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Emmanuel Edoror und Roxana Safarabadi auf dem zentralen Requisit der sehr körperbetonten Inszenierung von „Ich lieb dich!“ am Theater Kohlenpott.

Familienvorstellung am 12. September

Ich lieb dich!

„Liebe ist eine ganz verrückte Sache. Jeden Tag sieht sie anderes aus. Immer wenn du glaubst, du hast was kapiert, rutscht sie dir wieder durch die Finger“: Julian (Emmanuel Edoror) sitzt am Boden. Ein metaphorisches Bild für seinen Gemütszustand. Er ist verzweifelt, weil seine Eltern sich scheiden lassen und er den Grund dafür nicht ermessen kann. Was naturgemäß seine Vorstellung von der Liebe erschüttert: Vergeht die Liebe der Erwachsenen etwa ebenso schnell wie seine Vorlieben etwa für Zitroneneis oder Kastanien? Von seiner Liebe als Fünfjähriger zum Meerschweinchen Muppi ganz zu schweigen. Julian ist sich sicher, dass er Lia (Roxana Safarabadi) immer lieben wird: „Wenn ich an Lia denke, denke ich an diesen Tag“.

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„Ich liebe dich“ hatte er zu ihr gesagt, wie sich Julian erinnert. Lia dagegen, die schon in einer Stunde abgeholt werden sollte von ihren Eltern, welche nun schon 14 Jahre miteinander verheiratet sind, antwortete deutlich: „Ich dich nicht.“ Wer liebt wen – und warum eigentlich? Was bedeutet Liebe, und wie verhält sie sich zur Zeit? Was ist der Unterschied zwischen „Ich liebe dich“ und „Ich lieb' dich“? Jedenfalls mehr als nur ein Buchstabe! Und was ist das Gegenteil von Liebe? Der zwölfjährige Julian und die elfjährige Lia, die sich seit der Kindergartenzeit kennen, stellen sich in Kristo Šagors Stück „Ich lieb dich!“ den kleinen, aber wichtigen Unterschieden und auch den großen Fragen zur Liebe und ihrer Vergänglichkeit.

„Wie kann man sicher sein, dass jemand einen liebt?“ fragt Julian. Und: „Wie kann man sicher sein, dass man selbst einen liebt?“ Lia schlägt den Besuch bei Oma und Opa vor, seit über vierzig Jahren der lebende Gegenbeweis zu Julians streitenden Eltern. Julian rekapituliert, wie dieser Besuch bei Kräuter- und Früchtetee ablief, wie er getröstet worden ist – auch mit der Erkenntnis, dass Angst gar nicht so schlecht ist, weil sie einen wachsam hält. Etwa für die bevorstehende Entscheidung, ob er lieber bei seinem Vater oder bei seiner Mutter wohnen will – oder doch besser abwechselnd bei beiden…

Zwei Kohlenpott-Debütanten begeistern in „Ich lieb dich!“ in den Flottmann-Hallen: Roxana Safarabadi (r.) und Emmanuel Edoror.

„Ich lieb dich!“ ist im Rahmen von „Nah dran! Neue Stücke für das Kindertheater“ am 23. Februar 2018 im Münchner Theater Schauburg uraufgeführt worden und wird seither im ganzen deutschsprachigen Raum gespielt. Nun auch am Theater Kohlenpott in einer Inszenierung der 31-jährigen Ruhr-Uni-Absolventin Emel Aydoğdu. Die im türkischen Gaziantep geborene und heute in Bochum lebende deutsch-kurdische Regisseurin hat vor zwei Jahren im Alten Wartesaal des Herner Bahnhofs erstmals in unserer Stadt inszeniert und gab nun ihr heftig umjubeltes Debüt am Theater Kohlenpott.

Wie auch die beiden Schauspieler, die Hamburgerin Roxana Safarabadi und der Münsteraner Emmanuel Edoror. Die in Bielefeld aufgewachsene Deutsch-Iranerin war in gut einem Dutzend Filmrollen u.a. im Kino, beim NDR, ZDF und bei Arte zu sehen und ist seit vielen Jahren ständiger Gast im Hamburger Ernst-Deutsch-Theater. Der vor 28 Jahren in der nigerianischen Hauptstadt Lagos geborene Schauspieler, Tänzer und Choreograph lebt seit 2004 in Deutschland und absolvierte ein Physical Theatre-Studium an der Essener Folkwang-Universität. Er spielt und choreographiert seit 2007 beim Jungen Theater Cactus in Münster.

Kristo Šagor, 1976 im niedersächsischen Stadtoldendorf zur Welt gekommen, schaffte mit „Durstige Vögel“, 2000 am Schauspielhaus Bochum herausgekommen, seinen Durchbruch als Dramatiker. Er ist aber seit vielen Jahren auch als Regisseur erfolgreich, so wurde seine Bochumer Philipp-Löhle-Inszenierung „Genannt Gospodin“ 2008 zum Mülheimer „Stücke“-Wettbewerb eingeladen und für seine Musil-Adaption „Törleß“ am Deutschen Schauspielhaus Hamburg erhielt er im gleichen Jahr den deutschsprachigen Theater-Oscar „Der Faust“. Seit 2015 gehört Frank Hörners Inszenierung seines Stücks „Patricks Trick“ mit Manuel Moser und Jan-Friedrich Schaper zum Repertoire des Theater Kohlenpott in Herne.

Die Premiere von „Ich lieb dich!“ für alle ab acht Jahren in der effektvoll-bunten Ausstattung von Debo Kötting mit einem Eiswagen als zentralem Requisit für die Erinnerung Julians an seine erste große Liebe und unter der musikalischen Leitung von Isabelle Finau wurde am 4. September 2021 mit stehenden Ovationen gefeiert in den Herner Flottmann-Hallen. In der sehr körperbetonten, mit einer rasanten Streetdance-Einlage gepowerten Inszenierung ziehen die beiden Darsteller alle Register: Liebe ist hier Emotion pur in Sprache, Bewegung und Tanz. Am Premierenabend verzichtete das Kohlenpott-Team auf das Eintrittsgeld und rief zu Spenden für „Visions for Children“ auf, einer gemeinnützigen Organisation, die derzeit 23 Projekte an elf Schulen in Afghanistan und Uganda unterstützt.

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Die nächsten Aufführungen: Am Sonntag, 12. September 2021, um 16 Uhr sowie am 13. und 14. September 2021 jeweils um 10 Uhr in den Flottmannhallen. Tickets unter karten@theaterkohlenpott.de.

Vergangene Termine (3) anzeigen...
  • Sonntag, 12. September 2021, um 16 Uhr
  • Montag, 13. September 2021, um 10 Uhr
  • Dienstag, 14. September 2021, um 10 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann