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v.l. Jaqueline Ölschläger, Dr. Ulrike Röttger-Goeck, Dr. Rüdiger Haas, Dr. Anke Nießen und Dr. André Jacob referierten zum Thema „Frühe Hilfen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie“.

Fachleute tauschen sich aus

Diagnose: Gestörte Eltern-Kind-Beziehung

Marl (lwl). Welchen Einfluss hat die Beziehung zwischen Eltern und ihrem Nachwuchs auf die psychische Gesundheit der Kinder? Wie ist der Stand in der Eltern-Kind-Behandlung in Kinder- und Jugendpsychiatrien? Wie erleben Mütter das Therapie-Konzept einer Eltern-Kind-Station? Und welche Rolle spielt die Videogestützte Interaktionsbeobachtung in der Therapie? Über diese Fragen tauschten sich jetzt Vertreter der Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. (bagkjpp) mit rund 80 Fachleuten aus. Diese kamen deutschlandweit aus Kinder- und Jugendpsychiatrien, Hilfeeinrichtungen und Kindertagesstätten. Veranstaltungsort war die Marler Kinder- und Jugendpsychiatrie im Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL).

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„Wir wissen, schon länger, dass bereits sehr junge Kinder psychisch erkranken können“, so Dr. Rüdiger Haas, der zu diesem Austausch eingeladen hatte. Eine Depression könne man zum Beispiel schon bei Zweijährigen feststellen. „Es ist wichtig, dass wir mit unserer Behandlung ebenfalls frühzeitig einsetzen. Ein ganz entscheidender Faktor liegt dabei auch in der Eltern-Kind-Beziehung. Deshalb müssen wir diese mehr in den Fokus nehmen, ohne den Eltern eine Schuld zuzuweisen“ fordert der Ärztliche Direktor der LWL-Klinik Marl-Sinsen. „In einer neuen Leitlinie für Ärzte und Therapeuten rät die Bundesarbeitsgemeinschaft der leitenden Klinikärzte dazu, eine gestörte Beziehung als eigene Diagnose anzusehen.“ Grundlage hierfür ist ein entsprechender Eintrag im Klassifikationssystem von psychischen Störungen bei Säuglingen, Klein- und Vorschulkindern (DC 0-5). Das bedeutet, die Behandlung fokussiert sich nicht weiter nur auf das betroffene Kind und seine Bezugsperson, sondern auch auf die Interaktion zwischen Eltern und Kind.

In der Eltern-Kind-Einheit „Kunterbunt“ der LWL-Klinik Marl-Sinsen nehmen die Behandler:innen diese besondere Beziehung schon seit einigen Jahren mit in den Blick. Hier werden nicht nur die kleinen Patient:innen im Alter von sechs Monaten bis acht Jahren aufgenommen, sondern auch eine Bezugsperson und Geschwister, falls nötig. So können die Fachleute Interaktionen zwischen den Familienmitgliedern direkt miterleben. Ein videogestütztes Coaching hilft den Beteiligten, positive Anteile in der Kommunikation zu sehen und Entwicklungsmöglichkeiten zu erkennen. Weitere (Fach-)Therapien und ein Beratungsangebot der LWL-Klinik Herten für Psychotherapie, Psychiatrie und Psychosomatik ergänzen das Angebot.

Montag, 4. Dezember 2023 | Quelle: LWL Kerstin Seifert