallenbad-Putzmosaike von Edmund Schuitz

Die Kunst kann weg

Im Zusammenhang mit dem Bürgerbegehren „Für das Hallenbad-Eickel“ sind die beiden großen Putzmosaiken von Edmund Schuitz an der Stirnwand der 1953/54 errichteten Schwimmhalle, die Amphitrite als Meernymphe und Poseidon, den Gott des Meeres, zeigen, in den Fokus der Herner Stadtverwaltung geraten. Die Frage: „Ist das Kunst oder kann das weg?“ wurde von der Verwaltung offenbar in Einklang mit dem Leiter des Emschertalmuseums Herne, Dr. Doetzer-Berweger, mit „Kein Erhaltungswert - kann weg“ beantwortet.

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Ingeborg Müller-Schuitz bei der Buchpräsentation - Vater, Mutter, Kunst und Kind.

Die Tochter des Wanne-Eickeler Künstlers, Ingeborg Müller-Schuitz: „1933 hat mein Vater Edmund Schuitz (1913 – 1992) Deutschland verlassen, nachdem seine Bilder für eine Ausstellung durch den Polizeipräsidenten genehmigt werden mussten. 89 Jahre später wird wieder hinter verschlossenen Türen der Verwaltung über die Wertigkeit seiner Arbeit entschieden.“

Am 12. September 2022 endete das Bürgerbegehren zum Erhalt des Eickeler Hallenbades, die erforderliche Stimmzahl wurde nicht nur erreicht, sondern noch übertroffen (halloherne berichtete). Dem Kultur- und Bildungsausschuss der Stadt Herne liegen für seine nächste Sitzung am 22. September 2022, die um 16 Uhr in den Flottmannhallen beginnt, eine Anfrage und ein Beschlussvorschlag der Fraktion „Die LINKE.“ vor.

'Denkmalwert wissenschaftlich und baugeschichtlich begründet'

In der ersten geht es generell um die Frage des Denkmalschutzes, nachdem Dr. Hanke von der Abteilung Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe Mitte April 2018 der Stadt Herne mitgeteilt hatte, dass beabsichtigt ist, das Hallenbad Eickel unter Denkmalschutz zu stellen. Mitte Juni setzte die untere Denkmalbehörde der Stadt Herne Herrn Dr. Klee darüber in Kenntnis, u.a. mit dem Hinweis, dass der Denkmalwert wissenschaftlich und baugeschichtlich begründet sei. Den vorhandenen Denkmalwert wiederholte die untere Denkmalbehörde noch im September 2018 in einer Mitteilung an den Eigenbetrieb Bäder. Wörtlich: „… als Denkmalwert zu benennen [sind] insbesondere die beiden Mosaikbilder in der Stirnwand.“

Ungehorsam gegen Denkmalschutz

Als Erwiderung auf die Mitteilung der unteren Denkmalbehörde schlug daraufhin, so der Text der Anfrage, ein Mitarbeiter aus dem Dezernat II vor, „gemeinsam in einem Termin alle Möglichkeiten zur Verhinderung der Unterschutzstellung zu erörtern. Dies sollte auch eine Eskalation gegenüber den Denkmalbehörden beinhalten. Der RP (Regierungspräsident, Anm. der Redaktion) kann nicht einerseits die Knute der Haushaltssanierung schwingen und eine finanzschwache Stadt wie Herne andrerseits durch eine andere Abteilung in unabsehbare Kostenrisiken zu stürzen. Wir sollen „Ungehorsam“ zeigen und artikulieren.“

Zwei Monate später, im August 2018, schrieb Herr Wixfort dem Landschaftsverband, dass dem Hallenbad Eickel Denkmaleigenschaft fehle. Wörtlich: „Lediglich für die erhaltenen Wandmosaiken besteht ein gewisser Erhaltungswert, der aber aus Sicht der Denkmalbehörde keinen Denkmalwert begründen würde.“ Anfang Oktober 2018 teilte die Verwaltung in der Bezirksvertretung Eickel dann mit, dass „die denkmalrechtliche Prüfung und Bewertung durch die Untere Denkmalbehörde“ noch ausstehe.“

Mosaik im Hallenbad Wanne-Eickel

Fragenkatalog

Die Fraktion „Die Linke“ bittet die Verwaltung um die Beantwortung folgender Fragen: Wer hat die fachliche Qualifikation in der Stadtverwaltung, um zu bewerten, ob ein Objekt Denkmalwürdig ist oder nicht? Werden bei der Prüfung und Bewertung von Denkmalwürdigkeit von Objekten externe Gutachten eingeholt bzw. externer Rat zu Hilfe gezogen? Wie erklärt sich der Widerspruch zwischen der Aussage von Herrn Wixfort dem LWL gegenüber mit der Mitteilung der Verwaltung zwei Monate später? Warum wurde der Kultur- und Bildungsausschuss nicht an dem Entscheidungsprozess „Denkmalschutz Hallenbad“ beteiligt, obwohl dies die Zuständigkeitsordnung der Stadt Herne ausdrücklich festlegt?

Schuitz-Mosaiken

In der Sitzung des Kultur- und Bildungsausschusses am 10. Mai 2022 teilte der Leiter des Emschertalmuseums Herne, Dr. Doetzer-Berweger, auf Anfrage der SPD-Fraktion zu den Mosaiken von Edmund Schuitz im Hallenbad Eickel mit: „Die Rolle von Edmund Schuitz im Nationalsozialismus ist kritisch zu betrachten, da (…) eine NSDAP-Mitgliedschaft 1936-1945 klar nachgewiesen ist. Ebenso nachgewiesen sind dort Mitgliedschaften im faschistischen italienischen Studentenbund „Giovanni Universitari Fascisti Roma“ 1934-1936 und in der „Deutschen Arbeitsfront“ DAF 1936-1945.“

Im August 2018 hat Dr. Hans H. Hanke, Historiker, Denkmalpfleger und Lehrbeauftragter an der Ruhr-Universität Bochum, in Abstimmung mit Klaus Kösters, Kunsthistoriker, Museumspädagoge und ehemaliger wissenschaftlicher Referent im Museumsamt für Westfalen sowie Prof. Dr. Roland Günter, Hochschullehrer, Schriftsteller und ehemaliger Vorstand des Deutschen Werkbunds Nordrhein-Westfalen, auf elf Seiten eine umfangreiche Stellungnahme verfasst, die Doetzer-Berwegers Argumentation ad absurdum führt.

„Festzuhalten bleibt also, dass die Kunstauffassung und das Kunstschaffen des Edmund Schuitz viele Anhaltspunkte besitzen, die im Gegensatz zur NS-Kunst und damit zur NS-Politik stehen“ heißt es darin. Und: „Fasst man also die Zeit von Edmund Schuitz 1933 bis 1945 zusammen, zeigt sich deutlich, dass seine überlieferten Tätigkeiten in Rom keinen Rückschluss auf rechte Aktivitäten und damit auf eine NS-konforme Gesinnung zulassen. Sein Beitritt zur NSDAP aus Italien kann nach allen vorliegenden Informationen nicht als Beweis einer NS-Gesinnung gewertet werden. Vieles – nicht zuletzt die aufgezeigten Vergleichsbiographien - spricht im Gegenteil dafür, dass die Mitgliedschaft aus einer vom NS-Staat aufgezwungenen Notwehr heraus vollzogen wurde.“

Bestandsaufnahme

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Für eine objektive Bewertung von Künstlern und Kunst sei es „zwingend notwendig, das gesamte Werk und die Gesamtbiographie zu betrachten und zu analysieren“ so der Begleittext zum Beschlussvorschlag im Kulturausschuß: „Dies gilt für alle Künstlerinnen und Künstler die im Herner Stadtbild bzw. in Museen zu sehen sind. Neben Edmund Schuitz sei exemplarisch der Bildhauer Wilhelm Braun (1880 – 1945) genannt, der 1934 die systemkonforme und von der Gauleitung regulierte ‚Gilde werktätiger Künstler Wanne-Eickel‘ leitete und seit circa 1935 Mitglied der NS-Reichskammer der Bildenden Künste war.“ Eine Kopie seines Werkes „Dreimännereck“ aus dem Jahr 1927 steht heute vor dem Hauptbahnhof Wanne-Eickel. Die Verwaltung wird in dem Beschlussvorschlag der Fraktion Die LINKE. beauftragt, eine kritische Bestandsaufnahme von Werken und Biographien von Künstlerinnen und Künstlern aus Herne bzw. von Künstlerinnen und Künstlern, die in Herne aktiv waren, vorzunehmen, die sowohl vor als auch nach 1945 tätig waren.

| Autor: Pitt Herrmann