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Der Koalitionsvertrag wurde von SPD, FDP und den Grünen unterschrieben.

Das sagen Herner Politiker zur Ausarbeitung der Ampelparteien

Politische Meinungen zum Koalitionsvertrag

'Mehr Fortschritt wagen' unter diesem Leitmotiv haben sich die Vertreter der Ampelparteien - SPD, FDP und Grüne - auf einen Koalitionsvertrag geeinigt und diesen am Dienstag (7.12.2021) unterschrieben. Am Mittwoch (8.12.2021) wurde nun Olaf Scholz zum Bundeskanzler gewählt. Das Ziel der Ampelkoalition ist es, Gesellschaft, Wirtschaft und Staat zu modernisieren. halloherne hat mit verschiedenen Herner Politikern über die Ausarbeitung der Ampelparteien gesprochen.

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„Ich finde es gut, dass sich die Anliegen aller beteiligten Parteien im Vertrag wiederfinden“, so Thomas Bloch, Kreisvorsitzender der FDP Herne. „Es ist eine gute, ausgewogene und spannende Mischung."

Für Herne sei es besonders wichtig, dass mit dem neuen Vertrag eine Altschuldenregelung gefunden werde. „Aus eigener Kraft werden wir es nicht schaffen, die Schulden loszuwerden. Aus diesem Grund wäre es sehr wünschenswert, wenn bis Ende nächsten Jahres eine Lösung gefunden wird", berichtete Bloch.

Thomas Bloch, Kreisvorsitzender der FDP.

Ebenso befürworte er den Vorstoß der Parteien, die zukünftige Regierung paritätisch zu besetzen: „Die Politik hat lange gebraucht, nun sind wir diesbezüglich auf dem richtigen Weg. Es wäre wünschenswert, wenn es in den nächsten Jahren den gleichen Anteil von Männern und Frauen in politischen Ämtern geben würde.“

Weiterhin befürwortet er auch die Streichung des Paragrafen 219a. Jedoch sieht er die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahren kritisch. „Man muss die Herabsetzung differenzierter sehen. Wenn man jungen Menschen alle staatsbürgerlichen Rechte gibt, so müsse dies auch alle Pflichten beinhalten“, so Bloch weiter.

'Stimmen von jungen Menschen müssen Gehör finden'

Sebastian Smith von den Herner Grünen zeigte sich im Gespräch mit halloherne zufrieden mit den Ergebnissen des Vertrages: „Begeistert wäre jetzt zu hoch gegriffen. Ich bin zufrieden. Es ist ein Weg in die richtige Richtung.“

Sebastian Smith.

Laut Smith seien viele wichtige Dinge beschlossen worden, wie das Selbstbestimmungsgesetz, die Streichung des Paragraphen 219a, der Mindestlohn von zwölf Euro oder auch die Altschuldengrenze. „Außerdem finde ich die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre gut. Die Stimmen von jungen Menschen brauchen Gehör und müssen ernst genommen werden“, so Smith. „Außerdem werden nun erstmals Klima und Wirtschaft gemeinsam gedacht.“

Schade findet er hingegen, dass das Verkehrsministerium nicht von einem grünen Minister oder einer grünen Ministerin besetzt wird. „Aber es sind jetzt zum ersten Mal drei Parteien gewesen, die sich einigen mussten. So mussten Kompromisse gemacht werden. Ich denke aber, dass in den kommenden vier Jahren einiges möglich gemacht wird“, so Sebastian Smith.

Die Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering lobte auf halloherne-Nachfrage das von Olaf Scholz aufgestellte Kabinett. „Es ist eine gute Mischung aus Männern und Frauen mit viel Kompetenz“, so Müntefering.

Michelle Müntefering in Berlin vor dem Reichstag Nord-Ostseite

Außerdem teilte sie mit, dass sie der neuen Bundesregierung nicht weiter angehören wird, da die Grünen das Auswärtige Amt übernehmen werden. „Für mich sind die internationalen Beziehungen und insbesondere die Förderung von Kunst und Kultur in Deutschland und in der Welt weiter zentrale politische Anliegen“, so Michelle Müntefering. „Ich werde als zudem als Sprecherin der SPD-Ruhrgebietsabgeordneten auch in dieser neuen Funktion die Interessen unserer Region über alle Politikbereiche hinweg vertreten.“

'Ampel wohl dauerhaft auf Gelb geschaltet'

Patrick Gawliczek, Kreissprecher der Partei die Linke Herne/ Wanne-Eickel, zeigt sich auf halloherne-Anfrage wenig begeistert vom Koalitionsvertrag der Ampelparteien: „Diese Ampel ist wohl dauerhaft auf Gelb geschaltet. Man merkt deutlich, dass sich die FDP vor allem in vielen wirtschafts- und sozialpolitischen Themen durchsetzen konnte. Auch wenn die eine oder andere Entscheidung in die richtige Richtung geht, ist der Koalitionsvertrag insgesamt ziemlich mutlos. Das ist definitiv kein Fahrplan, der die dringend benötigte sozialökologische Transformation einleiten, und die soziale Spaltung unserer Gesellschaft in den nächsten vier Jahren verringern kann.“

Weiter führt er aus: „Es ist ein Weiter so für Umweltzerstörung und große soziale Ungerechtigkeit. Selbst bei den kleinen guten Versprechungen, die der Koalitionsvertrag macht, wissen wir nicht, wie diese finanziert werden sollen. Ohne eine stärkere Besteuerung der Reichen, oder ein Ende der Schuldenbremse können nötige Investitionen wohl nicht getätigt werden. Finanzpolitisch ist das einfach nur unseriös.“

Positiv bewertet er hingegen das geplante Selbstbestimmungsgesetz, die Festsetzung des Mindestlohns, sowie die Streichung des Paragrafen 219a.

Cannabis-Legalisierung spart Kräfte und Geld

Ebenso sieht er die geplante Cannabis-Legalisierung positiv: „Die kommende Cannabis-Legalisierung wird die schätzungsweise drei bis vier Millionen Konsumenten in unserem Land endlich aus der Kriminalisierung befreien und gleichzeitig viel Geld sowie Kraft bei Polizei und Justiz einsparen, die anders sicher besser gebraucht werden können."

Auch die Finanzen und Steuern sind weiterhin ein streitbares Thema, je nach politischer Ansicht (Symbolbild).

Darüber hinaus gebe es seitens der Linken viele Kritikpunkte. So kritisiert Gawliczek, dass es die von SPD und Grüne versprochene Bürgerversicherung wohl nicht geben wird, es in Sachen Friedenspolitik keinen Fortschritt gebe, die angestrebte Klimapolitik sehr vage sei und sich auch soziale Gerechtigkeit nicht wirklich im Vertrag wiederfinde.

„Hier herrscht völliger Stillstand. Wir brauchen dringend ein gerechteres Steuersystem. Kleine und mittlere Einkommen müssen entlastet, und Reiche deutlich mehr zur Kasse gebeten werden. Mehr Steuereinnahmen durch eine stärkere Besteuerung der Wohlhabenden sind auch dringend nötig, um die soziale Ungleichheit zu bekämpfen. Außerdem wäre eine deutliche Anhebung der ALG2-Regelsätze sowie eine Abschaffung der Sanktionen dringend nötig gewesen. Zur Höhe der Sätze gibt es nichts Konkretes im Koalitionsvertrag“, so der Kreissprecher der Linken.

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Keine Antwort der CDU

Die halloherne-Redaktion bat auch bereits am Montag (6.12.2021) die Herner CDU um Partei- und Fraktionschef Timon Radicke um eine Einschätzung zum Thema. Leider kam trotz mehr als angemessener Wartezeit, mehrfacher Nachfragen seitens der Redaktion und Zusagen zur Beantwortung aus der Partei und von der Geschäftsstelle bis zur Veröffentlichung des Artikels keine Antwort.

| Autor: Julia Blesgen