halloherne.de

lokal, aktuell, online.
Joachim Krol als Bettlerkönig Peachum.

Joachim Król als Bettlerkönig

Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm

„Im Grunde warte ich schon seit über zwanzig Jahren auf den großen Brecht-Film“ bekannte Joachim Król, der in Joachim A. Langs Kinofilmdebüt „Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm“ aus dem Jahr 2018 die Rolle des Bettlerkönigs Peachum verkörpert. Und der am Samstag, 27. Februar 2021, zur Primetime um 20.15 Uhr im Kulturkanal 3-Sat über den Bildschirm flimmert. „Warum es in der Vergangenheit nicht dazu gekommen ist, ist ein Rätsel – oder auch nicht. Ich finde“, so der Herner Schauspieler, „Joachim Langs Blick auf diesen besonderen Teil von Brechts Biographie großartig. Da musste ich gar nicht lange überlegen. Außerdem ist der Peachum wirklich eine schöne Rolle. Ein Pfund. Darüber hinaus waren es meine Partnerinnen Claudia Michelsen und Hannah Herzsprung. Überhaupt, ein traumhaftes Ensemble.“

Anzeige: Spielwahnsinn 2024

Erstere spielt Peachums unglückliche, weil ungeliebte und auf ihr Kind eifersüchtige Gattin, Letztere die gefeierte Schauspielerin Carola Neher in der Rolle beider Tochter Polly. Das eher zurückhaltende, schüchterne junge Ding, das der erfolgreiche, aber nun etwas müde Geschäftsmann Peachum als eine letzte Stütze für sein Alter sieht, schmeißt sich ausgerechnet dem frauenverschlingenden Strolch Mackie Messer (Tobias Moretti) an den Hals. Da gibt es eine Menge zu tun für Peachum, um aus dem Londoner Ganoven einen erfolgreichen Banker namens Macheath zu machen: „Was ist schlimmer? Eine Bank auszurauben oder eine zu gründen?“

Eine Frage, die auch 90 Jahre nach der Premiere von Bertolt Brechts und Kurt Weills weltweitem Mega-Bühnenhit „Die Dreigroschenoper“ an Aktualität nichts verloren hat. Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral? Joachim A. Lang, der auch das Drehbuch geschrieben hat auf Grundlage des Brechtschen Dreigroschenfilm-Exposes „Die Beule“, erzählt den gescheiterten Versuch des Filmproduzenten Seymour Nebenzahl (Godehard Giese), den am 31. August 1928 im Berliner Theater am Schiffbauerdamm uraufgeführten Bühnenhit für die Leinwand zu adaptieren. Brecht (jung, wild, ironisch, widersprüchlich: Lars Eidinger) und Weill (kunstsinnig-genialisch: Robert Stadtlober) wollen einen radikal-kompromisslosen, politisch-pointierten „Dreigroschenfilm“, der vor dem Hintergrund des aufziehenden Nationalsozialismus die Gesellschaftskritik konsequenter betont als das Stück. Der Haifisch soll wieder Zähne bekommen, während es den Filmemachern der Nero Aktiengesellschaft nur um den durch keine Zensoren gefährdeten Kassenerfolg geht.

Lang lässt, und das ist nur eine Besonderheit dieses konsequent mit illusionistischen Sehgewohnheiten brechenden Films, den Dichter ausschließlich in seinen eigenen Worten sprechen. Alles, was der Ausnahmeschauspieler Lars Eidinger im Film sagt, beruht auf Zitaten aus Brechts Werk und Leben: „Wie soll Kunst die Menschen bewegen, wenn sie selber nicht von den Schicksalen der Menschen bewegt wird?“ „Mackie Messer“ bezieht zudem die bis dahin beispiellose, von Brecht selbst als „ein soziologisches Experiment“ bezeichnete juristische Auseinandersetzung („Dreigroschenprozess“) zwischen einem (Drehbuch-) Autor und einem Filmproduzenten in die vielschichtige Handlung ein, die mit unserer Gegenwart des 21. Jahrhunderts verschmilzt: Polly kauft das Geldinstitut und ernennt den noch hinter Gittern schmorenden Macheath zum Direktor, aus den Gangstern werden Banker, die sich Geschäftsleute an der Spitze des Staates wünschen...

Anzeige: Glasfaser in Crange

Alle Schauspieler singen selbst in der nicht einfachen Tonlage Kurt Weills: Zum hervorragenden Cast gehören noch Britta Hammelstein als Weills Gattin Lotte Lenja und Jenny, Peri Baumeister als Brechts Muse und wichtigste Mitarbeiterin Elisabeth Hauptmann, Christian Redl als Tiger Brown, Meike Droste als Brecht-Gattin Helene Weigel und Max Raabe als Moritatensänger.

| Quelle: Pitt Herrmann