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Die Geldbörsen werden leerer: Die Verschuldung in Herne ist nach wie vor hoch. Dies geht aus dem Bericht der Schuldnerberatung für das Jahr 2022 hervor.

Durchschnittlich 38.742 Euro Schulden, 631 Betreuungen

Arbeit für Schuldnerberatung reißt nicht ab

Die Überschuldungsquote in Herne ist ungebrochen hoch. Mit 16,44 Prozent ist sie in Herne fast doppelt so hoch wie die deutschlandweite Quote mit 8,48 Prozent. Damit belegt Herne im Ranking nach Kreisen und kreisfreien Städten wie bereits im Vorjahr Platz 397 von 401 (halloherne berichtete und berichtete). Das geht aus dem Jahresbericht der Herner Schuldnerberatung hervor, der am Dienstag (7.3.2023) veröffentlicht wurde. Die Prozentzahlen beziehen sich dabei auf Angaben von Creditreform.

Deutschlandweit seien knapp 5,9 Millionen Personen überschuldet, was rund 274.000 oder 4,4 Prozent weniger Menschen seien als im Vorjahr. In Herne seien die Gründe eine Verschuldung vielfältig. Einer der Hauptgründe für Verschuldung sei die Arbeitslosigkeit. 27 Prozent der Ratsuchenden hätten bei der Herner Schuldnerberatung Arbeitslosigkeit als Ursache der Verschuldung angegeben.

Weitere Hauptursachen seien unwirtschaftliche Haushaltsführung, Trennung und Scheidung, Erkrankung, Sucht sowie längerfristiges Niedrigeinkommen.

Menschen im Niedriglohnsektor betroffen

„Gerade Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten, sind nun vermehrt auf unsere Unterstützung angewiesen", berichtet Andrea Leyk, Geschäftsführerin der Herner Schuldnerberatung, im Gespräch mit halloherne.

Weiter führt sie aus: „Es sind Menschen, die vor der Energiekrise und der Inflation immer so über die Runden gekommen sind, aber nun durch die steigenden Kosten in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Das Einkommen wird durch die hohen Kosten praktisch aufgefressen und die Menschen sehen vielfach in einem Kredit einen Ausweg, ihre Kosten zu decken."

Andrea Leyk von der Schuldnerberatung.

122 Beratungen zum Pfändungsschutzkonto

Insgesamt seien durch die Schuldnerberatung 631 Personen betreut worden, davon waren 282 Frauen und 349 Männer. In den 631 Betreuungen sind 122 Beratungen zum Pfändungsschutzkonto (P-Konto) enthalten. Die Gesamt- und Durchschnittsverschuldung ergibt sich aus 509 Schuldner- und Insolvenzberatungen. Für die Verfahren erfolgte eine Kontaktaufnahme mit insgesamt 7.489 Gläubigern.

Zum 1. Juli 2022 wurden zudem die Pfändungsfreigrenzen erhöht. Die Anpassung werde zukünftig jährlich zum 1. Juli eines Jahres erfolgen.

Durchschnittsverschuldung im Jahr 2022 gestiegen

Die Höhe der Gesamtverschuldung der Ratsuchenden ergab in Summe rund 19,7 Millionen Euro. Das entspräche einer Durchschnittsverschuldung von rund 38.700 Euro. Zum Vergleich im Jahr 2021 lag die durchschnittliche Verschuldung bei rund 24.000 Euro.

Für viele Menschen ist ein Besuch der Schuldnerberatung mit Scham verbunden. Das sei aber unbegründet machen die Mitarbeiter deutlich.

„Die Durchschnittsverschuldung ist immer abhängig von den Fallzahlen. In einem Jahr haben wir beispielsweise einen Fall, der in die Millionen geht, dann ist der Durchschnitt höher und in einem anderen Jahr haben wir geringere Fallzahlen und dann ist die durchschnittliche Verschuldung niedriger", erläutert Leyk gegenüber halloherne, wie sich die Durchschnittsverschuldung berechne.

Informations- und Präventionsveranstaltungen

Immer noch konnten Corona-bedingt im Jahr 2022 nur zehn Informations- und Präventionsveranstaltungen mit 180 Teilnehmern stattfinden. Da ebenfalls die Verschuldung von jungen Menschen in den vergangenen Jahren eine Steigerung erfahren habe, setze die Schuldnerberatung auf Präventionsveranstaltungen in allgemeinen und berufsbildenden Schulen, Kinder- und Jugendgruppen sowie in Kirchengemeinden.

'Keine Scham vor der Beratung'

Insgesamt, so macht es Andrea Leyk deutlich, sei eine frühzeitige Beratung wichtig. „Es ist wichtig, dass man sich rechtzeitig beraten lässt, damit es nicht zu Miet- und Energieschulden kommt. Denn man muss auch bedenken, dass ein Vermieter bei hohen Mietrückständen das Mietverhältnis kündigen kann. Und gerade in diesen Zeiten, ist es nicht einfach, eine neue Wohnung zu finden", so die Leiterin der Schuldnerberatung.

Abschließend sagt sie: „Viele Menschen, die zu uns kommen, kommen mit einem großen Schamgefühl. Aber bei uns steht die Hilfe im Vordergrund, wir urteilen nicht über die Schuldner. Wir sind keine Behörde, sondern gehören zur evangelischen Kirche. Jeder kann - unabhängig seiner Konfession - bei uns Rat suchen. Niemand muss sich schämen, wenn er eine Beratung bei uns in Anspruch nimmt."

| Autor: Julia Blesgen