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Das ehemalige Verlagsgebäude vom ZFV an der Mont-Cenis-Straße 5: Nun meldeten sich mehrere Ex-Mitarbeiter in der Angelegenheit um die Insolvenz und die Stellungnahme der Eigentümerfamilie zu Wort.

Zahlreiche Vorwürfe nach der Stellungnahme der Familie Hinz

ZFV: Ex-Mitarbeiter reagieren wütend

Die nächste Runde in der Angelegenheit um die Insolvenz vom Zahnärztlichen Fach-Verlag (ZFV, halloherne berichtete), ein Unternehmen der Dr. Hinz-Gruppe und früherer Publizist der „dzw - die Zahnarztwoche“, ist eröffnet. Nachdem die bloße Nachricht von der Zahlungsunfähigkeit und der Übernahme des ZFV durch die „mgo Fachverlage“ bekannt wurde und mehrere Vorwürfe geäußert wurden, reagierte zunächst die Eigentümerfamilie Hinz mit einer Stellungnahme (halloherne berichtete). Nun meldeten sich mehrere Ex-Mitarbeiter mit weiteren Details.

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Genauer gesagt sind es fünf ehemalige Mitarbeiter, deren Namen der halloherne-Redaktion bekannt sind, und die teilweise eine zweistellige Anzahl an Dienstjahren im Unternehmen vorweisen können. Aufgrund der laufenden rechtlichen Streitigkeiten möchten sie aber nicht öffentlich genannt werden. Sie seien „fassungslos“ über die Sichtweise und Stellungnahme der Eigentümerfamilie und möchten ihre Standpunkte verdeutlichen. Zudem meldete sich noch ein sechster ehemaliger Mitarbeiter per Mail, allerdings anonym.

Gehaltszahlungen über Insolvenzgeld

Einig sind sich die Ehemaligen aber in Sachen Bezahlung und Gehälter für Mitarbeiter. „Nachweislich falsch ist die Behauptung von Dr. Ingo Paeske und der Familie Hinz, die Mitarbeiter hätten bis zum Ende der Kündigungsfrist Ihr Gehalt bekommen. Fakt ist: Bereits ab dem am 19. Februar 2024 gestellten Insolvenzantrag wurden nachweislich schon keine Gehälter mehr von Hinz bezahlt. Für die Monate Februar bis April 2024 wurden stattdessen die Gehaltszahlungen über das sogenannte Insolvenzgeld abgewickelt“, heißt es schriftlich.

Hieran schließt auch der Inhalt vom sechsten Ex-Angestellten an: „Wir wurden ab dem 1. Mai 2024 freigestellt und gekündigt. Mit einer maximalen Kündigungsfrist von drei Monaten endete also offiziell der Arbeitsvertrag vieler langzeitig Beschäftigten zum 31. Juli 2024.“ Die Aussage der Familie, dass alle Angestellten bis zum Ende der Kündigungsfrist ihr Gehalt bekommen hätte, sei also nicht korrekt.

Weiter schreibt er: „In einem der letzten Meetings mit der Insolvenzverwalterin am 24. April 2024 hieß es 'finanziell sieht es so aus, dass wir allen Beschäftigten bis zum Ende der Kündigungsfristen Ihre Gehälter zahlen können – vorausgesetzt Angebote, die unterbreitet werden, werden auch angenommen.'“

Post von der Insolvenzverwaltung

Mitte Mai habe man dann Post von der Insolvenzverwaltung mit dem Titel „Anzeige zur Masseunzulänglichkeit“ bekommen. Mit diesem Schreiben solle man sich bei der Agentur für Arbeit melden. Datiert war es vom 2. Mai, per Post zugestellt aber erst am 12. Mai. „Somit haben wir einen halben Monat an Zeit verloren und auch nur den halben Bezug Arbeitslosengeld erhalten. So gab es plötzlich nur noch 30 Prozent des Gehalts. Das reicht bei den heutigen Preisen nicht mal für die Miete. Ich musste all mein Erspartes opfern, um über die Runden zu kommen.“

Der ehemalige Standort vom

Insolvenzgeld habe es durch ein „intelligentes“ Verfahren gegeben, hier haben ein Schreiben der Nationalbank, die Aufforderung zur Abtretung des Insolvenzgeldes, ein Kredit und die Kündigungsfrist eine Rolle gespielt. „Selbst die Arbeitsagentur hat sich später gewundert, warum wir kein Insolvenzgeld beantragen, sondern Arbeitslosengeld“, heißt es dazu. Auch die Gruppe spricht von verzögerten und falschen Arbeitsbescheinigungen. Ab Mai habe man bestenfalls Arbeitslosengeld erhalten, zeitweise hätten Mitarbeiter Bürgergeld beantragt und seien wochenlang ohne Einkommen gewesen.

In Bezug auf die von der Familie Hinz genannten anhaltenden Verluste und fehlenden Perspektiven des Verlagshandels schreibt die Gruppe: „Im selben Atemzug mit der Verkündung des Insolvenzantrags wurde gegenüber der Belegschaft in Sammelveranstaltungen bis zuletzt von einer Sanierung des Verlags inklusive Erhalt aller Arbeitsplätze gesprochen. Es wurde darum gebeten, mit voller Kraft für die Zukunft des Unternehmens weiter zu arbeiten.“

Gute Marktanteilsentwicklung

Trotz eines Umsatzplus im Jahr 2024 und einer Marktanteilsentwicklung auf Platz eins, spricht die Familie von einem Fass ohne Boden. „Das einzige fokussierte Ziel der Eigeninsolvenz aus Gesellschaftersicht war die Beendigung aller (langjähriger) Arbeitsplätze, die der Familie Hinz bei ordnungsgemäßer Abwicklung Abfindungen und finanzielle Aufwendungen gekostet hätten", heißt es von der Gruppe.

Auch die anonyme Zusendung schreibt: „Von einem Sanierungsplan haben wir nichts gesehen oder gehört. Es wurde relativ schnell gesagt, dass es Angebote von Interessenten gäbe und es wurde zu keinem Zeitpunkt ein Plan beschrieben, wie man das Ganze kitten möchte. So schien es, dass der Plan von Anfang an war, den Laden zu schließen. Weil er der Familie nicht rentabel genug war, weil es nicht deren Herzensblut wie bei den Praxen war (was man ja durchaus verstehen kann), weil man einfach auch keine Ahnung von Verlag hatte.“

Vorwurf: Kein persönlicher Abschied, kein Danke

In der Stellungnahme „bedauert [das Ende des ZFV] die Familie Hinz außerordentlich“. Das stößt den Ex-Mitarbeitern bitter auf: „Keiner der betroffenen Beschäftigten kann das bestätigen: Es gab nicht ein (!) Wort des persönlichen Abschieds bzw. des Dankes für die jahre- bzw. jahrzehntelange Arbeit und Treue der Mitarbeiter. Alle Verantwortlichen aus der Familie Hinz haben sich ausschließlich weggeduckt und hinter dem Insolvenzverfahren bewusst versteckt. Wir werfen der Familie Hinz und der Geschäftsführung vor, nach außen als Gutmenschen aufzutreten, aber gerade bei monetären und sozialen Verantwortungen nur an die eigenen Vorteile zu denken.“

Ähnlich sieht es die anonyme Zusendung: „Von Ehrlichkeit und Offener Kommunikation war die Geschäftsführung leider schon immer sehr weit entfernt und am Ende zählt eben auch nur das, was in der eigenen Tasche landet.“ Schließlich hätten die „mgo Fachverlage“ auch nur einige wenige Angebote zur Übernahme der Angestellten gemacht.

Eröffnung vom HDZ im April 2024

Einigkeit herrscht auch bei der Reaktion auf die Eröffnung vom Haranni Dental Zentrum (HDZ) im April 2024 (halloherne berichtete). Rund fünf Millionen Euro wurden hier in den Um- bzw. Ausbau investiert. Als im April, parallel zu den letzten Meetings, das HDZ-Projekt präsentiert wurde, habe das vielen Personen den Rest gegeben.

Das sind eine Reihe an neuen Vorwürfen an die Eigentümerfamilie Hinz und alle weiteren verantwortlichen Personen. Auf halloherne-Anfrage zu diesen weiteren Standpunkten der ehemaligen Mitarbeiter antwortet die Familie Hinz kurz: „Zur Insolvenz des ZFV hat sich die Familie Hinz ausführlich öffentlich geäußert und eine schriftliche Stellungnahme abgegeben, die auch halloherne vorliegt. Darüber hinaus wird sich die Familie zu der Angelegenheit nicht weiter äußern. Sollten vertrauliche Betriebsinterna ganz oder in Auszügen veröffentlicht werden, behält sich die Familie Hinz vor, den Inhalt rechtlich prüfen zu lassen.“

Samstag, 21. September 2024 | Autor: Marcel Gruteser
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