
Neuer Film mit Liebeserklärung an den Tango
'Adiós Buenos Aires'
Als Julio Färber (Diego Cremonesi) die Pässe für sich, seine bald 15-jährige Tochter Paula (Violeta Narvay) und seine deutschstämmige Mutter Dorothe (Regina Lamm) erhält, nimmt der von Gattin Ana (Alexia Moyano) verlassene Mittvierziger die Glückwünsche der Botschaftsmitarbeiterin reaktionslos entgegen. Tante Claudia verfügt in Berlin zwar über eine große Wohnung, die Bildungsmöglichkeiten für Paula sind in Europa deutlich besser und die Gewalt auf den Straßen im Vergleich zur argentinischen Hauptstadt Buenos Aires nicht der Rede wert.
Doch Julios von den Eltern ererbtes Schuhgeschäft soll zum Imbisslokal werden und die neuen Eigentümer seiner Wohnung offenbaren weitreichende Umbaupläne, was ihm sichtlich zu schaffen macht. Ganz abgesehen davon, dass Paula gerade „die Liebe ihres Lebens“ gefunden hat und Mama Dorothe sich plötzlich als alter Baum empfindet, der nicht verpflanzt werden will. Und dann auch noch das: bedingt durch den Devisenabfluss im Zuge der Wirtschaftskrise zu Beginn der Nullerjahre kommt Julio nicht an sein in US-Dollar angelegtes Kapital heran, die Banken dürfen nur noch 250 Pesos pro Woche auszahlen.
Suche nach einem Sänger
Nach einem Crash mit der draufgängerischen jungen Taxifahrerin Mariela Martinez (Marina Bellati), die bei Rot über eine Ampel gerast ist, steht sein schrottreifer Peugeot 504 in der Werkstatt des Automechanikers Tito Godoy (Rafael Spregelburd). Der spielt den Kontrabass im Tango-Orchester des Vorortviertels Nueva Pompeya neben Julio, der auch daheim sein heißgeliebtes Bandoneon kaum aus der Hand legt. Zusammen mit dem Pianisten Carlos Acosta (Carlos Portaluppi) und dem Geiger Atilio Fernández (Manuel Vicente) suchen die beiden nach einem neuen Sänger, weil der bisherige nach Europa gezogen ist.

Was vor allem von Atilio, dem Kopf der Combo und so etwas wie ein väterlicher Freund Julios, als Verrat gegeißelt wird, weshalb Letzterer die eigenen Vorbereitungen zur Auswanderung verschweigt. Auf der Suche wird die Band in einem Altenheim fündig, muss die nur „Maestro“ genannte 75-jährige Tango-Legende Ricardo Tortorella (Mario Alarcón) aber erst mühsam überreden.
Sehr nervös vor dem Konzert
Vor dem ersten Konzert, das Julios Cousin „El José“ (Luis Ziembrowski), der für den korrupten Senator Salinas (Mario Mahler) arbeitet, einstielt, ist Ricardo sehr nervös. Aber nach den ersten Klängen sind alle Zweifel verflogen – und nicht nur die Ehefrau des einflussreichen Politikers (Luz Palazón) ist förmlich hingerissen.
Die toughe Mariela, alleinerziehende Mutter des kaum zehnjährigen Pablito (Matías Luque Benante), der sich nur in der Gebärdensprache verständigen kann, hat sich mit Julio darauf geeinigt, den Unfallschaden in Ermangelung einer Versicherung selbst zu begleichen – in kleinen Raten versteht sich. Dafür haben Julio und seine Bandkollegen nun eine Privatchauffeurin. Auch zum Galakonzert anlässlich des Geburtstages der Senatorengattin. Bei dem der politisch engagierte Atilio fehlt: Er demonstriert mit tausenden Landsleuten auf der Plaza de Mayo gegen das Regime – und wird vom Militär in dem Augenblick erschossen, als Ricardo mit „Cambalache“ („Trödelladen“) einen der bekanntesten Tangos überhaupt singt.
'Das Leben ehren'
Julio schält bereits in der Kombüse eines Frachters, der ihn über den Großen Teich bringen soll, Kartoffeln, als ihn die Sehnsucht packt und er im wahren Wortsinn zurückrudert: Die letzte Einstellung zeigt ihn am Bandoneon mit der nun um David (Gustavo Angeloni) ergänzten Band im Stammlokal, als Ricardo „Honrar la vida“ von Eladia Blázquez singt: „Das Leben ehren.“ Mariela und Pablito aber haben nur Augen für Julio…
„Adiós Buenos Aires“ ist ein zu Herzen gehendes Spielfilmdebüt des Berliner Regisseurs German Kral, der 1968 in Buenos Aires geboren wurde und den Tango von Kindesbeinen an aufgesogen hat. Seine 93-minütige Liebes- und Tangogeschichte spielt vor dem Hintergrund des argentinischen Staatsbankrotts zu Beginn der Nullerjahre. Die Dreharbeiten in Buenos Aires mussten im März 2020 für zehn Monate unterbrochen werden: Corona-Lockdown in Argentinien.
Nach der Uraufführung am 4. März 2023 beim Miami Film Festival kommt die wunderbar melancholisch-leichte Tragikomödie am Donnerstag, 11. Mai 2023, in unsere Kinos: Casablanca Bochum, Roxy Dortmund, Luna im Astra Essen, Rio Essen sowie Bambi Düsseldorf.
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- Donnerstag, 11. Mai 2023, um 20 Uhr