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Eine putzig-pfiffige Sache: Die Ritzkantenschuberschachtel „Emscherland“. Sie ist im heimischen Buchhandel erhältlich bzw. kann dort bestellt werden.

- Altbewährte Emschersagen

Mit der Hülle Neues wagen

Im Verlag Henselowsky Boschmann ist eine Kulturknifte in der Ritzkantenschuberschachtel erschienen. In einer pfiffigen Verpackung befindet sich das Buch „Emschersagen“, notiert und gesammelt von Dirk Sondermann. 14 Seiten bzw. neun Geschichten sind unserer Stadt gewidmet. Die liebevoll edierte Broschüre „Emscherland“ ergänzt wie eine Karte und ein „waschechter Leinenbeutel“ alias „Kulturknifte Royal“ den Inhalt dieser ungewöhnlichen Hülle.

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„Die Emscherregion – eine ursprüngliche, von zahlreichen Wildpferden bevölkerte Bruchlandschaft mit ihrem namengebenden kristallklaren Fluss, der von Fischen nur so wimmelt“: Erstmals werden mit diesem Buch die sagen-haften Überlieferungen von der Mündung bis zur Quelle der Emscher in einem Band zusammengefasst. Wenn möglich, werden die sagen-haften Stätten detailliert mit Angabe des Ortes, der Straße samt Hausnummer und darüber hinaus mit GPS-Daten versehen und die geschichtlichen Hintergründe der Überlieferungen skizziert.

Die beiden Herausgeber Werner Boschmann (l.) und Werner Bergmann pflegen eine große Liebe zum Sujet.

Das Ruhrgebiet müsste eigentlich „Emscherland“ heißen. Die Emscher ist der einzige Fluss, der im östlichen Teil „der Region“ entspringt, mittig hindurchfließt und im Westen in den Rhein mündet. Wie sagte ein kluger Mann doch: „Eine Maske verrät uns mehr als ein Gesicht.“ Diese Kulturknifte, so der von Werner Boschmann und Werner Bergmann kreierte Begriff für aus unserem „Pott“ stammende kulturelle Dinge, versucht, in broschierter Form nichts zu korrigieren, zu beschönigen oder geradezurücken. Die beiden Herausgeber: „Das Wort ‚Köttelbecke‘ ist ebenso erlaubt wie die Überschrift ‚Erinnerungen einer Benachteiligten‘. Liebhaber werden viele neue Seiten ‚ihres‘ Flusses entdecken.“ Ihre Broschüre „Emscherland“ ist auf 44 Seiten mit Emscher-Geschichten, einem Emscher-Lexikon und einem Märchen über den ganz speziellen Zauber unseres Lieblingsflusses mehr als sorgsam ediert.

Unser Fritz als Stadtteil und Zeche, Grimberger Blitzkuhle, Haus Aschenbruch oder auch Lakenbruch, Ossenkuhle, „Die weiße Frau vom Eickeler Bruch“ und „Die Spindel von Gosewinkel“ - das sind Stichworte, unter denen Sondermann uns eben der Sage nach die dahintersteckende Historie unseres „Haranni“ näherbringt. Auch der Jost von Strünkede kommt zu seinem stadtgeschichtlichen „Recht“. Dieser „wildeste“ Ritter, der auch ein ganz schöner Schurke war, ist als „Toller“ Mittelpunkt eines Gedichtes, ebenso wird seine Rettung erzählt, wie auch „sein“ unterirdischer Gang zur Walkmühle breitere Erwähnung findet. Dieses zu wissen könnte unseren Schülern von heute nicht unbedingt schaden. Aber auch Älteren nicht.

Der in Holzwickede entspringende, vormals windungsreiche Fluss Emscher wurde ab 1906 durch Begradigungen und Kanalisierungsmaßnahmen von 109 km Länge um 32 km auf 77 km verkürzt und zum Abwasserkanal für Industrie und Haushalt degradiert. Die ursprüngliche Emschermündung in den Rhein bei Duisburg-Alsum wurde durch vom Bergbau hervorgerufene Geländesenkungen 10 km weiter nördlich nach Dinslaken verlegt. Nach dem Zechensterben ab Ende der 1950er Jahre und der Stahlkrise ab Ende der 1970er Jahre verringerten sich die Industrieabwässer erheblich. Das Jahr 1989 brachte dann die entscheidende Wende: Die „Internationale Bauausstellung (IBA) Emscher Park“ entwarf eine Vision von historischen Dimensionen: Unter Leitung der Emschergenossenschaft wird die Emscher bis 2020 zu einem naturnahen Fluss renaturiert werden. Oben schlängelt sich der saubere Fluss und – unseren Blicken verborgen - in mächtigen Röhren unter der Erde wird das Abwasser des Ruhrgebiets fließen. Ein Märchen wird wahr!

Wie ein Phönix aus der Asche wird sich das häßliche Emscherlein zum stolzen Schwan entwickeln! Das fortschreitende Wunderwerk ist bereits zwischen der Emscherquelle in Holzwickede, Dortmund-Hörde und darüber hinaus auf 23 Kilometer Länge zu bestaunen. In Hörde wurde 2011 der sehenswerte Phoenix-See, ein künstlich angelegter See auf dem ehemaligen Stahlwerksareal Phoenix-Ost fertiggestellt. Flankiert wird die Renaturierung der Emscher von dem entstehenden Emscher Landschaftspark, der mit 320 km² der Welt größte zusammenhängende Grünanlage innerhalb eines Industriegebietes werden soll. „Eine wirklich sagen-hafte Entwicklung“ - so lässt sich die Geschichte dieses Flusses auf den Punkt bringen. Autor Dirk Sondermann ist Diplom-Theologe. Der „Sagenpapst des Ruhrgebiets“, gründete 2003 das Institut für Erzählforschung im Ruhrgebiet. Mehr über ihn gibt es hier

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Emscherland. Kulturknifte in der Ritzkantenschuberschachtel. Limitierte Auflage. Bottrop 2020.19,80 Euro · ISBN 978-3-948566-04-3

| Quelle: Sabine Herrmann