Aktionswoche der Schuldnerberatung
'Der Mensch hinter den Schulden'
„Der Mensch hinter den Schulden“ heißt der Titel der 22. bundesweiten Aktionswoche Schuldnerberatung der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände. Die Aktionswoche findet in diesem Jahr vom 7. bis 11. Juni 2021 statt. Am Dienstag, 8. Juni 2021 stehen die Mitarbeiter der Herner Beratungsstelle als Teul einer Telefonaktion zwischen 9 Uhr und 12 Uhr sowie 14 Uhr bis 16 Uhr für Fragen rund um das Thema Verschuldung zur Verfügung. Interessierte können sich unter Tel 02323-99498-0 melden.
Kurzarbeit, Einkommensverluste, Entlassungen: Seit Beginn der Corona-Krise im März 2020 nehmen die negativen Schlagzeilen zu. Finanzielle Notlagen, Ver- und Überschuldungen werden zum gesamtgesellschaftlichen Phänomen. Der Mensch hinter den Schulden wird in der aktuellen Situation für eine breite Öffentlichkeit sichtbar.
„Schätzungsweise zwei Millionen Freiberufler und Solo-Selbständige stehen am Rande einer Überschuldung“, heißt es im aktuellen Schuldner-Atlas Deutschland 2020. (Creditreform) Das bedeutet: Sie werden ihre Schulden aus eigener Kraft nicht mehr zurückzahlen können. Aber auch private Haushalte sind von finanziellen Einbußen massiv betroffen. Dabei dehnt sich das Überschuldungsproblem auf weite Bevölkerungsschichten aus: Verschuldungsprozesse, die in Überschuldung münden, kommen in allen sozialen Schichten vor.
Überschuldung beinhaltet eine Destabilisierung der Existenz der betroffenen Menschen in ihren rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen, psychischen und gesundheitlichen Bezügen. Überschuldete sind wirtschaftlichen Restriktionen unterworfen, geraten in Unterversorgungslagen, sind Stress und psychischem Druck ausgesetzt und häufig gesundheitlich beeinträchtigt. Materielle und immaterielle Belastungen verstärken sich gegenseitig. In diesem Zusammenhang ist die unlängst erfolgte Verkürzung der Insolvenzlaufzeit auf drei Jahre zu begrüßen.
Der Großteil der Menschen in Verschuldungssituationen mache sich den Schritt in ein Insolvenzverfahren nicht leicht. Ängste und Befürchtungen überwiegen. Ein finanzieller Neuanfang bringt psychische Entlastung und neue Perspektiven. In überschuldeten Haushalten leben auch Kinder und Jugendliche. Wie viele das sind, ist schwer zu beziffern. Dass die Überschuldungssituation sich jedoch auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen auswirkt, ist unbestritten. Auch wenn die Forschungslage zu diesem Thema in Deutschland schwach ausgeprägt ist, wissen wir aus der Praxis, dass finanzielle Schwierigkeiten häufig zu mehr Streit in der Familie führen, was auch für die Kleinsten spürbar ist. Für die nahe Zukunft ist nicht mit einer nachhaltigen Entspannung der privaten Überschuldungslage in Deutschland zu rechnen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Überschuldungszahlen weiter ansteigen werden.
Zahlreiche Studien würden die vielfältigen positiven Wirkungen von sozialer Schuldnerberatung sowohl für Betroffene und ihre Angehörigen als auch die Gesellschaft belegen. Bei den Überschuldeten zeige sich diese insbesondere in der Existenzsicherung, der Schuldenregulierung, der nachhaltigen Verbesserung ihrer wirtschaftlichen, beruflichen, familiären, sozialen und gesundheitlichen Situation und der Wiederherstellung ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Handlungskompetenz.
Die Verbände der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung fordern daher:
- 1. Einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung. Wenn Menschen in (finanzielle) Not geraten, brauchen sie - unabhängig von ihrer Einkommenssituation -Unterstützung. Die AG SBV fordert daher einen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung für alle. Gerade in der aktuellen Covid-19-Pandemie wird einmal mehr deutlich, wie wichtig ein rechtlicher Anspruch auf Schuldnerberatung ist, der ALLE Personengruppen umfasst – unabhängig einer Leistungsberechtigung nach dem SGB XII oder dem SGB II. Viele Arbeitnehmer erhalten aufgrund der aktuellen Situation Kurzarbeitergeld oder sind gar vom Arbeitsplatzverlust bedroht. Auch die sogenannten „Minijobs“ fallen in den meisten Branchen weg. Dadurch drohen gewachsene, finanziell gesicherte Strukturen, schlagartig wegzubrechen. Hier ist es wichtig klare rechtliche Normen zu schaffen, so dass jeder/jede von finanziellen Schieflagen Betroffene adäquate Hilfe in Anspruch nehmen kann.
- 2. Schuldnerberatung bedarfsgerecht ausbauen und Finanzierung sichern Schuldnerberatung erfordert ein hohes Maß an psychosozialer Belastbarkeit. Fachkräfte der Schuldnerberatungsstellen stehen im Spannungsfeld der Standardisierung von Hilfsangeboten und den individuellen Bedarfen der Klienten. Der erforderliche Ausbau sowie die bedarfsgerechte Finanzierung der Schuldnerberatung muss eine angemessene personelle und materielle Ausstattung der Schuldnerberatungsstellen ermöglichen und die Berücksichtigung tariflicher Löhne, Verwaltungs- und Sachkosten sowie regelmäßige Fortbildungen und Angebote der Supervision umfassen. Nur so ist die anerkannt hohe Qualität und der Erfolg von sozialer Schuldnerberatung weiterhin sicherzustellen.
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- Dienstag, 8. Juni 2021, von 9 bis 12 Uhr
- Dienstag, 8. Juni 2021, von 14 bis 16 Uhr
