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Sinterwerke Herne: Drei Kläger kehren zurück

Das Arbeitsgericht Herne hat am Dienstag (26.1.2016) vor der 2. und 3. Kammer weitere fünf Klageverfahren gegen die Kündigungen der Arbeitnehmer vom 29. August zum 30. November 2015 mit unterschiedlichen Ergebnissen beenden können. Nach dem Abschluss eines Sanierungs-Tarifvertrages zwischen der Geschäftsführung des insolventen und in Eigenverantwortung (Schutzschirmverfahren) seit 2013 weiter geführten Nachfolge-Unternehmens der BTMT- Magnettechnik an der Forellstraße in Baukau mit dem Betriebsrat und der IG Metall hatten sich die Sinterwerke von 34 der bis dahin noch 215 Arbeitnehmer getrennt. Das mit einer verkürzten Kündigungsfrist von drei Monaten, wie es die Insolvenzordnung für solche Fälle auch möglich macht.

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Die verbliebenen 181 Arbeitnehmer, in der Mehrzahl so genannte Anlagen-Betreuer, mussten schmerzhafte Einschnitte in ihren Besitzstand hinnehmen. So zum Beispiel Verluste bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld und eine um drei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich. Das ganze Paket brachte den Sinterwerken zwar die volle Zustimmung ihrer Gläubiger zu dem Sanierungskonzept ein, brachte aber auch eine Klagewelle von rund zwei Dritteln der Gekündigten ins Rollen, die das Angebot des Wechsels in eine Transfer-Gesellschaft mit rund 75 Prozent ihrer letzten Bezüge aus Fördermitteln des Transfer-Kurzarbeitergeldes mit Aufstockungs-Geldern aus öffentlichen Mitteln für sechs Monate nicht akzeptiert hatten (halloherne berichtete mehrfach).

In den laufenden Klageverfahren, die noch bis März gehen, zeichnete sich nach den Güteterminen eine Einschätzung der verschiedenen Kammern zur Sozialauswahl ab, die sich mittlerweile schon in sechs Urteilen zugunsten der Kläger niederschlug. Am Dienstag waren es die von Rechtsanwalt Gebauer und DGB-Justiziarin Zederbohm vertretenen Haki G. (Anlagen-Betreuer) und Gazi A. (Prüfung und Verpackung), die nach 15 bzw. elf Jahren Beschäftigung erst einmal aufatmen können.

Juristischer Knackpunkt in all diesen Fällen: Die vor der Sozialauswahl "herausgenommenen Leistungsträger", die in Zukunft in sogenannten "Fertigungsinseln" alle anfallenden und auch verschiedenartigen "Prozessschritte" selbständig erledigen können. Der vor der Kammer von Richter Kallenbach klagende Mann aus der Verpackung und Prüfung muss allerdings nach Darstellung von Firmenanwalt Hölck mit einer neuen Kündigung rechnen, weil die krankheitsbedingten Fehltage der letzten drei Jahre insgesamt bei rund 150 lagen.

Fertigungsmeister Uwe N. zeigte sich auch schon mit Blick auf seine lange Betriebszugehörigkeit von 45 Jahren vergleichsbereit und akzeptierte das Firmenangebot einer Abfindung von 15.000 Euro brutto. Datenschutzbeauftragter Axel V. ist zwar nach eigener Aussage "erst" 17 Jahre dabei, akzeptierte dieses Vergleichsangebot aber ebenfalls. In diesen beiden Fällen wurde eine Zahlung in zwei Raten vereinbart: Zehntausend Euro Ende Februar und die restlichen fünftausend Ende März. Bei dem immerhin monatlich mit 8.790 Euro brutto entlohnten Axel V. hatte das Unternehmen sowohl die umfassende Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter als auch den Sonderkündigungsschutz als Schwerbehinderten-Obmann im Betriebsrat in Zweifel gezogen. Das konnte Rechtsanwältin Karp allerdings durch Hinweis auf entsprechende Schriftstücke ausräumen.

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Noch offen ist die Bestandskraft eines unter Widerruf geschlossenen Vergleichs mit dem über 30 Jahre beschäftigten Thomas K. Der ist zwar auch schon 61 Jahre alt, hat aber den Gang in den Ruhestand mit normaler Rente noch nicht erreicht. Eine befristete Weiterbeschäftigung vom 1. Dezember 2015 bis zum 30. September 2017 wäre schon ein Ausweg, wie DGB-Justiziarin Zederbohm der Gegenseite und der Kammer von Richterin Große-Wilde vorrechnete. Das, so der Hamburger Firmenanwalt Hölck, sei "überlegenswert", könne aber nicht ohne Zustimmung der (telefonisch nicht erreichbaren) Geschäftsführung vereinbart werden. Das soll jetzt nachgeholt werden. Sollte diese Vergleichslösung scheitern, wird am 8. März ein Urteil verkündet. (AZ 3 Ca 2353/15 und 2 Ca 2319/15)

| Autor: Helge Kondring