
Stipendium des LWL-Klinikums bietet wertvolle Hilfe
Mit 47 Jahren Neustart zum Traumjob Arzt
Marl (lwl). Sascha Schönig hat 20 Jahre lang im Pflege- und Erziehungsdienst der Psychiatrie gearbeitet, bevor er mit 47 Jahren endlich seinen Traum wahrmachte und ein Studium der Humanmedizin aufnahm. Wichtigen finanziellen Spielraum ermöglicht ihm dabei eine Förderung eines Stipendiums der Marler Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). In einem Interview erzählt der Vater einer kleinen Tochter, wie es zu dieser beruflichen Neuorientierung gekommen ist.
Welche Berufsausbildung haben Sie durchlaufen?
Ich bin gelernter Pflegefachmann und habe zuletzt als Stationsleitung auf einer psychiatrischen Station gearbeitet.
Was hat Sie dazu bewogen, 2019, mit 47 Jahren, noch einmal ein Studium zu beginnen? Gab es einen Schlüsselmoment?
Ja, ganz klar der plötzliche Tod meiner Mutter. Da habe ich realisiert, wie schnell das Leben vorbei sein kann. Dazu muss man wissen, dass ich schon als Grundschüler später einmal Arzt werden wollte. Aus Angst, an dem Studium zu scheitern, habe ich mich nach dem Abitur entschieden, Pflegefachmann zu werden und dann, während der Ausbildung, mit dem Medizinstudium angefangen. Aber das ging so „nebenher“ gar nicht. Ich habe dann später berufsbegleitend Pflegemanagement studiert, aber dort den Abschluss nicht gemacht. Denn ich hatte immer noch im Kopf, dass es mit der Medizin doch noch einmal klappen könnte. Mit einem abgeschlossenen Studium wäre ich Zweithörer gewesen und das hätte mir viele Nachteile gebracht. Als meine Mutter dann gestorben ist, habe ich mir gedacht: „Jetzt oder nie!“
Und wie hat Ihre Familie reagiert?
Meine Frau hat mich unheimlich bestärkt. Ohne ihre Zustimmung hätte ich das auch nicht durchziehen können. Schließlich musste ich für dieses Studium meinen Job aufgeben. Wir haben unsere Lebenshaltungskosten drastisch gesenkt und uns zum Beispiel eine kleinere Wohnung gesucht.
Haben Sie Ihr Alter beim Einstieg in das Studium als Nachteil empfunden?
Natürlich habe ich mich gefragt, ob ich mit den jungen Studienkolleg:en mithalten kann. Schließlich lag meine Abiturprüfung lange Jahre zurück. Aber ich hatte mich vorab immer neuen Herausforderungen gestellt und weitergebildet. So war ich das Lernen gewöhnt. Das Alter zählt im Hörsaal nicht. Da kommt es auf das Fachwissen an. Und selbst wenn ich im Laufe des Studiums durch die ein oder andere Prüfung gerauscht bin, hat mich das nie von meinem Ziel abgebracht: „Ich werde Arzt!“
Was bedeutet das Stipendium für Sie?
Erst einmal eine große finanzielle Entlastung. Mit meinem Wochenend-Nebenjob als Krankenpfleger und meiner Stelle als Werkstudent in der LWL-Haardklinik kommen wir jetzt ganz gut über die Runden. Außerdem erhalte ich auf diesem Weg wertvolle Einblicke in ein mögliches Berufsfeld, auch in informelle Strukturen. Das finde ich immens wichtig und spannend. Und zu guter Letzt kann ich direkt an das Studium anknüpfen. Im Moment arbeite ich an meiner Dissertation. Dabei werde ich von Prof. Dr. Dr. Martin Holtmann aus der LWL-Uniklinik Hamm betreut.
Wie sehen Sie Ihre Rolle in Ihrem zukünftigen Arbeitsgebiet?
Mein Herz schlägt schon immer für die Psychiatrie. Aufgrund der Erfahrung durch meine Famulatur auf der Station 3D „Schatzsucher“ hier in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und meine erste Zeit als Stipendiat und Werkstudent kann ich mir gut vorstellen, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie der richtige Ort für mich ist. Dabei möchte ich als Teil eines multiprofessionellen Teams mitwirken, den jungen Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen und Entlastung für das familiäre System herzustellen. Dabei bin ich überhaupt nicht blauäugig. Denn aus meinen 20 Jahren Psychiatrieerfahrung weiß ich, dass sich Krankheiten, die sich mitunter jahrelang entwickelt haben, nicht binnen weniger Monate heilen lassen.
Was würden sie anderen Menschen raten, die sich noch einmal für einen neuen Berufsweg entscheiden?
Traut Euch! Es ist besser, an einer Herausforderung zu scheitern, als ein Leben lang darüber nachzugrübeln, wie es hätte sein können!