
Fahrradfahren in Corona-Zeiten
Radeln gegen das Virus
Das sommerliche Frühlingswetter der letzten Wochen ist eigentlich das ideale Wetter um nach der langen Winterzeit den Drahtesel aus der Versenkung zu holen und durch die Landschaft zu radeln - Wind und Wetter im Gesicht spüren. Ein weiterer Anreiz: Gerade zur Corona-Pandemie empfehlen Experten und Politikern auf das Fahrrad umzusteigen und so das Infektionsrisiko zu minimieren. Außerdem hilft es auch gegen Lagerkoller. Ja, aber... Was tun wenn das gute alte Zweirad nach einer Überholung schreit, wenn ihm die Luft ausgegangen ist oder die Bremsen ihren Dienst versagen? Oder noch schlimmer: Wenn es an einem geeigneten zweirädrigen Fortbewegungsmittel fehlt? Ganz einfach: Ab zum Fahrradhändler meines Vertrauens.
Ja, aber: Während der Corona-Pandemie durften auch die Fahrrad-Händler vor Ort ihre Läden nicht öffnen. Auch für sie galt die Kontaktsperre. Die Verbände der Fahrrad-Branche hatten vorgeschlagen, den Verkauf in den Ladenlokalen zu gestatten - natürlich unter Einhaltung der Hygiene- und der geltenden Abstandsvorschriften. Die Länder haben dies unterschiedlich gehandhabt: In drei Bundesländern war es stationären Fahrrad-Händlern erlaubt, ihre Läden zu öffnen: Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Klar könnte ich mir auch ein Fahrrad im Internet kaufen, denn Online-Händler durften ihr gesamtes Sortiment anbieten und verschicken. Aber will ich das? Nein. Mir ist die Beratung und auch die richtige Einstellung meines Rades, verbunden mit einer Probefahrt, wichtig. Hinzu kommt, dass ich natürlich auch die Händler vor Ort stärken möchte.

Dass Radfahren gesund ist, das ist nicht erst seit Corona bekannt: stärkt es doch die Lunge, das Herz- und das Kreislaufsystem und ist zudem auch für das Immunsystem von Vorteil. Und ein ziemlicher Pluspunkt ist in Zeiten wie diesen, dass ich mich auf meinem Fahrrad nicht mit dem hinterlistigen Corona-Virus anstecken kann, da ich ja - im Normalfall - alleine auf meinem Rad sitze, anders als im öffentlichen Nahverkehr, dort muss ich mir Bus und Bahn mit vielen Menschen teilen.
Was also tun, wenn ich eines der oben beschriebenen Fahrrad-Probleme habe? Den Nachbarn fragen, ob er des Schlauwechselns mächtig ist? Oder ob er mir vielleicht sogar sein Fahrrad leiht? Stichwort: Bike-Sharing. Wobei - klammern sich seine Viren am Lenkrad fest? Und klammern sie sich anschließend an mir fest? Fragen über Fragen in Corona-Zeiten. Ich glaube, ich gehe einmal zu einem örtlichen Fahrrad-Händler - zum Beispiel zu Frank Korte. Auch er musste seinen Laden an der Bahnhofstraße auf Geheiß der Landesregierung seit dem 17. März 2020 schließen, da die Fahrrad-Händler nicht systemrelevant sind. Wobei ich finde: Ein funktionierendes Fahrrad ist sehr wohl relevant.
Herr Korte, Sie mussten Ihren Laden für fünf Wochen schließen. Wie war das für Sie?
Wir haben uns natürlich neue Verkaufswege gesucht. Zum Beispiel haben wir die Beratung per Video-Chat eingeführt. Ich wusste bis dato nicht wie so etwas funktioniert und habe wirklich viel dazugelernt. Wir haben darüber auch Räder verkauft, ein wenig hat das also schon geholfen, trotzdem sind unsere Einbußen enorm. Aber man freut sich dann doch, wenn man so das eine oder andere Produkt verkauft. Die bestellten Räder haben wir in unserer Werkstatt zusammengebaut und dem Kunden kontaktlos übergeben.
Wie geht so etwas kontaktlos?
Wir haben das Rad vor die Tür geschoben, von dort hat es der Kunde in Empfang genommen. Manch einem Kunden haben wir das neue Rad auch nach Hause geliefert - ebenfalls kontaktlos. Dabei konnten wir natürlich nicht unsere normalen Service-Leistungen anbieten, gerade was das Thema Ergonomie betrifft, war das schon ein dickes Manko. Wir haben das dann so verabredet, dass wir bei den Kunden nach dem Ende des Kontaktverbots die ergonomischen Einstellungen vornehmen werden.
Wie wurde das Video-Chatten angenommen?
Ja, wie gesagt, wir haben das eine oder andere Fahrrad verkauft. Aber, da machen wir uns nichts vor, das war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir als Fahhrrad-Händler im April den stärksten Monat im Jahr haben. Ein Kontaktverbot trifft uns zu dieser Zeit darum besonders stark - wie natürlich andere Branchen auch.
Wie funktioniert ein kontaktloser Hol- und Bringservice im Werkstatt-Bereich.
Unsere Werkstatt-Leistungen haben wir ja durchgängig angeboten - kontaktlos. Das Rad wurde von uns draußen entgegengenommen und in die Werkstatt gebracht und bei der Abholung haben wir es genau so wieder kontaktlos rausgegeben. Bezahlt wurde in der Regel per Überweisung, also auch kontaktlos. Eins kann ich aber an dieser Stelle festhalten: Wir haben ein deutlich höheres Werkstatt-Aufkommen als zur normalen Zeit. Viele Kunden haben das mit uns so kommuniziert, dass sie jetzt nicht mit dem ÖPNV fahren wollten, um eine Ansteckungsgefahr zu minimieren. Räder, die vielleicht lange Zeit nicht genutzt wurden, sollten darum jetzt fit gemacht werden.
Wann öffnen Sie Ihr Geschäft wieder für den Kundenverkehr?
Wir öffnen am Montag, 20. April 2020, zu unseren normalen Öffnungszeiten, aber vieles ist noch nicht normal. So lassen wir zum Beispiel immer nur maximal zwei Kunden in den Laden. Dazu werden wir die Fahrrad-Beratung nur per Termin anbieten. Die Kunden sollten uns anrufen und bekommen dann einen Termin, der zeitlich so bemessen ist, dass wir uns auch ordentlich auf die Kunden konzentrieren können. Anders als sonst, kommen die Kunden auch nicht einfach in den Laden, wir holen unsere Kunden vor dem Laden ab und bitten sie herein. Das dient unserem Schutz, aber auch dem Schutz der Kunden.
Damit am Montag aber alle wissen, wie sie sich zu verhalten haben, wird Frank Korte für Montag ein Hinweisschild mit Benimm-Regel - in dieser nicht normalen Zeit - an seine Eingangstür befestigen.
Stichwort ergonomische Einstellung
Genau zu dem Zeitpunkt, da Frank Korte seinen Laden nach Erlass der Landesregierung schließen musste, hatte er gerade sein Gerät 'Smartfit' von der Firma Radlabor geliefert bekommen. Damit kann jetzt in Herne auch das Bike Fitting durchgeführt werden: Eine perfekte Anpassung des Fahrrades an den Körper des Radlers. Dazu wird der Mensch vermessen, und die so gewonnenen Maße werden auf das Fahrrad übertragen. Das Ziel dieser Vermessung ist es, ein entspanntes und schmerzfreies Radfahren zu garantieren, die beste Sitzposition zu finden und so dazu beizutragen, dass das Fahrrad wirklich optimal und wie angegossen passt.