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Streit um den Wert eines Heitkamp-Unternehmens

Ein arbeitsrechtlich klassisches Thema war es nicht, mit dem sich jetzt die 5. Kammer des Arbeitsgerichts unter Vorsitz von Richter Nierhoff in einem vom Betriebsrat der Heitkamp Ingenieur und Kraftwerksbau GmbH angestrengten Eilverfahren zu beschäftigen hatte. "Und wenn in einer solchen Sache Wirtschaftler und Juristen aufeinander treffen, kann das in der Regel auch nicht gut gehen," umriss der Kammervorsitzende zutreffend die Problematik diametral entgegengesetzter Interessen bei der Bewertung eines Firmenteils mit fünfzig Arbeitnehmern, das demnächst zum möglichst guten Preis verkauft werden soll.

Es geht um die Dortmunder Abteilung "Schalung und Rüstung" der noch in Wanne-Eickel beheimateten Heitkamp Ingenieur- und Kraftwerksbau GmbH, die allerdings längst von der Heitkamp Construction Swiss GmbH in Dierikon (Schweiz) gelenkt wird. Für die Veräußerung dieses Unternehmensteils erstellte ein Wirtschaftsprüfer 2013/14 ein Verkehrswert-Gutachten, dessen Inhalt der von Ralf Nockemann geführte neunköpfige Betriebsrat des Unternehmens mit seinen derzeit noch 204 Arbeitsplätzen gern kennen würde. Immerhin soll der Erlös des Dortmunder Teils zum Teil auch zur Finanzierung eines Sozialplans beim bevorstehenden Abbau von 83 Arbeitsplätzen in Herne dienen.

Die jetzt vor Gericht durch Geschäftsführer Lothar Rendulic (Schweiz) und Rechtsanwalt Palm vertretene Arbeitgeberseite, die am Freitag (23.10.2015) in die zweite Verhandlungsrunde mit dem Betriebsrat zum Abschluss eines Sozialplans geht, verweist aber auf ein neues Gutachten desselben Wirtschaftsprüfers, das in diesen Tagen fertig werden soll und offenbar zu ganz anderen und niedrigeren Feststellungen des Verkehrswerts in Dortmund kommt.

Neben zahlreichen Verkäufen "um Platz zu sparen" sorge allein schon die Verschrottung der größten Schalung auf dem Gelände der früheren Baufirma Wiemer und Trachte in Dortmund für ein Minus beim Verkehrswert von rund 20 Prozent, so die Vertreter der Heitkamp-Swiss vor Gericht. Der Betriebsrat und sein Anwalt Stolz wollten sich aber mit solchen Aussagen nicht zufrieden geben und strengten deshalb ein einstweiliges Verfügungsverfahren an: "Wir erwarten einfach höhere Wertansätze, weil Bewertungen auf Tatsachen beruhen, und die müssen überprüfbar sein."

Vergeblich der Appell des Gerichts an die Arbeitgeberseite, dem Betriebsrat ("Das ist nicht Ihr Gegner sondern Ihr Partner") Einblick in das alte Gutachten von 2013/14 zu gewähren, weil "Unkenntnis des alten Gutachtens das Vertrauenskonto des Arbeitgebers beim Betriebsrat sinken lässt und der schnell unter einen solchen Druck der Belegschaft kommen kann, dass er sagt, wir machen nichts mehr," so Richter Nierhoff. Ob nun bis zur zweiten Verhandlungsrunde zum Sozialplan noch was in der Richtung passiert, blieb offen, denn zu mehr als "Wartet doch ab, wir haben ein neues Wertgutachten nach IFRS (International Financial Reporting Standards)," konnte sich Geschäftsführer Rendulic nicht durchringen.

Die Kammer musste deshalb entscheiden und wies den Antrag des Betriebsrats auf eine positive Antwort auf die Frage "Welche Informationen sind dem Betriebsrat zur Verfügung zu stellen" ab. Das allerdings in einem Eilverfahren wegen Mangels des nötigen Eilbedürfnisses. Im demnächst anstehenden Hauptverfahren kann das anders aussehen, war nicht nur die Meinung des Betriebsrats und seines Anwalts Stolz. (AZ 5 BVGa 10/15)

Donnerstag, 22. Oktober 2015 | Autor: Helge Kondring