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Maximilian Strestik und Christoph Iacono in „Der Tod in Venedig“.

Repertoire-Klassiker und erste Premiere in Bochum

Schöne neue Welt an der Rottstraße

Bochum. Das Rottstr5Theater am Rande des Bochumer Bermuda-Dreiecks unter der Leitung von Oliver Paolo Thomas, der zum Jahreswechsel Halbzeit seines ersten Intendantenjahres feiern konnte, startet am Freitag, 10. Januar 2020, programmatisch ins Neue Jahr mit „Schöne neue Welt“ nach A. Huxley. Unter der Regie von Maria Trautmann spielen Alexander Gier, Lea Kallmeier und Benjamin Werner. Nach längerer Zeit werden zwei Repertoire-Klassiker wiederaufgenommen: Johann Wolfgang von Goethes „Werther“ in der Inszenierung Hans Drehers mit Martin Bretschneider am Sonntag, 12. Januar 2020, sowie Hans Drehers Romanadaption „Der Tod in Venedig“ nach Thomas Mann mit Maximilian Strestik am Samstag, 25. Januar 2020.

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Goethes epochemachender Briefroman von 1774, „Die Leiden des jungen Werthers“, wird in der sehr heutigen Version in moderner Sprache zu einem so berührenden wie packenden 80-minütigen Theaterabend. Wir erleben Werther mal leise-lyrisch und ganz bei sich, dann laut aufdrehend und aus sich herausgehend im Dreck wälzend mit dem Kreuz als Schwert auf der Schulter, um sich zu geißeln. Seine innere Zerrissenheit zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt, seine unglückliche Liebe zu Lotte, seine Gefangenschaft in den Konventionen der Zeit – Martin Bretschneider ist ein glaubwürdiger Darsteller, der seinem Werther auch ganz viel augenzwinkernde Selbstironie mitgibt.

Martin Bretschneider in „Werther“.

Neben der Sprache sind andere Bezüge zur heutigen Zeit unübersehbar. Bretschneider präsentiert seinen Bühnenhelden in Jeans und T-Shirt, der sich als Single outet und, herrlich in seiner Blödheit, eine Dame im Publikum anbaggert. Das Ende bleibt etwas kryptisch, gleichwohl es überrascht: Werther sinniert, ob, wenn wir nur das Schöne und Gute etwas höher bewerten würden, sich das Schlechte und Unangenehme besser aushalten ließe. Wenn es doch so einfach wäre. Diese gelungene Goethe-Adaption im intimen Gewölbe unter der Glückauf-Bahn vermittelt eine neue Sicht auf diesen Goethe-Klassiker.

Halbzeit: Oliver Paolo Thomas im ersten Jahr als Intendant.

In Hans Drehers klug gekürzter Fassung des Romans „Der Tod in Venedig“ übernimmt Maximilian Strestik den Part des Erzählers sowie die Rolle Gustav von Aschenbachs. Während der Musiker Christoph Iacono bei seinem Schauspieldebüt in allen dialogischen Szenen sämtliche Partner Aschenbachs verkörpert – vom „buckligen und unreinlichen Matrosen“, der dem Schriftsteller den Fahrschein nach Venedig ausstellt, über den grummelnden Gondoliere, der sein eigenes Ding durchzieht und diverse venezianische Bedienstete bis hin zum lebenserfahrenen Coiffeur, dessen „unbedeutender Nachhilfe“ sich der verliebte Aschenbach versichert, um in den Augen Tadzios nicht ganz so opahaft zu wirken. Dreher, inzwischen Intendant des Bochumer Prinz Regent Theaters, setzt mit den Mitteln des „armen Theaters“, so ersetzt eine mit Wasser gefüllte Zinkwanne den Canale Grande, auf augenzwinkernde Ironie, auf slapstickhafte Komik gar, ohne jedoch Thomas Mann vorzuführen oder gar zu verunglimpfen.

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Letztmals gastiert Tim-Fabian Hoffmann mit seinem Soloabend „Richard/Edward/Die Entmachteten“ nach William Shakespeares „Richard II.“ und Christopher Marlowes „Edward II.“ am Sonntag, 19. Januar 2020. Und am Freitag, 31. Januar 2020, kann bereits die nächste Premiere in der angesagtesten Off-Bühne des Reviers an der Rottstraße 5 gefeiert werden: „Die Straße“ nach dem dystopischen, 2007 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Roman „The Road“ von Cormac McCarthy. Unter diesem Titel ist das postapokalyptische Vater-Sohn-Drama 2009 von John Hillcoat verfilmt und in Venedig erstmals präsentiert worden. Bei der Bühnenadaption führt Daniel Kunze Regie, es spielen Thomas Kaschel und Emily Lück.

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  • Freitag, 10. Januar 2020, um 19:30 Uhr
  • Sonntag, 12. Januar 2020, um 19:30 Uhr
  • Sonntag, 19. Januar 2020, um 19:30 Uhr
  • Samstag, 25. Januar 2020, um 19:30 Uhr
  • Samstag, 25. Januar 2020, um 19:30 Uhr
  • Freitag, 31. Januar 2020, um 19:30 Uhr
| Autor: Sabine und Pitt Herrmann