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v.li. Frank Neukirchen-Füsers, Dr. Frank Dudda, Hans-Joachim Draht, Stefan Marx, Michael Bergmann und Dirk W. Erlhöfer.

Ausbildungsmarkt in Herne geht in die Verlängerung

Ausbildungsplätze sind da, Azubis fehlen

Jedes Jahr am 30. September endet das offizielle Berufsberatungsjahr zum Ausbildungsmarkt. Dann wird Bilanz gezogen. Die Paktpartner in Herne haben gemeinsam die Entwicklung analysiert und geben eine erste Prognose sowie Vorhaben für das kommende Jahr bekannt. So auch 2021.

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Zwar wird Corona-bedingt der Ausbildungsstart vielfach nach hinten verschoben (halloherne berichtete). Eine vorläufige Bilanz zu ziehen, macht dennoch Sinn. Der aktuelle Status Quo auf dem Ausbildungsmarkt solle jedes Jahr zur gleichen Zeit erläutert werden, so die Stimmen aller Paktpartner zum Ausbildungsmarkt.

Dazu gehören: Dr. Frank Dudda (OB Herne), Michael Bergmann (kommissarischer Hauptgeschäftsführer IHK Mittleres Ruhrgebiet), Frank Neukirchen-Füsers ( Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Bochum/Herne), Dirk W. Erlhöfer (Hauptgeschäftsführer der AGV Ruhr/Westfalen), Hans-Joachim Draht (Kreishandwerksmeister Kreishandwerkerschaft HER/C-R/W-E) und Stefan Marx (Geschäftsführer des DGB Ruhr-Mark).

230 weniger Bewerber als im Vorjahr

Die ersten wichtigsten Eckdaten im Vergleich lauten wie folgt: Insgesamt 1.357 Bewerber in Herne, minus 230 gegenüber dem Vorjahr, davor für das aktuelle Jahr noch 106 Bewerber unversorgt. Insgesamt 734 Ausbildungsstellen in Herne, plus zwei gegenüber dem Vorjahr, davon 124 Ausbildungsstellen noch unbesetzt.

Entwicklung Bewerber-Stellen-Relation in Herne:

  • 2021 kommen auf 100 Bewerber 54 Ausbildungsstellen
  • 2020 kommen auf 100 Bewerber 46 Ausbildungsstellen
  • 2019 kommen auf 100 Bewerber 52 Ausbildungsstellen

Ausbildungsbeginn ist im August oder September. Traditionell starten dann die dualen Ausbildungen in den Betrieben. Gleichwohl gibt es jedes Jahr die Möglichkeit, zu einem späteren Termin in die Ausbildung einzusteigen. Die Rede ist vom 5. Quartal auf dem Ausbildungsmarkt. Gemeinsame Nachvermittlungsaktionen der Agentur für Arbeit und der Kammern sollen über den Ausbildungsstart hinaus suchende Bewerber und Unternehmen zusammenbringen. Jedes Jahr aufs Neue werden in dieser Periode auch in letzter Minute noch neue berufliche Startchancen für Jugendliche geebnet und somit auch eine bessere Fachkräfteversorgung für die Unternehmen erzielt. In diesem Jahr kommt diesem 5. Quartal eine besondere Rolle zu.

Prozesse nach hinten verschoben

Die Corona-Pandemie hat viele Prozesse, so auch auf dem Ausbildungsmarkt, nach hinten verschoben. Durch die erschwerten Lernbedingung für Schüler (Wechselunterricht) haben sich viele erst nach ihrem Abschluss auf die Suche nach Ausbildungsplätzen gemacht. Ebenso mussten neue Formate für die Bewerbungsverfahren entwickelt werden. Auch aus wirtschaftlichen Gründen sahen Unternehmen sich durch die Pandemie häufig gezwungen, andere Prioritäten zu setzen. Die Entscheidung zur Besetzung freier Ausbildungsstellen wurde daher vielerorts erst einmal verschoben.

Um die Jugendlichen trotz der Pandemie-bedingten Einschränkungen gut zu beraten und beim Finden der passenden Ausbildung zu unterstützen, wurden viele neue Wege gesucht, und der Ausbildungsmarkt geht in die Verlängerung. Neben der klassischen Telefonie steht nach wie vor die Videokommunikation oder auch mal ein gemeinsamer Beratungsspaziergang an der frischen Luft mit den Jugendlichen auf der Agenda der Berufsberatung. Zwar ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen in diesem Jahr trotz Corona fast stabil und das Bewerber-Stellen-Verhältnis hat sich statistisch verbessert. Aber die Vermittlungen sind noch lange nicht abgeschlossen und die Meldungen der noch unbesetzten Ausbildungsstellen und unversorgten Bewerber entsprechend hoch.

v.r. Frank Neukirchen-Füsers, Agentur für Arbeit Bochum und Dr. Frank Dudda, Herner OB.

Frank Neukirchen-Füsers, vorsitzender Geschäftsführer der Agentur für Arbeit, zu den Zahlen: „Das zurückliegende Jahr auf dem Ausbildungsmarkt in Herne ist stark von den Folgen der Pandemie gekennzeichnet und weist einen starken Rückgang der Bewerber auf, obwohl wir unser Beratungsangebot in der Pandemie erweitert haben, tageweise Beratungsstände in der Stadt hatten und auch per Telefon, per Video und digital erreichbar waren. Insgesamt meldeten sich 1.357 Bewerber bei uns – das sind 230 Jugendliche weniger als im letzten Jahr."

Ausbildungsbereitschaft stabil geblieben

Weiter führt er aus: „Erfreulich ist aber, dass die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen trotz Pandemie stabil geblieben ist. Die Unternehmen wissen, dass sie für die Zukunft vorsorgen müssen und haben uns im zurückliegenden Berufsberatungsjahr 734 Ausbildungsstellen gemeldet, 2 mehr als im Vorjahr. Hinzu kommen in Herne noch rund 450 schulische Ausbildungsmöglichkeiten. Dennoch reicht auch dies noch nicht aus und wir werben insbesondere bei den Betrieben für zusätzliche duale Ausbildungsmöglichkeiten. Seit dem Sommer beraten wir auch wieder verstärkt in den Schulen. Die Herausforderung, Unternehmen und Jugendliche zueinander zu bringen, bleibt hoch. Jedes Jahr bleiben Ausbildungsstellen unbesetzt und Bewerber unversorgt. Hier setzen wir an und versuchen beide Seiten – sowohl die Unternehmen als auch die Jugendlichen – noch besser als bisher auf ihrem beruflichen Weg zu begleiten.“

Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda plädiert für die Ausbildung als Investition in die Zukunft: „Der Ausbildungsmarkt hat sich erholt, aber wir haben leider noch nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. Die positiven Tendenzen stimmen allerdings optimistisch: Den Bewerbern stehen wieder mehr freie Ausbildungsplätze zur Verfügung, die Anzahl der unversorgten Bewerber ist gesunken. Zukünftig muss es darum gehen, die Anzahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge weiter zu erhöhen, damit beide Seiten – Jugendliche und Betriebe – davon profitieren. Denn auch die Betriebe sind angewiesen auf gut ausgebildete Fachkräfte, das ist eine Investition in die Zukunft. Gerade jetzt gilt es, noch mehr Betriebe für die Ausbildung zu gewinnen und auch die Jugendlichen zu motivieren, die betriebliche Ausbildung als Chance für eine sichere Zukunft zu betrachten. Daneben bleiben schulische Ausbildungen etwa in Gesundheitsberufen eine starke Säule der Herner Ausbildungslandschaft.“

Durchwachsende Bilanz

Der kommissarische Hauptgeschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet, Michael Bergmann, zieht eine durchwachsende Bilanz für Herne, sieht aber auch eine positive Entwicklung im gewerblich-technischen Bereich: „Leider haben wir dieses Jahr, nach ein paar sehr starken Jahren, einen Einbruch von rund 12 Prozent zu verzeichnen (382 zu 435 Verträgen im Vorjahr). Besonders auffallend ist in Herne das Minus bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen der kaufmännischen Berufe (minus 19 Prozent). Dafür zieht der gewerblich-technische Bereich leicht an (plus 10 Prozent). Besonders in der Logistik- sowie in der Hotellerie- und Gastronomie-Branche werden weniger kaufmännische Ausbildungsplätze angeboten, was das Minus in diesem Bereich erklärt.

Dies hängt zweifelsohne mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie zusammen, welche den Unternehmer in Herne nach wie vor viel abverlangt. Dennoch gibt es viele Unternehmer, die – Corona zum Trotz – fleißig ausbilden. Für uns ein klares Indiz dafür, dass sie sich der Bedeutung der dualen Berufsausbildung bewusst sind und sie als einen Weg sehen, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Aufgrund der unausgewogenen Bewerber-Stellen-Relation möchten wir aber noch mehr Betriebe für die duale Ausbildung in Herne begeistern. Ausbildungsbetriebe setzen bewusst auf digitale Lösungen, wenn die Pandemie den persönlichen Kontakt erschwert. Das geht aus einer Umfrage hervor, welche die IHK Mittleres Ruhrgebiet kürzlich durchgeführt hat. So gaben 40 Prozent der befragten Betriebe an, auch künftig zumindest teilweise mobil auszubilden.

Besonders erfreut sind wir darüber, dass den Auszubildenden der Distanzunterricht teilweise in den Betrieben ermöglicht wurde, wenn diese beispielsweise über eine schlechte Internetverbindung verfügten oder die Ausbilder zusätzlich unterstützen wollten. Auch hatten viele Auszubildende die Möglichkeit, das zweite und dritte Lehrjahr größtenteils im Homeoffice zu absolvieren. Den Befragten zufolge ersetzt dies natürlich nicht den persönlichen Austausch, da praktische Inhalte teils zu kurz kommen und Wissensvermittlung auf Distanz nicht allen Auszubildenden liegt. Dennoch ist es nicht zuletzt dieser Flexibilität und diesem Entgegenkommen vieler Betriebe zu verdanken, dass die Zahlen für den Herner Ausbildungsmarkt nicht viel niedriger sind. Dafür sagen wir Danke. Allen unversorgten Jugendlichen, aber auch allen, die schon eine Ausbildung oder ein Studium hinter sich haben, sich jedoch umorientieren möchten, sage ich: Es gibt noch freie Stellen, der Ausbildungsmarkt ist noch in Bewegung. Nutzt eure Chance.“

Hier kann man sich melden

Wer noch sucht, kann sich hier melden: Für Jugendliche in der Lehrstellenbörse, einem Service der IHKs, können Interessierte freie Ausbildungsplätze finden, sich über die verschiedenen Ausbildungsberufe informieren und einen Selbsttest durchführen, um zu sehen, welcher Beruf zu ihnen passt Hier geht es zur Lehrstellenbörse: www.ihk-lehrstellenboerse.de. Der Ausbildungsatlas listet sämtliche Ausbildungsbetriebe der IHK Mittleres Ruhrgebiet. Hier finden Interessierte den passenden Betrieb in ihrer Nähe: https://ausbildungsatlas.netzn.de. Die Berufsberater der Agentur für Arbeit stehen jederzeit telefonisch unter 0800 4 5555 00 oder über die Anwahl der persönlichen Berater zur Verfügung. E- Mails sind an bochum.berufsberatung@arbeitgeber.de zu richten. Weitere Informationen gibt es auf www.arbeitsagentur.de/beratungswunsch.

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Arbeitgeber: Ausbildende Betriebe, die in den Ausbildungsatlas aufgenommen werden möchten, richten ihre Anfrage an Alexandra Brnicanin von der IHK Mittleres Ruhrgebiet, zu erreichen unter Tel 0234 9113-182 oder per Mail an brnicanin@netzn.ihk.de. Die Agentur für Arbeit ermöglicht Arbeitgebern auch eine kurzfristige Bewerbersuche. Anfragen sind an die 0800 4 5555 20 zu richten, können aber auch über die persönlichen Betreuer im Arbeitgeber-Service sowie auf bochum.arbeitgeber@arbeitsagentur.de durchgegeben werden.

| Quelle: IHK Mittleres Ruhrgebiet