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Die Ruhelosen: Kurze Momente der Ruhe im Atelier: der Maler Damien Feki (Damien Bonnard) und seine Gattin Leïla (Leïla Bekhti).

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'Die Ruhelosen'

Meeresrauschen, eine junge Frau schläft an recht steinigen Strand. Es ist die Restauratorin Leïla Feki (Leïla Bekhti), die mit ihrer Familie ihren Sommerurlaub an der Küste verbringt. Ihr Mann, der Maler Damien (Damien Bonnard), ist zusammen mit ihrem gemeinsamen Sohn Amine (Gabriel Merz Chammah) mit dem Boot in die Bucht gefahren zum Schwimmen und Schnorcheln. Verstörend, dass der Kleine das verhältnismäßig riesige Motorboot allein in Ufernähe steuert, während sein Vater zurückschwimmt – und beängstigend lange auf sich warten lässt.

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Auch in der Ferienwohnung lebt Damien nach dem Rhythmus seiner bipolaren Störung, was bedeutet, dass er unter Schlafstörungen leidet und nachts um 2 Uhr das Mofa repariert, um mit diesem am frühen Morgen auf dem Markt Fisch einzukaufen. Als sein Freund und Galerist Serge (Alexandre Gavras) mit Tochter Léa (Dani Iffard-Stettner) kommt, um Details für eine geplante große Einzelausstellung zu besprechen, gerät Damien in so euphorische Stimmung, dass er die beiden in einer Hängematte dösenden Kinder so heftig schaukelt, bis diese zu weinen anfangen.

Die Ruhelosen: Sommerfrische am Strand: Leïla (Leïla Bekhti) und ihr Sohn Amine (Gabriel Merz Chammah).

Ein Aufenthalt in einer Psychiatrischen Klinik stellt Damien medikamentös wieder neu ein. Doch Leïla, bisher stets an der Seite ihres Gatten, ahnt, dass die nächste manische Krise nicht lange auf sich warten lässt: Damien wird sich angesichts der Ausstellung unter enormen Leistungsdruck setzen, seine Stimmungsschwankungen werden zunehmen, begleitet von Begeisterungsausbrüchen, die im nächsten Augenblick umschlagen können in körperliche Exzesse bis hin zur Gewaltanwendung.

Ein wenig Hilfe verspricht sie sich von Damiens Vater Patrick (Patrick Descamps), der sein Enkelkind in die Weinberge mitnimmt und beruhigend auf seinen Sohn einwirken kann. In der Tat ist Damien nun fast ständig unter Strom, übermalt nachts in seinem Atelier bereits fertige, für die Ausstellung bestimmte großformatige Gemälde, verweigert die Einnahme seiner Lithium-Tabletten. Der sich ankündigende Schub kommt – mit lebensgefährlichen Folgen für Amine, weil Damien sich weigert, in der Klinik behandeln zu lassen.

Leïla stößt an ihre Grenzen und ist ihrer Freundin Colette (Colette Kieffer) dankbar, dass sie auf ihrer Party ausgelassen tanzen kann und so für wenige Stunden auf andere Gedanken kommt. Als ein völlig erschöpfter Damien dann doch von der Ambulance in die Klinik gebracht werden kann, kümmert sich Opa Patrick um seinen Enkel und Leïla endlich um ihre Möbelrestaurierungen. Doch Damien ist bald wieder daheim, beginnt nun wieder alles von vorn? Ihr Misstrauen ist groß, sodass er sich rund um die Uhr unter Beobachtung fühlt und zu seinem Vater zieht. Die Medikamente machen ihn schlapp – tragisch für einen Kreativen. Amine hat für die Trennung seiner Eltern kein Verständnis, hält trotz allem selbst Erlebten zu seinem Vater. Der Gordische Knoten kann nur gelöst werden, wenn Damien sich in die Lage seiner völlig überforderten Gattin versetzt – und Leïla wieder Vertrauen zu ihm fasst…

Nach „After Love“ webt der Belgische Regisseur Joachim Lafosse mit „Die Ruhelosen“, uraufgeführt am 16. Juli 2021 im Wettbewerb der Filmfestspiele in Cannes, eine sensibel präzise und herzberührend intime Reflexion um die Frage, wieviel emotionale Erdbeben eine Beziehung aushalten kann. Sie lebt über knapp zwei Stunden ganz von der Glaubwürdigkeit und enormen Leinwandpräsenz der beiden Protagonisten Leïla Bekhti und Damien Bonnard. Zum Kinostart in Deutschland am 14. Juli 2022 wird der Film im Ruhrgebiet nur im Sweetsixteen Dortmund gezeigt.

Dienstag, 12. Juli 2022