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Die CDU ist deutschlandweit stärkste Kraft, auch die AfD konnte an Stimmen zulegen. halloherne fing Reaktionen von Herner Politikern zur Wahl ein.

So bewerten Herner Politiker die Ergebnisse

Reaktionen zur Europawahl 2024

Am Sonntag (9.6.2024) machten sich deutschlandweit wieder die Wahlberechtigten auf zu den Urnen, um ihre Stimme bei der Europawahl abzugeben. Auch in Herne gaben 54,45 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab (halloherne berichtete).

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Laut vorläufigem amtlichen Ergebnis gehen CDU/CSU mit 30 Prozent deutschlandweit als Wahlsieger hervor. Zweitstärkste Kraft wurde die AfD mit 15,9 Prozent. Die Regierungsparteien der Ampel gehen deutschlandweit als Verlierer dieser Wahl hervor. Die SPD stürzt auf 13,9 Prozent ab und die Grünen kommen auf 11,9 Prozent. 2019 hatten die Grünen noch 20,5 Prozent der Stimmen hinter sich vereinen können. Die FDP kommt auf 5,2 Prozent.

In Herne gab es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD, welches die SPD knapp mit 23,92 Prozent für sich entscheiden konnte. Die CDU wird in Herne zweitstärkste Kraft mit 23,74 Prozent. 17,96 Prozent der wahlberechtigten Herner wählten die AfD auf Rang drei. Die Grünen erhielten 8,99 Prozent der Stimmen und die FDP sammelte 4,12 Prozent.

'Wir kriegen die Leute nur über gute Politik zurück'

halloherne sprach mit Herner Politikern über die Ergebnisse und fing erste Reaktionen ein. Hernes CDU-Vorsitzender Christoph Bußmann, dessen Partei deutschlandweit zu den Wahlgewinnern zählt, freute sich im Gespräch mit halloherne über das gute Abschneiden seiner Partei. Jedoch mahnte er auch, die Wahlergebnisse nicht überzubewerten.

Christoph Bußmann, Vorsitzender der Herner CDU.

„Es ist ein tolles Ergebnis und ich freue mich darüber. Aber wir sollten alle auf dem Teppich bleiben und das gute Wahlergebnis für unsere Partei eher als Motivation sehen“, berichtet Christoph Bußmann.

Außerdem sei es für ihn absehbar gewesen, dass die AfD bei der Europawahl so gut abschneidet. „Für mich ist das Ergebnis nicht überraschend. Das Ergebnis ist aber ein Versagen der Politik insgesamt, dass viele Menschen sich von der Politik nicht mehr verstanden fühlen. Wir bekommen die Menschen nur mit guter Politik zurück“, ist sich Bußmann sicher.

So seien die AfD-Erfolge bei der Jugend keine Überraschung und mehr als ein TikTok-Phänomen. „Bei den Jugendlichen ist teilweise etwas verrutscht. Sie sind keineswegs unpolitisch und bekommen mit, was in diesem Land derzeit abgeht. Sie haben einfach Panik, wie es mit ihrer Zukunft weitergeht. Auch sie bekommen wir nur durch gute politische Angebote zurück“, macht der CDU-Vorsitzende deutlich.

Die Einschätzung der SPD

Hernes SPD-Vorsitzender Hendrik Bollmann.

Die SPD musste sich bei der Europawahl in Deutschland mit Rang drei hinter der AfD zufriedengeben. In Herne gelang ihnen nur knapp der Sieg gegen die CDU. Hernes SPD-Vorsitzender Hendrik Bollman ordnet in Gespräch mit halloherne die Ergebnisse seiner Partei ein.

„Der Grund für das schlechte Abschneiden der SPD liegt ganz klar auf der Bundesebene. Das haben wir auch an den Ständen in den Gesprächen mit dem Menschen erlebt. Die Unzufriedenheit hat uns wie ein Tsunami überrollt, dem wir nicht viel entgegensetzen konnten. Die Bundesregierung hat es nicht geschafft, einen Plan für die Menschen zu entwickeln“, macht Bollmann deutlich.

Die Forderungen von einigen CDU/CSU-Mitgliedern des Bundestages, Kanzler Scholz müsse nun die Vertrauensfrage stellen, erteilt Bollmann eine Absage. „Ich glaube alle würden gut daran tun, nicht in die üblichen Phrasen zu verfallen. Doch nichtsdestotrotz muss sich die Bundesregierung die Frage gefallen lassen, wie es jetzt weitergeht. Die vielen Debatten und Streitereien haben die Wähler verunsichert.“

Dies sieht er auch im Hinblick auf das Erstarken der AfD, besonders in Bezug auf die jüngeren Wähler: „Wir müssen wieder Vertrauen zurückgewinnen. Denn die Planlosigkeit der Regierung wird auch den jungen Menschen deutlich und führt bei ihnen zur Unsicherheit. Sie und andere AfD-Wähler fühlen sich von den etablierten Parteien nicht mehr wahrgenommen. Dennoch muss diesen Wählern klar sein, dass solch eine Frust-Wahl katastrophal für unsere Demokratie enden kann.“

'Ampel muss Querelen beenden und Lösungen bieten'

Hernes FDP-Vorsitzender Thomas Bloch zeigt sich im Gespräch mit halloherne vom Abschneiden der Ampelparteien und dem erstarken der AfD nicht überrascht.

„Wir als FDP sind auf diesem niedrigen Niveau stabil geblieben, es hätte uns auch schlimmer treffen können. Wobei alles mit fünf Prozent natürlich ein Alarmsignal ist“, sagt Hernes FDP-Vorsitzender. „Das Abschneiden der AfD überrascht mich nicht, ich habe schon vor der Wahl gesagt, dass das Ruhrgebiet tiefblau werden wird.“

Thomas Bloch, Vorsitzender der FDP Herne.

Dem Ruf einiger CDU-Mitglieder nach der Vertrauensfrage und damit vielleicht verbundenen Neuwahlen, steht Bloch kritisch gegenüber. „Es ist natürlich die Frage, wem es letztendlich hilft und ob es nicht als Kapitulation vor der AfD gesehen werden kann. Am besten wäre es, die Ampel-Parteien würden sich jetzt zusammenreißen, ihre Querelen beenden und bis zur nächsten Wahl 2025 gute, lösungsorientierte Politik machen und so die Menschen wieder von sich überzeugen“, gibt Bloch seine Einschätzung ab.

'Ein Ergebnis mit dem wir nicht zufrieden sein können'

Die Grünen, die bei der Europawahl 2019 deutschlandweit noch 20,5 Prozent erzielten, sind in diesem Jahr die großen Wahlverlierer. Auch in Herne müssen sie sich nach den Ergebnissen mit Rang vier zufriedengeben. Dementsprechend ernüchtert zeigt sich Stefan Kuczera aus dem Duo der Grünen-Vorsitzenden im Gespräch mit halloherne.

Der Parteivorsitzende der Grünen Stefan Kuczera.

„Es ist ein Ergebnis mit dem wir in Herne, aber auch europa-, deutschland-, sowie landesweit nicht zufrieden sein können. Unsere Themen sind nicht zu den Wählern durchgedrungen, natürlich spielt hierbei auch die mäßige Ampelpolitik eine Rolle“, so Kuczera.

Weiter sagt er: „Auch, dass die AfD in Deutschland zweitstärkste und in Herne drittstärkste Kraft ist, ist nichts, womit wir uns abfinden dürfen. Bis zur Bundestags- und Kommunalwahl müssen wir uns wieder mit guten Inhalten ins Spiel einbringen.“

'Ziemlich niederschmetterndes Ergebnis'

Patrick Gawliczek, Kreissprecher der Partei Die.Linke Kreisverband Herne / Wanne-Eickel, bezeichnet das Ergebnis für die Linken als „ziemlich niederschmetternd“.

„Eine schwache Linke in Europa bedeutet eine schwache Stimme für all diejenigen, die keine finanzstarke Lobby im Rücken haben. Unseren gewählten Abgeordneten Martin Schirdewan, Carola Rackete und Özlem Demirel wünschen wir viel Erfolg im Kampf gegen Armut, für ein humanes europäisches Asylrecht und für mehr Klimagerechtigkeit“, sagt Gawliczek gegenüber halloherne.

Das Erstarken der AfD bei jüngeren Wählern sei aus Gawliczeks Sicht zwar schockierend, aber nicht überraschend. „Das hat sicherlich auch ein Stück weit damit zu tun, dass die demokratischen Parteien so schwach in den sozialen Medien sind. Aber der Hauptgrund ist, dass die Alltagsprobleme junger Menschen von der Politik schlicht ignoriert werden: Unser Bildungssystem ist marode und unterfinanziert. Explodierende Mieten und Inflation bringen immer mehr junge Menschen an den Rand der Armut - und gleichzeitig sind die Ausbildungsvergütungen und Gehälter häufig viel zu niedrig zum Überleben“, zählt der Linken-Kreissprecher auf.

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Abschließend macht er deutlich: „Die Politik der Ampel-Parteien versagt hier auf voller Linie. Bis zu den nächsten Wahlen wollen wir vor allem wieder mehr mit den Menschen ins Gespräch kommen. Die sozialen Probleme haben in den vergangenen Jahren insbesondere in Herne stark zugenommen und weder in Berlin, noch in Düsseldorf und erst recht nicht im Herner Rathaus werden Lösungen angeboten, wie man die soziale Ungleichheit bekämpfen kann. Hier wollen wir wieder ein glaubwürdiges linkes Angebot machen und uns mit den Reichen und Mächtigen anlegen.“

Montag, 10. Juni 2024 | Autor: Julia Blesgen