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Luisa/Ann (Lina Beckmann) erkennt die ungeahnten Möglichkeiten, die ihr das zweite Ich eröffnen – auch bei Leopold (Benno Fürmann).

Lina und Maja Beckmann auf dem Bildschirm

Das doppelte Linchen

In Lola Randls burleskem Verwirrspiel „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ spielt Lina Beckmann als Luisa und Ann gleich die doppelte Hauptrolle. Dafür wurde die Hernerin während der Berlinale als „Beste Darstellerin“ mit dem Preis der Deutschen Filmkritik 2018 ausgezeichnet. Nun flimmert die Komödie, in der auch ihre Schwester Maja eine Episodenrolle spielt, am Dienstag, 8. Juni 2021, um 23:45 Uhr im Dritten Programm des Westdeutschen Rundfunks über den Bildschirm und wird in die ARD-Mediathek eingestellt.

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Luisa (Lina Beckmann) rast durch ihr Leben. Vom Job nach Hause, vom Ehemann zum Liebhaber, von den Erdnussflips zur Rohkost-Diät. Wem wird das nicht irgendwann zu viel? Als die Paartherapeutin eines Morgens aufwacht, gibt es sie plötzlich doppelt. Sie hat sich über Nacht aufgespalten in die alte Luisa und in die neue Ann (naturgemäß auch Lina Beckmann).

Äußerlich sehen die beiden völlig gleich aus, und das wortwörtlich bis aufs bunte Hemd. Ansonsten aber sind sie grundverschieden. Luisa steht ständig unter Strom und macht sich über alles Gedanken. Am meisten über gesunde, d.h. diätische Ernährung. Ann dagegen ist tiefenentspannt aus der festen Überzeugung heraus, nichts verlieren zu können im Leben, selbst wenn sie alles in sich hineinstopft, worauf sie gerade Lust hat. Süßigkeiten vor allem, aber auch Fast Food.

In „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ spielt die Hernerin Lina Beckmann, hier zusammen mit Charly Hübner und Benno Fürmann, gleich die doppelte Hauptrolle.

Nach dem ersten Schock, Dauergesprächen mit ihrem Psychiater Dr. Lasalle (Rainer Egger) und der reichlichen, aber wirkungslosen Einnahme harter Psychopharmaka erkennt Luisa die ungeahnten Möglichkeiten, die ihr das zweite Ich eröffnet: Endlich kann sie mit ihrem feurigen Lover Leopold (Benno Fürmann) durchbrennen, während sich die reichlich naive Ann um ihren Pantoffelhelden von Gatten, Richard (Charly Hübner), kümmert. Der verkauft chice Fertighäuser mit Smarthome-Komfort für seinen Chef Leopold, lebt aber privat seinen eigenen Traum: er hat es am liebsten gemütlich daheim.

„Mein Gott, bist du schön“: Luisa blüht förmlich auf in den Armen des narzisstischen Brusthaarzupfers Leopold. Aber auch ihr hausbackener Gatte Richard entwickelt plötzlich ungeahnte Aktivitäten, sodass der perfekte Vierer in gefährliches Wasser schippert: Luisa zeigt Anflüge von Eifersucht, was sie sich naturgemäß niemals eingestehen würde. Schließlich wird sie von der nicht nur in Liebessachen völlig unerfahrenen Ann bei immer intimeren Sachen um Rat gebeten: Telefonsex bekommt hier eine ganz neue Bedeutung.

Während Richard die neuen Seiten seiner Frau besser gefallen als es der Kontrolle liebenden Luisa recht sein kann, spannt ihre Freundin, die Zahnärztin Miriam (Inga Busch), ihr auch noch Leopold aus. Nun geht ihre Life-Work-Balance endgültig den Rhein 'runter...

In „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ nimmt die Autorin und Regisseurin Lola Randl die Grenzen und Möglichkeiten weiblicher Allmachtsphantasien aufs Korn. Lina Beckmann wirft sich mit Verve in die schwierige Aufgabe, zwei so unterschiedliche Charaktere zu verkörpern. Und macht so fulminant wie virtuos aus Luisa eine so tragische wie hochkomische Person zwischen unerfüllter Sehnsucht und überbordender Schizophrenie. Und das mit so urkomisch-expressivem Gesichtsausdruck, wie ihn das Magazin der Süddeutschen Zeitung (23. Februar 2018) in gleich sieben Variationen festgehalten hat. Das doppelte Linchen ist also keine Entsprechung zum „Doppelten Lottchen“, und in der Schlusseinstellung nach 94 Minuten schon gar nicht.

„Ich fand es wahnsinnig spannend mit mir zu spielen“, so die Hernerin, „wobei ich aber eine ganz tolle Kollegin als Double-Hilfe hatte und das war verrückt, schön, schwer und sehr kompliziert gleichzeitig!“ Für Lina Beckmann eine neue Erfahrung vor der Kamera: „Es ist etwas ganz anderes zu drehen - und es war ja keine unkomplizierte Aufgabe! Deshalb habe ich mich keine Sekunde gefragt, wie es wäre, diese beiden Charaktere auf der Bühne zu spielen!“

Wie schon in „Junges Licht“, der Rothmann-Romanadaption ihrer beiden Brüder Nils und Till Beckmann, agiert an ihrer Seite mit Charly Hübner nicht nur ihr Ensemble-Kollege am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, sondern auch ihre bessere Hälfte im wahren Leben. Dritter im Bunde ist Benno Fürmann, aber auch die Nebenrollen sind stark besetzt mit Rainer Egger als schrulliger „freudianischer“ Psychiater, Traute Hoess als esoterische Kollegin Kassiopeia und Inga Busch als verzweifelte Single-Freundin Miriam. Als Kundin Frau Schamoni zweimal kurz im Bild: Lina Beckmanns inzwischen in der Schweiz auf den Brettern stehende und beim Berliner Theatertreffen 2021 gleich zweimal vertretene Schwester Maja Beckmann.

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Filmemacherin Lola Randl: „Wer heute kein Burnout hat, der hat sich nicht richtig angestrengt, und man weiß ja, dass man sich nur richtig genug anstrengen muss, dann kann man alles erreichen. Und man muss auch alles erreichen wollen, das weiß ja jeder. Und genau davon handelt der Film. Burnout ist ein gesellschaftliches Phänomen, und ich bin gespannt, wie wir da wieder rauskommen.“

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  • Dienstag, 8. Juni 2021, um 23:45 Uhr
| Autor: Pitt Herrmann