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Christof Schläger und Marjon Smit.

Christof Schlägers Hörner unterwegs

Pssssst, Hornkonzert!

Es blieb bis zum Schluss ein Geheimnis: die Auftrittsorte für das rollende Hornkonzert wurden nicht preisgegeben, um Menschenansammlungen in Coronazeiten nicht zu provozieren. So die offiziellen Vorgaben. Was am Dienstag (5.5.2020) in Herne im Sinne einer musikalischen Guerilla-Taktik wunderbar funktionierte, scheiterte am Flugplatz in Mülheim an der Ruhr. Das dortige Ordnungsamt war mit der Prüfung und Erteilung einer Genehmigung schlicht überfordert. Kunst ist manchmal nicht einfach.

Klangkünstler Christof Schläger und seine Frau Marjon Smit, die ansonsten mit ihrer Musik in Europa unterwegs sind, erleben derzeit Tag für Tag die Absage von Konzerten und Festivals. So hätte er beispielsweise zur Eröffnung des Hamburger Musikfestes spielen sollen. Dann kam das Virus. Und die Absage. Und viele andere.

Christof Schläger steuert die Druckluft-Hörner digital.

Kurzerhand dachten sich beide: Wenn die Leute nicht zum Konzert dürfen, kommt das Konzert halt zu ihnen. Unangenmeldet. Spontan. Mal hier, mal dort. So lud er die 96 Druckluft-Hörner samt Presslufttechnik und Kompositions-Notebook auf die Ladefläche eines Sattelschleppers von Spediteur Herbert Zang und legte eine Route im Stadtgebiet fest. Die Leute blieben verwundert stehen, als die Plane des Aufliegers geöffnet wurde und die kupfernen Hörner zum Vorschein kamen. Zwei junge Frauen machten gerade auf der Wiese im Baukauer Schlosspark Yoga, als das kurze Konzert unüberhörbar begann. Neugierig rollten sie ihre Matten zusammen und lauschten interessiert - anschließendes Handyselfie vor den Hörner inklusive. Ebenso wie Handwerker, Anwohner, Museumsmitarbeiter oder Spaziergänger, waren sie an diesem sonnigen Nachmittag Teil des zufälligen Publikums.

Für rund zehn Minuten gab es dann Open Air ein kleines Konzert der Drucklufthörner. Vom wuchtigen Klang der großen Exemplare bis zu den kleinen Hörnern, die allesamt pneumatisch angesteuert werden. Klangkünstler Christof Schläger spielte Eigenkompostionen, ebenso wie Interpretationen der in der Musikszene bekannten Komponisten Arvo Pärt und des US-Amerikaners Philip Glas.

Über den Tag verteilt waren die Stationen des klangvollen Sattelschleppers die Hoppenbruch-Halde in Herten, die Akademien Mont-Cenis in Sodingen und der Schlosspark in Baukau. Das Finale im Kunstwald Teutoburgia erlebten die frühabendlichen Spaziergänger um 18 Uhr.

Wer vorbei kam, blieb stehen und lauschte.
Dienstag, 5. Mai 2020 | Autor: Stefan Kuhn