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Metzgermeister Rainer Weber in seiner Wurstküche am Cutter.

Der Letzte seiner Art in Wanne-Mitte

Fleischermeister Weber - Der Tradition verpflichtet

Wer durch die beschauliche Heinestraße geht, der kommt seit fast 100 Jahren nicht an ihr vorbei: der Traditions-Fleischerei Weber. Der heutige Fleischermeister Rainer Weber (54) betreibt diese letzte inhabergeführte Fleischerei in Wanne-Mitte in der 4. Generation. Den Grundstein dazu legte sein Urgroßvater, den es im Jahr 1922 von Posen ins Ruhrgebiet verschlug. Er übernahm das Ladenlokal an der Heinestraße von einem polnischen Fleischer, der zurück in die Heimat wollte.

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Landwirte aus Posen

Die Vorfahren der Webers waren in ihrer Heimat Posen Landwirte und verkauften dort natürlich auch das Fleisch ihrer Tiere. „Allerdings hat sich das Handwerk der Fleischerei ja erst so langsam herauskristallisiert“, erzählt Rainer Weber im Gespräch mit halloherne. Zählt man die Vorfahren in Posen dazu, dann ist Rainer eigentlich schon die 6. Generation, seit er den elterlichen Betrieb übernahm.

v.l. Sohn Rainer, Mutter Irmgard und Vater Gerhard Weber

Vater Gerhard verstarb im Jahr 2015, Mutter Irmgard 2020, beide waren fast achtzigjährig und standen ihrem Sohn bis zum Schluss im Betrieb zur Seite. Sowohl Rainer als auch sein Bruder Robert gingen beim „Vatter in die Lehre“ und erlernten das Fleischer-Handwerk - beide übrigens mit Auszeichnung, wie Rainer Weber erzählt. Nach der Ausbildung und dem nachgeholten Abitur zog es seinen Bruder Robert allerdings nach Berlin. Dort wurde er Arzt. Rainer blieb seinem Handwerk treu, legte 1991 seine Meisterprüfung ab und führt heute das Geschäft in der Heinestraße weiter.

Immerhin schon 40 Berufsjahre

Metzgermeister und Kunstliebhaber: Rainer Weber kaufte das Kunstwerk 'eingefleischter Vegetarier' vom bunten Mann aus Unser Fritz.

„Wenn man es genau nimmt, dann habe ich mindestens schon 40 Berufsjahre auf dem Puckel“, erzählt Weber mit einem Augenzwinkern. Schließlich hätte er im elterlichen Betrieb schon nach der Schule geholfen. „Klar sei so ein Betrieb auch schon ein gewisser Druck“, erzählt er, „aber wenn ich meinen Eltern gesagt hätte, ich will Fotograf oder Landschaftsgärtner werden, hätten sie mir die Wahl gelassen.“ Für Kultur interessiert sich Rainer zwar auch (halloherne berichtete), aber die Fleischerei, die ist sein Leben.

Wichtig sei seinen Eltern gewesen, dass er glücklich wird. Mit diesem Wissen machte sich Rainer Weber 1991 nach bestandener Meisterprüfung für zwei Jahre auf und zog in die Welt. Über Deutschland führte ihn sein Weg auch nach Amerika, wo er unterschiedlichste Saisonarbeitsstellen annahm, dazu schlief er auch schon mal im Auto, um Geld für das Motel zu sparen.

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Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße.

Foto:  Carola Quickels

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße in den Anfangsjahren.

Foto:  Carola Quickels

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße.

Foto:  Carola Quickels

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße.

Foto:  Carola Quickels

In der Wurstküche der Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße.

Foto:  Carola Quickels

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße: Das Buch das Großvater zur Meisterprüfung erhielt.

Foto:  Carola Quickels

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße: v.l. Sohn Rainer, Mutter Irmgard und Vater Gerhard Weber

Foto:  Carola Quickels

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße. Rainer Weber in seiner Oase hinter der Wurstküche.

Foto:  Carola Quickels

Liegen friedlich nebeneinander in der Rainer Webers Garten-Oase.

Foto:  Carola Quickels

Metzgermeister Rainer Weber in seiner Wurstküche.

Foto:  Carola Quickels

Metzgermeister Rainer Weber in seiner Wurstküche am Cutter.

Foto:  Carola Quickels

Metzgermeister Rainer Weber in seiner Wurstküche am Brühkessel.

Foto:  Carola Quickels

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße - Scheiben für den Fleischwolf.

Foto:  Carola Quickels

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße.

Foto:  Carola Quickels

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße.

Foto:  Carola Quickels

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße. Rainer Weber in seiner Oase hinter der Wurstküche.

Foto:  Carola Quickels

In dieser Zeit verpachteten die Eltern den Betrieb, da es für sie nicht klar war, kommt der Sohn zurück oder findet er in der Welt sein Glück. „Da haben mir meine Eltern schon den Rücken frei gehalten“, lobt Rainer heute noch seine Eltern. Aber: Nachdem er sich genügend Wind um die Nase hatte wehen lassen, kam er zurück, um mit den Eltern zusammen den Betrieb wieder auf Vordermann zu bringen.

Natürlich habe sich in der fast 100-jährigen Geschichte des Betriebes einiges geändert, erzählt Rainer Weber. Aber Änderungen, die gäbe es schließlich in jeder Branche, „das sind ja alles schleichende Prozesse und so war es natürlich auch bei uns.“ Allein schon wenn er bedenke, dass sein Vater noch selber Rinder und Schweine schlachtete. Als der Schlachthof in Wanne - „alle Wanner schlachteten dort“ - 1973 geschlossen wurde, hörte auch das auf.

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße.

Rückkehr und Café-Eröffnung

Nach Rainers Rückkehr übernahmen die Webers 1993 nicht nur die Metzgerei wieder, sondern eröffneten direkt nebenan das 'Wanner Café'. Und da im Winter das Platzangebot im Café manchmal nicht ausreichte, wurde vor zehn Jahren in der Metzgerei eine Sitzecke eingerichtet, an der die Kunden auch mal ein Mettbrötchen essen können.

„Klar gibt es bei mir auch Fleisch“

„Dafür haben wir die Fleischtheke abgebaut und in der Auslage ist 'nur' noch das Wurstangebot zu betrachten“, erzählt Meister Weber. Das bedeute aber nicht, dass man bei Webers kein Fleisch mehr kaufen kann. „Viele Menschen wissen nicht, dass ich das Fleisch immer noch im Angebot habe“, erzählt Rainer Weber und lacht. „Das muss ich ja schon, da wir im Café neben dem Frühstück auch den täglich wechselnden Mittagstisch, Suppen, Eintöpfe, gebratene Schnitzel und Frikadellen anbieten.“ Und wie in einem „richtigen“ Café gibt es an der Heinestraße auch hausgemachten Kuchen und Kaffee.

Seitdem seine Eltern nicht mehr sind, kann er sich um so mehr auf seinen Stamm von engagierten Mitarbeitern verlassen. Wobei ihm mit Nicole Möller seit 27 Jahren eine feste Bank zur Seite steht. Die gelernte Fleischerfachverkäuferin ist im Betrieb eigentlich unabkömmlich. Ob im Verkauf, im Café oder am Topf für die Eintöpfe, Nicole Möller ist überall zu finden.

Familien-Rezepturen

Das Buch das Großvater zur Meisterprüfung erhielt.

40 Wurstsorten stellt Rainer Weber in seiner Wurstküche her, plus vier verschiedene Schinkensorten. „Ich bin quasi der letzte produzierende Betrieb in Wanne Mitte“, erzählt Rainer Weber nicht ohne Stolz. Und frei nach dem Motto - Never change a winning Team - wird die Wurst nach wie vor nach den Rezepten des Urgroßvaters hergestellt. Das wüssten übrigens auch seine Stammkunden zu schätzen. Wobei er gerade bei der Kochwurst nach all den Jahren den Dreh raus hat und nichts mehr abwiegen muss. „Das geht frei nach Schnauze, schließlich bin ich mit den Rezepturen groß geworden.“

Einer wie Rainer Weber, der versteht sein Handwerk nicht nur, sondern der hat auch Spaß an seiner Arbeit. Allein, früher wurde das Geld mit der Fleischerei verdient, heute ist es eher das Café. „Unser eigentliches Handwerk stirbt aus. Viele sind heute schon mehr Köche als Metzger. Hätte ich nicht das Haus, für das meine Eltern und Großeltern hart gearbeitet haben, ja, dann wär es für mich auch nicht so einfach.“

Liegen friedlich nebeneinander in der Rainer Webers Garten-Oase.

Die Bio-Schiene, das sei noch etwas, was dem Fleischermeister vorschwebe. „Darüber habe ich schon vor Jahren mit meinem Vater gesprochen“, erzählt er und seine Augen glänzen. Damals hätten sie den Absprung dahin verpasst. Es gab unterschiedliche Gründe. Allerdings ist er heute 54 Jahre alt und „die Umstellung auf Bio sei nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen, und nach mir wird hier wohl Schluss sein“, denkt er laut nach. Gleichwohl fragt sich Rainer Weber, was nach ihm hier sein wird. Aber das hat noch Zeit, jetzt steht im Jahr 2022 erst einmal das 100-jährige Jubiläum an.

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Öffnungszeiten: Montag - Freitag 8 bis 16 Uhr und an Samstagen von 8 bis 14 Uhr.

Die Traditions-Fleischerei Weber in der Heinestraße - mit angeschlossenem Café.
| Autor: Carola Quickels