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Die Herner Spielkinder haben jetzt eine Hörspiel-CD zum 250. Geburtstag Friedrich Hölderlins produziert.

Herner ehren Lyriker zum 250. Geburtstag

Hartmut, die Hibernia-Hörspieler und Hölderlin

Rasch noch zum Ende des Gedenkjahres an den deutschen Dichter Friedrich Hölderlin, zum 250. Geburtstag des „Sonderlings“ aus dem Tübinger Turmzimmer, machen Herner Künstler dem vergessen geglaubten Schriftsteller ein ganz besonderes Geschenk. Hartmut Kasper, Wanne-Eickeler Science-Fiction-Autor und das Künstlerkollektiv „Spielkinder“ um die Schauspieler-Familie Beckmann aus Holsterhausen haben eine Hörspiel-CD mit autobiografischen Bezügen zum schwäbischen Poeten produziert.

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Zur Vorgeschichte: „Die Idee zu dem Hölderlin-Hörspiel kam auf, nachdem wir die Premiere von ‚Das Ding aus dem All‘ bei der Ausstellungseröffnung von ‚Aliens are welcome - Science Fiction in der westfälischen Literatur‘ auf dem Kulturgut Haus Nottbeck gefeiert haben“ berichtet Nils Beckmann, auch studierter Germanist, zur Entstehung der Ton gewordenen Hölderlin-Hommage. Und weiter: „Das Ding aus dem All besteht aus zwei Hörspielen, die Kasper alias Perry-Rhodan-Autor Wim Vandermaan für die Ausstellung geschrieben hat. Wir als Spielkinder wurden von den Kuratoren der Ausstellung gefragt, ob wir die Hörspiele nicht als Live-Hörspiel inszenieren wollen. Haben wir gemacht und anschließend ist die Idee entstanden, für das Hölderlin-Jubiläumsjahr ähnliches auf die Beine zu stellen.“

Sebastian Maier, in dessen Studio die Aufnahme gemacht wurde, hat die Musik beigesteuert.

Allen Beteiligten ist dann aber die Corona-Pandemie dazwischengekommen und aus dem Live-Hörspiel ist ausschließlich ein Hörspiel entstanden. Wieder aus der Feder von Kasper, daher die Nähe zur Science-Fiction, die sich auch im Hörspiel „Hölderlins Fenster“ wiederfindet. Darum geht es: „Unser Hörspiel erzählt die Geschichte des Scheiterns am eigenen Anspruch eines Ein- und Weggesperrten, einer Isolation eigener Art. Soll der Dichter des berühmten Briefromans ‚Hyperion‘ nicht wahnsinnig gewesen sein, Stimmen gehört und sich mit ganz anderen verwechselt haben, mit Kopfgeburten, Geistern? Der, durchaus nicht unvermögend und von der lebenspraktischen Mutter für den Pfarrdienst vorgesehen, auf der Suche war nach Sinnstiftung und Verwirklichung revolutionärer Ideen von selbstbestimmter Freiheit und der unter diesen Spannungen litt, die ihn zerrissen und unter denen er schließlich zusammenbrach“ fasst Nils Beckmann, der auf der CD der Titelfigur seine Stimme leiht, zusammen.

In seinem Turm begegnen Hölderlin in den Fenstern Reflektionen, Flashbacks, Vexierbilder und Spiegelungen. So gibt es Besucher, die aus der Zeit und der Wirklichkeit gefallen sind - begleitet vom Zeitgeist. In Dialogen werden das Werk und die Krise(n) des Dichters Zeit ausgeleuchtet, abseits von romantischen Floskeln und literaturhistorischen Mythen. Zur Musik von Sebastian Maier, in dessen Studio auch die Aufnahme unter Einhaltung aller Abstands- und Hygieneregeln gemacht wurden, spielen beziehungsweise sprechen: aus den Reihen der Beckmänner und -frauen Nils den Dichter, Bruder Till den Bankier Gontard und Schwester Lina Friedrichs Mutter. Als Gäste, die häufiger bei den Herner Spielkindern mitmischen, sind Linas Ehemann Charly Hübner als Figur aus der Jetzt-Zeit, und eben aus dieser fallend, als der TV-Ermittler Bukow, welcher dem Dichter-Genius zu Geld bringenden Kriminalgeschichten rät, und Greta Schareck dabei. Sie leiht Hölderlins Liebe Susette ihre Stimme.

Regie hat dabei ihr Vater, der sehr erfolgreiche Hörspiel-Regisseur Uwe Schareck, geführt. „Schareck hat in Herne auch schon Goethes ‚Werther‘ für die ‚Tage Alter Musik‘ mit Till und mir inszeniert“ berichtet Nils und beschreibt das gemeinsame Anliegen von Kasper und seinen Geschwistern wie folgt: „Bei diesem Projekt haben wir Hölderlin durch verschiedene Perspektiven umkreist und uns die Frage gestellt, was Geld für die Kunst sowie Anerkennung für die Künstler bedeutet und wieviel Kalkül in dem Wahnsinn und der romantischen Liebe zwischen Hölderlin und seiner Diotima Susette Gontard steckt, die Hölderlin auszeichnen.“

Der gebürtige Wanne-Eickeler und promovierte Germanist Hartmut Kasper, der sich einen Namen gemacht hat als Autor zahlreicher Perry-Rhodan-Romane unter dem Pseudonym Wim Vandemaan, hat sich nicht nur als Gymnasiallehrer mehrfach mit Friedrich Hölderlin beschäftigt, dem er einen höheren öffentlichen Stellenwert wünscht. „Ein Panorama mit mehreren Erzählsträngen“, dem intensive, lang andauernde Recherchen vorangingen, nennt Kasper sein Werk, das nun, so der Autor, nicht mehr ihm gehört, sondern den Spielkindern, dem Künstlerkollektiv um die Beckmanns, bei denen er es in guten und in wahrsten Sinn des Wortes beredten Händen weiß.

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Die Beckmann/Kasper-CD „Hölderlins Fenster – Die unmöglichen Begegnungen des Herrn Hofbibliothekars“ ist im Handel für 15 Euro erhältlich, kann aber auch bei den bekannten Streaming-Diensten gehört werden. Online ist sie auch digital erwerbbar.

| Quelle: Sabine Herrmann