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Pure Nostalgie: Uwe Seeler (re.) im Zweikampf mit Hernes Nationalspieler Alfred Pyka vor rund 38.000 Zuschauern am Schloss Strünkede am 28. Mai 1960 - der HSV gewann durch zwei Tore von Seeler mit 4:3.

Rückblick auf Spiele der verstorbenen HSV-Legende

Als Uwe Seeler sein Können in Herne zeigte

Am Donnerstag (21.7.2022) trauerte nicht nur Fußball-Deutschland um einen der größten Spieler dieses Landes: Uwe Seeler, Legende des Hamburger SV (HSV), verstarb im Alter von 85 Jahren. Der sympathische Norddeutsche hinterließ dabei auch in Herne seine Spuren - besonders im Gedächtnis geblieben ist ein Tor im Jahr 1960 gegen Westfalia Herne. Historiker Ralf Piorr blickt zusammen mit halloherne zurück auf die Geschichte eines großen Fußballers.

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„Uwe Seeler gehört zu der alten Generation der damaligen Oberliga, in der auch Herner Fußball noch erstklassig war“, erinnert sich Ralf Piorr. „Leider - aus Herner Sicht - hat er immer besonders gute Tage gegen den SV Sodingen und Westfalia Herne erwischt. Das war insbesondere für Hans Tilkowski, damaliger Nationaltorwart und Schlussmann bei Westfalia, schlecht - als Sportler hat Tilkowski gegen Seeler nie gut ausgesehen.“

Alle Partien für den HSV - bis auf eine Ausnahme

Zwei Spieler der Zwischengeneration: Uwe Seeler (li.) und Torwart Hans Tilkowski (2.v.li.) zu Beginn ihrer internationalen Karriere im Trikot der Deutschen Nationalmannschaft im Jahr 1958.

Der HSV-Akteur, der während seiner aktiven Karriere bei keinem anderen Verein spielte - mit Ausnahme einer Partie beim irischen Klub Cork Celtic, sechs Jahre nach seinem Rücktritt - galt stets als Zwischengeneration zwischen den beiden deutschen Weltmeistermannschaften von 1954 um Fritz Walter, Helmut Rahn, Horst Eckel und Toni Turek sowie von 1974 um Gerd Müller, Franz Beckenbauer und Sepp Maier.

„Uns Uwe“, wie Seelers Spitzname lautete, war einer der besten Kopfballspieler Deutschlands, trotz seiner geringen Körpergröße von 1,69 Meter. Unvergessen bleibt sein Tor, welches er im Viertelfinale der WM 1970 in Mexiko gegen England erzielte. Der Kapitän köpfte kurz vor Ende der regulären Spielzeit eine Flanke mit dem Hinterkopf zum 2:2-Ausgleich ins Tor. In der Verlängerung siegte Deutschland durch ein Tor von Gerd Müller mit 3:2.

„Sein Image und Auftreten war immer besonders und er war immer sehr ehrlich. Das brachte ihm auch im Ruhrgebiet viele Anhänger ein, da sich hier viele Menschen mit ehrlicher und harter Arbeit identifizieren konnten“, berichtet Ralf Piorr im Gespräch mit halloherne. „Er war auch ein absoluter Teamplayer.“

Rekordkulisse im Stadion am Schloss Strünkede

In Herne war Seeler zwei Mal durch die damalige Endrunde zur Deutschen Meisterschaft aktiv: Am 11. Juni 1955 spielte der SV Sodingen 1:1-Unentschieden gegen den HSV. Fünf Jahre später, am 28. Mai 1960, traf Westfalia Herne dann auf die Norddeutschen. Seeler war bis dahin schon fünf Mal Torschützenkönig der Oberliga Nord geworden. „Im Stadion am Schloss Strünkede waren damals rund 38.000 Zuschauer (offizielle Angaben nennen 35.000, Anm. d. Red.) - bis heute die Rekordkulisse. Die Spieler hörten in den Umkleidekabinen die Decken knarzen, da die Zuschauer auf den Dächern standen“, beschreibt Piorr den Andrang. Seeler schoss zwei Tore, inklusive des 4:3-Siegtreffers für den HSV.

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„Neben dem Hinterkopf-Tor erzielte er wenige Tage nach dem Spiel im Strünkede-Stadion, am 4. Juni 1960, ein weiteres, sehr bekanntes Tor im Hamburger Volksparkstadion. In der 65. Minute segelte eine Flanke in den Strafraum und Seeler sowie Tilkowski gingen zum Ball, beide verfehlten ihn aber und fielen auf den Boden. Seeler lag mit dem Rücken auf dem Boden, als der Ball wieder aufsprang, der Stürmer schaltete am schnellsten und erzielte ein Fallrückzieher-Tor im Liegen“, beschreibt Piorr die Szene. „So eine schnelle Reaktionsfähigkeit und die Antizipation, da zu sein, wo der Ball hinkommt, das konnten nur sehr wenige Spieler.“

'Sein Siegestor war ein Gedicht'

Dieses Tor zum 2:1-Sieg entfachte endgültig den Hype um „Uns Uwe“: „Über Uwe Seeler müsste man fäss­er­weise Honig aus­schütten“, jauchzte die ​„Welt“ damals. ​„Sein Sie­gestor war ein Gedicht, ein Meis­ter­stück fuß­bal­le­ri­scher Artistik“, jubi­lierte das Magazin ​„Sport“.

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Seeler vergaß aber den Herner Fußball auch nach seiner Karriere nicht. „2004 habe ich ihn aufgrund des 100-jährigen Vereinsjubiläums von Westfalia Herne angeschrieben. Er hat persönlich geantwortet, sich an die damaligen Zeiten erinnert und ein Vorwort für das Buch geschrieben. Das machen nicht viele“, freut sich Ralf Piorr. Er, aber auch sehr viele andere Deutsche, egal ob HSV-Fan oder nicht, werden Uwe Seeler daher immer gebührend in Erinnerung behalten.

| Autor: Marcel Gruteser