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Hotel im Angebot: Michael Zimmermann, Uwe Rainer Schulz und Conny Hirschi.

Turbulenter Spaß der Amateurbühne Lampenfieber

Hotel im Angebot

„Einmal im Jahr ist Kirmes auf Crange“ – zu wenig für das kleine, in die Jahre gekommene Hotel Schwarzes Rössl mit Blick auf den Rhein-Herne-Kanal. Das mit dem reichlich Seemannsgarn spinnenden Kapitän Störtebecker (herrlich über den spitzen Stein parlierend: Thomas Hirschi) nur über einen Dauergast verfügt. Für Tina Tönnes, die Managerin (Andrea Andres), und ihren Gatten Toni (überragender Slapsticker: Uwe Rainer Schulz) ist die Mammutaufgabe, die „alte Stadtvilla“ (Konsalik als Gästelektüre, Alpenpanorama an der Wand: Sonderapplaus für die Ausstatter Thomas Hirschi, Bruce Fabri und Sven Feniger) am Leben zu halten, allein nicht zu stemmen, zumal sich Letzterer eher als Smutje denn als Direktor versteht.

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Aber es flackert ein Lichtlein am Horizont, hat doch mit Georg Stich (souverän gelungenes Debüt: Michael Zimmermann) ein Bochumer Geschäftsmann Interesse am Kauf der ziemlich heruntergekommenen Bruchbude bekundet. Er will in ein paar Tagen das Schwarze Rössl inspizieren, bis dahin kommt noch eine Menge Arbeit auf das Hauspersonal zu, um die gröbsten Schäden zu beseitigen. Als plötzlich der Stich-Tag vorverlegt wird, bricht Hektik aus: Um dem potentiellen Käufer ein ausgelastetes Hotel vorzugaukeln, verwandelt sich Tina ebenso in einen Hotelgast wie der hochprozentige Handwerker Schröder (dem Installateur ist nichts zu schwör: Wolfgang Späth).

Hotel im Angebot: Kristina Geßner, Michael Zimmermann, Uwe Rainer Schulz, Isa Hübner und Thomas Hirschi.

Aus dem etwas trotteligen, aber liebeswerten Totti (Paraderolle für Michael Hirschi), dem Mädchen für alles, wird flugs – und im fliegenden Wechsel – der Rezeptionist, der Manager, das Zimmerservice-Mädel und die Servicekraft im Speisesaal, während sich Hausherr Toni in die Küche zurückzieht und nur in Notfällen selbst Hand anlegt, wenn etwa eine Glühbirne im Foyer ausgewechselt werden muss. Was ihn selbst in höchste Not bringt – und das vor Lachen geschüttelte Publikum geradezu von den Sitzen reißt.

Zusammen mit Georg Stich und seiner feschen Gattin Lola (heißer Feger in Neon-Rosa: Isa Hübner) treffen auch noch zwei weitere Überraschungsgäste ein: die nymphomanische Elvira Breitbein („erotische Wanderheuschrecke“: die Regisseurin Conny Hirschi) und der Scheich Abdul El Hadsch (fulminante Doppelrolle: Thomas Hirschi), der für seinen Herrscher gerade auf „Einkaufstour“ im Pott weilt und ebenfalls ein Auge auf das plötzlich gar nicht mehr so unscheinbare Etablissement geworfen hat. In dem endgültig der Teufel los ist, als mit Charlotte Albrecht (Kristina Geßner) eine sportliche Lehrerin aus gutem Hause auftaucht, die sich als Stichs Verlobte zu erkennen gibt…

Der turbulente, ursprünglich in Florida spielende Zweiakter The Hotbed Hotel des Amerikaners Michael Parker aus dem Jahr 2.000, den Herbert Kreppel ins Deutsche übersetzt hat, haben Conny Hirschi und Andrea Koch jetzt in schier atemberaubenden Tempo mit einem grandiosen Ensemble der Amateurbühne Lampenfieber auf die Cranger Realschulaula-Bretter gestellt. Die von den beiden Regisseurinnen geographisch in den Mittelpunkt des Ruhrgebietes, also nach Wanne-Eickel, verlegte Komödie wartet noch mit der einen oder anderen Überraschung auf, die hier natürlich nicht verraten wird. Nur soviel: selbst manch‘ abgestandener Altherrenwitz wirkt durch die zum Brüllen komische Situationskomik und die ungemeine Spielfreude aller Akteure sowie die auf den Punkt getimte Choreographie („So viel männliche Vielfalt war nie“) wie neu.

Die 2012 in Wanne-Eickel gegründete Lampenfieber-Truppe versteht es, immer wieder frische Gesichter auf die Cranger Bretter zu bringen, in diesem Fall Michael Zimmermann, eine Idealbesetzung der eher trockenen Rolle des sich so seriös gebenden Bochumer Geschäftsmannes Georg Stich, der es in Wirklichkeit faustdick hinter den Ohren hat. „Flimmerndes Herz - ich spür' es kribbeln in dir drin“: Heuer sorgt nicht nur wie gewohnt Frank Lindner für ein fetziges musikalisches Entree mit Gitte Haennigs Evergreen, sondern auch Regisseurin Conny Hirschi beweist als männerverschlingende Elvira zu Beginn des zweiten Aktes Entertainer-Qualitäten mit Margot Werners Hit „So ein Mann“ – mitten im Parkett!

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Drei-Männer-Bett statt Drei-Männer-Eck: die Spirale des nackten Wahnsinns dreht sich in Hotel im Angebot nach gut zwei Stunden immer schneller. Die vielleicht beste, jedenfalls aber die turbulenteste Produktion der Lampenfieber-Truppe wird nur noch zweimal aufgeführt in der Aula der Realschule Crange: Freitag, 15. November und Samstag, 16. November 2019 jeweils um 19 Uhr.

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  • Freitag, 15. November 2019, um 19 Uhr
  • Samstag, 16. November 2019, um 19 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann