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Dem U-Bahn-Fahrer Roland (Wotan Wilke Möhring, r.) läuft die Gattin Susanne (Nadja Uhl) davon.

Mit Wotan Wilke Möhring

Pointierte Komödie - Männerherzen

Wann ist ein Mann ein Mann? Wenn er im Fitness-Studio die Hanteln stemmt? Wenn er auf dem Kinderspielplatz ganz im Sinn naturgemäß weiblicher Erzieherinnen jeden Streit der Kleinen im Keim erstickt? Wenn er auf dem Fußballplatz richtig Ehrgeiz entwickelt – und seinen Jüngsten nötigenfalls auch zum Foulspiel ermuntert, nur um die eigenen Bambini-Kicker zum Erfolg zu verhelfen? Wenn er, an jedem Finger zwei Schöne der Nacht, wie auf Droge Dauer-Party macht? Oder wenn er brav daheim den treusorgenden Gatten in spe gibt, mit nichts anderem beschäftigt als dem Nestbau für die sicherlich rasch wachsende Familie?

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Jerome (Til Schweiger) ist besagter Hantel-Stemmer und im Hauptberuf ein gerade auch bei jungen, attraktiven Damen gefragter Berliner Musikproduzent: das Leben eine einzige Party. Weshalb er im After-Work-Sauna-Qualm ein gefragter Ratschlaggeber für den notorischen Loser Günther (zum Knuddeln: Christian Ulmen gibt den Schwiegersohn-Typ, der so gerne Herzensbrecher wäre) ist – doch bei dem scheint Hopfen und Malz verloren.

Auch Roland (Wotan Wilke Möhring) hängt seit einiger Zeit an den Kraft-Maschinen nur noch ab: Dem Berliner U-Bahn-Fahrer ist Gattin Susanne (Nadja Uhl) davongelaufen, was ihn schier verzweifeln lässt – und aggressiv macht. Der sympathische Chaot Philip (Maxim Mehmet) hat schon viel versucht im Leben – und viel vermasselt. Aber jetzt, wo seine Freundin Nina (Jana Pallaske) schwanger ist, soll, nein: muss alles anders werden.

Und am besten so gut klappen wie bei seinem Freund Niklas (Florian David Fitz), einem so smarten wie erfolgreichen Werbeagentur-Manager, der das Leben, die Liebe und die Familienplanung mit seinem „Mäuschen“ Laura (Liane Forestieri) gründlich durchgeplant – und fest im Griff hat. Bis eine alte Zufallsbekanntschaft sein Leben aus dem Gleichgewicht bringt – wie der anlehnungsbedürftige Schnulzensänger Bruce (Paraderolle für Justus von Dohnanyi) das beschauliche Dasein des Frauenhelden Jerome...

Der anlehnungsbedürftige Schnulzensänger Bruce (Justus von Dohnanyi) sucht Rat beim Party-Löwen Jerome (Til Schweiger).

Sechs Männer, sechs Probleme – und mindestens sechs Antworten liefert „Männerherzen“, nach „100 Pro“ der zweite Film des eher als Schauspieler („Der Fischer und seine Frau“, „Mogadischu“) denn als Drehbuchautor und Regisseur bekannten Simon Verhoeven. Der 36-Jährige spielt in dieser temporeichen und wortwitzig-pointierten, aber durchaus auch romantischen Thirtysomething-Komödie erstaunlich souverän auf der Klaviatur des Mediums und kann sich dabei auf ein tolles Ensemble verlassen, Neben- und Episodenrollen (Bastian Pastewka etwa als Nudelmann und ungebetener Ratgeber) ausdrücklich eingeschlossen. Dazu liefert Kameramann Jo Heim stimmungsvolle Location-Bilder aus Prenzlberg, vom Alex und den Strandbars am Osthafen, die Lust auf Berlin machen.

Klischeefrei geht es im deutschen Unterhaltungskino niemals zu, aber Verhoevens charmant-skurrile Typenschau ist gleichermaßen liebenswert wie herzerfrischend komisch, sodaß man (und übrigens auch frau) in den furios miteinander verwobenen Short Cuts mit den Männern lacht - und nicht über sie. Und weil auch Simon Verhoeven nur ein Mann ist, kommt auch das halbe Dutzend Frauen nicht ungeschoren davon. Obwohl das weibliche Geschlecht, selbst gegenüber Womanizer Jerome, am guten Schluss nach knapp zwei Stunden das bessere Ende für sich hat. Was freilich nur der mitbekommt, der bei der ersten Abspann-Sequenz nicht gleich das Weite (oder das Klo auf-) sucht...

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Am 8. Oktober 2009 ins Kino gekommen gabs beim Deutschen Filmpreis 2010 die „Lola“ für Justus von Dohnanyi in der Kategorie „Beste männliche Nebenrolle“ und im gleichen Jahr den Bayerischen Filmpreis („Bestes Drehbuch“) sowie den Jupiter Award („Bester Film“) der Zeitschrift „Cinema“. „Männerherzen“ wird am Samstag, 2. Januar 2021, um 22 Uhr im Bayerischen Fernsehen (Drittes Programm) gezeigt und am Montag, 4. Januar 2021, in der Nacht um 1:05 dort wiederholt.

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  • Samstag, 2. Januar 2021, um 22 Uhr
  • Montag, 4. Januar 2021, um 1:05 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann