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Rauminstallation von Hans-Jürgen Jaworski: 'All dies und auch noch der Himmel'.

Rauminstallation im Hallenbad

All' dies' und auch noch der Himmel

Neulich flatterte eine Einladung ins E-Mail-Postfach, darin hieß es: „Liebe Kunstfreunde, was macht ein Künstler mit seinem Gerümpel?…..Eine Installation! Und was macht er, wenn er viel Gerümpel hat?….Eine Rauminstallation! Ich weiß nicht, ob ich ein Künstler bin, aber ich weiß, dass ich viel Gerümpel habe. Deshalb lade ich Euch herzlich zu meiner Rauminstallation „All' dies' und auch noch der Himmel" ein. Sie wird am Donnerstag, 28. Oktober 2021, 15 bis 18 Uhr, mit einer stillen Vernissage eröffnet. - Nun, wenn das mal nicht neugierig macht.

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Eingeladen hatte auf so nette Art und Weise der Wanne-Eickeler Kunstpfarrer Hans-Jürgen Jaworski. Im Gespräch mit halloherne erklärt Jaworski, dass seine Werke, die die Rauminstallation bilden, alle schon einmal ausgestellt waren, allerdings noch nie so zusammen. Jedes Stück kommt aus einer anderen Ausstellung. Jetzt also zusammengewürfeltes Gerümpel: Betritt man das KreativQuartier 'Hallenbad' an der Heinestraße, so wirkt alles ungewohnt hell. Damit das so ist, hat Jaworski den weiß gestrichenen Raum zuerst entrümpelt, bevor er sein „Gerümpel“ in den Raum installierte.

Hans-Jürgen Jaworski in seiner Rauminstallation: 'All dies und auch noch der Himmel'.

Ins Augen fallen sofort fünf alte Haspeln, die die linke Raumseite einnehmen und auf weißen Stelen stehen. Erstanden hat er sie in Schweden auf diversen Flohmärkten. Die kreuzförmigen und drehbaren Holzgestelle, die in der Mitte mit einer Kurbel versehen sind, dienten einst in einer Spinnerei der Aufwicklung des gesponnen Garns. Jaworski hat die Haspeln jedoch nicht mit Garn bestückt, sondern mit altem rostigen Stacheldraht. Dazwischen steht auf der Erde eine Altarkerze, die er auf alte Bremsscheiben gestellt und ebenfalls mit Stacheldraht umwickelt hat. Absichtlich so tief unten, absichtlich auf Bremsscheiben - damit wird das Anzünden erschwert.

Wer zündet die Kerze an und warum?

Wendet sich der Betrachter der rechten Raumseite zu, so stehen hier ebenfalls fünf weiße Stelen. Auf ihnen thronen fünf große Garnspulen, die er aus Schweden mitgebracht hat, sie sind mit Leim überzogen und mit alten rostigen Nägeln bestückt. Auch in dieser Mitte steht eine Altarkerze auf einer Bremsscheibe umwickelt mit Stacheldraht. Tiefer unten in einer Ecke liegt ein Stapel alter ausrangierter Gesangsbücher, auf deren Buchrücken jeweils ein Buchstabe prangt: Reiht man diese aneinander, ergibt sich daraus die Aufforderung: Cantate Domino.

Die vielen rostigen Nägel die er in seinem Werk verarbeitet hat, man ahnt es schon, hat Jaworski aus Schweden mitgebracht. Inspiriert wurde er dabei nicht von dem Künstler Günther Unger, sondern vielleicht von einer Geschichte aus seiner frühen Kindheit, wie er erzählt: „Als ich etwa fünf Jahre alt war, bekamen meine Eltern einen neuen Wohn-Küchenschrank. Ich bin als kleiner Knirps darauf geklettert und habe einen Nagel in die schicke Funierwand gekloppt. Alle haben sich fürchterlich aufgeregt, nur mein Oppa, der sagte: Guck mal was der Junge schon kann.“

Buchrücken fordern auf: Cantate Domino!

Es bleibt natürlich dem Betrachter überlassen, was er in der Gesamt-Installation sieht. Für Jaworski stehen die fünf Haspeln für die fünf Kontinente, mit ihrem ganzen Elend der Menschheit. Sie stehen für die Not, die Verfolgung und Unterdrückung. Ebenso wie die Haspeln stehen auch die fünf Garnrollen für die fünf Kontinente. Aber in diesen Werken sieht er eher den Grund für die Not, Verfolgung und Unterdrückung. Jaworski: „Diese Garnspulen symbolisieren für mich: Die Menschen sind vernagelt - im Kopf und in den Herzen.“ Beide Raumseiten zeugen und zeigen eine blutige Brutalität. Und über allem spannt sich der titelgebende Himmel: All das, was wir hier sehen und dann noch der Himmel. Den Himmel hat Jaworski an die Wände des Hallenbads drapiert, mit Baumscheiben, Birkenholz aus Schweden, die er golden angemalt hat. Dazwischen finden sich die Worte: Frieden - auf - Erden. Sie wirken auf mich wie ein Ort der Stille und des Friedens.

Natürlich will auch Hans-Jürgen Jaworski mit seinem Werk den Betrachter zum Nachdenken animieren. Ist es wirklich alles so gedacht, wie wir es machen? Greifen wir nicht immer mehr nach den Sternen? Wird die Welt besser, indem wir auf die private Raumfahrt hinarbeiten? Gehen wir nicht mit all unserem Tun am Himmel vorbei? Sollten wir nicht viel mehr im Alltag loben und dankbar sein? Oder auch mal eine Kerze, ein Licht anzünden? Aber, sagt er: „Es ist natürlich nicht vorgeschrieben, was die Besucher sich bei der Betrachtung denken. Es kommen ja Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen, das kann wirklich spannend werden.“

Haspeln umwickelt it Stacheldraht: 'All dies und auch noch der Himmel'.

„Aber egal, ob die Werke zusammen stehen oder alleine“, sagt Hans-Jürgen Jaworski im gegenüber halloherne, „sie entsprechen immer meinem Weltbild und fügen sich in meine Sicht auf die Welt ein. Sie sind dabei immer ein Stück philosophisch, theologisch und politisch." Im Prinzip könnte Jaworski eine riesige Halle mit seinen Werken füllen, denn Ideen hat er noch jede Menge im Kopf und Arbeiten, die er schon einmal gezeigt hat sowieso: „Ich habe ja noch mehr so 'nen Zeug," erzählt er. „Spinnräder, Webstühle, Baumstämme, alte Türen, Schulbänke und und und. Es ist völlig egal womit ich arbeite, meine Werke sind am Ende immer philosophisch, theologisch und politisch." Jeder kann gucken und vielleicht eine, seine eigene, Erkenntnis aus der Ausstellung mitnehmen.

Während der Öffnungszeiten wird der Künstler zu jeder vollen Stunde für fünf Minuten Gedichte vortragen. Ferner dürfen die Besucher die Ausstellung mitgestalten, indem sie Papierschwalben (Friedenstauben) basteln und durch den Raum schweben lassen. Dafür werden Blätter ausliegen, die mit unterschiedlichsten Sprüchen bedruckt sind. Zum Beispiel. Wo Friedenstauben fliegen, werden Helden-Denkmäler beschissen. Jede Schwalbe wird dort liegen bleiben, wo sie landet.

Sind die Menschen wirklich so vernagelt?: 'All dies und auch noch der Himmel'.

Gerümpel-Gerede-Geräusche

Bei der Finissage am Sonntag, 7. November 2021, 15 bis 17 Uhr, darf jeder Besucher um 17 Uhr einen Teil der Ausstellung mitnehmen - eine goldene Wandscheibe. „Aber erst,“ erzählt Jaworski, „nachdem man gehört haben wird, wie ein bekannter Bassklarinettist das Gerümpel durch wirklich kunstvolle Geräusche interpretiert.

Also 3-G: Gerümpel-Gerede-Geräusche….und geimpft-genesen-getestet sowieso!“

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„Aber bitte nicht alle auf einmal kommen…Die Installation füllt ja den Raum!“

Vergangene Termine (6) anzeigen...
  • Donnerstag, 28. Oktober 2021, von 15 bis 18 Uhr
  • Mittwoch, 3. November 2021, von 10 bis 13 Uhr
  • Donnerstag, 4. November 2021, von 15 bis 17 Uhr
  • Freitag, 5. November 2021, von 15 bis 17 Uhr
  • Samstag, 6. November 2021, von 10 bis 13 Uhr
  • Sonntag, 7. November 2021, von 15 bis 17 Uhr
| Autor: Carola Quickels